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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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es war aber ein höchst genialer und glücklicher Gedanke
von meinem Molitor, für's erste Christen- und Juden-
kinder in eine Schule zu bringen; die können's denn
mit einander versuchen, und den Alten mit gutem Bei-
spiel vorgehen. Die Juden sind wirklich voll Untu-
gend, das läßt sich nicht läugnen; aber ich sehe
gar nicht ein, was an den Christen zu verderben ist;
und wenn denn doch alle Menschen Christen werden
sollen, so lasse man sie in's himmlische Paradies, --
da werden sie sich schon bekehren, wenn's ihnen ge-
fällig ist.

Siehst Du, die Lieb' macht mich nicht blind, -- es
wär' auch ein zu großer Nachtheil für mich, denn mit
sehenden Augen bin ich alles Schönen inne geworden.

Adieu, kalter Mann, der immer über mich hinaus
nach den Judenbroschüren reicht; ich bitte Dich, steck'
das Bild an die Wand mit vier Nadeln, aber in dein
Zimmer, wo ich das einzige Mal drin war, und her-
nach nicht mehr.

Bettine.

10*

es war aber ein höchſt genialer und glücklicher Gedanke
von meinem Molitor, für's erſte Chriſten- und Juden-
kinder in eine Schule zu bringen; die können's denn
mit einander verſuchen, und den Alten mit gutem Bei-
ſpiel vorgehen. Die Juden ſind wirklich voll Untu-
gend, das läßt ſich nicht läugnen; aber ich ſehe
gar nicht ein, was an den Chriſten zu verderben iſt;
und wenn denn doch alle Menſchen Chriſten werden
ſollen, ſo laſſe man ſie in's himmliſche Paradies, —
da werden ſie ſich ſchon bekehren, wenn's ihnen ge-
fällig iſt.

Siehſt Du, die Lieb' macht mich nicht blind, — es
wär' auch ein zu großer Nachtheil für mich, denn mit
ſehenden Augen bin ich alles Schönen inne geworden.

Adieu, kalter Mann, der immer über mich hinaus
nach den Judenbroſchüren reicht; ich bitte Dich, ſteck'
das Bild an die Wand mit vier Nadeln, aber in dein
Zimmer, wo ich das einzige Mal drin war, und her-
nach nicht mehr.

Bettine.

10*
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[219/0251] es war aber ein höchſt genialer und glücklicher Gedanke von meinem Molitor, für's erſte Chriſten- und Juden- kinder in eine Schule zu bringen; die können's denn mit einander verſuchen, und den Alten mit gutem Bei- ſpiel vorgehen. Die Juden ſind wirklich voll Untu- gend, das läßt ſich nicht läugnen; aber ich ſehe gar nicht ein, was an den Chriſten zu verderben iſt; und wenn denn doch alle Menſchen Chriſten werden ſollen, ſo laſſe man ſie in's himmliſche Paradies, — da werden ſie ſich ſchon bekehren, wenn's ihnen ge- fällig iſt. Siehſt Du, die Lieb' macht mich nicht blind, — es wär' auch ein zu großer Nachtheil für mich, denn mit ſehenden Augen bin ich alles Schönen inne geworden. Adieu, kalter Mann, der immer über mich hinaus nach den Judenbroſchüren reicht; ich bitte Dich, ſteck' das Bild an die Wand mit vier Nadeln, aber in dein Zimmer, wo ich das einzige Mal drin war, und her- nach nicht mehr. Bettine. 10*

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/251>, abgerufen am 22.11.2024.