Steine gesammelt und sich um den Hals gebunden, wahrscheinlich, weil sie sich in den Rhein versenken wollte, aber da sie sich in's Herz stach, fiel sie rück- wärts, und so fand sie ein Bauer am Rhein liegen, unter den Weiden an einem Ort, wo es am tiefsten ist. Er riß ihr den Dolch aus dem Herzen und schleuderte ihn voll Abscheu weit in den Rhein, die Schiffer sahen ihn fliegen, -- da kamen sie herbei und trugen sie in die Stadt. -- Ich hatte im Anfang nicht zugehört, aber zuletzt hört' ich's mit an, und rief: das ist die Günderode! Man redete mir's aus, und sagte, es sei wohl eine andre, da so viel Frankfurter im Rheingau waren. Ich ließ mir's gefallen und dachte: grade was man prophezeihe, sei gewöhnlich nicht wahr. -- In der Nacht träumte mir, sie käme mir auf einem mit Krän- zen geschmückten Nachen entgegen, um sich mit mir zu versöhnen; ich sprang aus dem Bett in des Bruders Zimmer und rief: es ist alles nicht wahr, eben hat mir's lebhaft geträumt! Ach, sagte der Bruder, baue nicht auf Träume! -- Ich träumte noch einmal, ich sei eilig in einen Kahn über den Rhein gefahren, um sie zu suchen; da war das Wasser trüb' und schilfig, und die Luft war dunkel und es war sehr kalt; -- ich landete an einem sumpfigen Ufer, da war ein Haus mit feuch-
Steine geſammelt und ſich um den Hals gebunden, wahrſcheinlich, weil ſie ſich in den Rhein verſenken wollte, aber da ſie ſich in's Herz ſtach, fiel ſie rück- wärts, und ſo fand ſie ein Bauer am Rhein liegen, unter den Weiden an einem Ort, wo es am tiefſten iſt. Er riß ihr den Dolch aus dem Herzen und ſchleuderte ihn voll Abſcheu weit in den Rhein, die Schiffer ſahen ihn fliegen, — da kamen ſie herbei und trugen ſie in die Stadt. — Ich hatte im Anfang nicht zugehört, aber zuletzt hört' ich's mit an, und rief: das iſt die Günderode! Man redete mir's aus, und ſagte, es ſei wohl eine andre, da ſo viel Frankfurter im Rheingau waren. Ich ließ mir's gefallen und dachte: grade was man prophezeihe, ſei gewöhnlich nicht wahr. — In der Nacht träumte mir, ſie käme mir auf einem mit Krän- zen geſchmückten Nachen entgegen, um ſich mit mir zu verſöhnen; ich ſprang aus dem Bett in des Bruders Zimmer und rief: es iſt alles nicht wahr, eben hat mir's lebhaft geträumt! Ach, ſagte der Bruder, baue nicht auf Träume! — Ich träumte noch einmal, ich ſei eilig in einen Kahn über den Rhein gefahren, um ſie zu ſuchen; da war das Waſſer trüb' und ſchilfig, und die Luft war dunkel und es war ſehr kalt; — ich landete an einem ſumpfigen Ufer, da war ein Haus mit feuch-
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Steine geſammelt und ſich um den Hals gebunden,
wahrſcheinlich, weil ſie ſich in den Rhein verſenken
wollte, aber da ſie ſich in's Herz ſtach, fiel ſie rück-
wärts, und ſo fand ſie ein Bauer am Rhein liegen,
unter den Weiden an einem Ort, wo es am tiefſten iſt.
Er riß ihr den Dolch aus dem Herzen und ſchleuderte
ihn voll Abſcheu weit in den Rhein, die Schiffer ſahen
ihn fliegen, — da kamen ſie herbei und trugen ſie in
die Stadt. — Ich hatte im Anfang nicht zugehört,
aber zuletzt hört' ich's mit an, und rief: das iſt die
Günderode! Man redete mir's aus, und ſagte, es ſei
wohl eine andre, da ſo viel Frankfurter im Rheingau
waren. Ich ließ mir's gefallen und dachte: grade was
man prophezeihe, ſei gewöhnlich nicht wahr. — In der
Nacht träumte mir, ſie käme mir auf einem mit Krän-
zen geſchmückten Nachen entgegen, um ſich mit mir zu
verſöhnen; ich ſprang aus dem Bett in des Bruders
Zimmer und rief: es iſt alles nicht wahr, eben hat mir's
lebhaft geträumt! Ach, ſagte der Bruder, baue nicht
auf Träume! — Ich träumte noch einmal, ich ſei eilig
in einen Kahn über den Rhein gefahren, um ſie zu
ſuchen; da war das Waſſer trüb' und ſchilfig, und die
Luft war dunkel und es war ſehr kalt; — ich landete
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/140>, abgerufen am 25.11.2024.
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