Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich wurde von einem Knaben entbunden,
als der Feldzug sich wieder eröffnete, und
mit der Qual der Geburt schien der Teufel,
der mich geplagt, ganz von mir gebannt.
Francoeur wurde immer muthwilliger und
heftiger. Der Oberste schrieb mir: er sei toll¬
kühn wie ein Rasender, aber bisher immer
glücklich gewesen; seine Kammeraden mein¬
ten, er sei zuweilen wahnsinnig und er fürchte
ihn unter die Kranken oder Invaliden ab¬
geben zu müssen. Der Oberst hatte einige
Achtung gegen mich, er hörte auf meine
Vorbitte, bis endlich seine Wildheit gegen den
kommandirenden General dieser Abtheilung,
die ich schon erzählte, ihn in Arrest brachte,
wo der Wundarzt erklärte, er leide wegen
der Kopfwunde, die ihm in der Gefangenschaft
vernachläßigt worden, an Wahnsinn und
müsse wenigstens ein paar Jahre im war¬
men Klima bei den Invaliden zubringen,
ob sich dieses Uebel vielleicht ausscheide.
Ihm wurde gesagt, daß er zur Strafe we¬
gen seines Vergehens unter die Invaliden
komme und er schied mit Verwünschungen

Ich wurde von einem Knaben entbunden,
als der Feldzug ſich wieder eröffnete, und
mit der Qual der Geburt ſchien der Teufel,
der mich geplagt, ganz von mir gebannt.
Francoeur wurde immer muthwilliger und
heftiger. Der Oberſte ſchrieb mir: er ſei toll¬
kühn wie ein Raſender, aber bisher immer
glücklich geweſen; ſeine Kammeraden mein¬
ten, er ſei zuweilen wahnſinnig und er fürchte
ihn unter die Kranken oder Invaliden ab¬
geben zu müſſen. Der Oberſt hatte einige
Achtung gegen mich, er hörte auf meine
Vorbitte, bis endlich ſeine Wildheit gegen den
kommandirenden General dieſer Abtheilung,
die ich ſchon erzählte, ihn in Arreſt brachte,
wo der Wundarzt erklärte, er leide wegen
der Kopfwunde, die ihm in der Gefangenſchaft
vernachläßigt worden, an Wahnſinn und
müſſe wenigſtens ein paar Jahre im war¬
men Klima bei den Invaliden zubringen,
ob ſich dieſes Uebel vielleicht ausſcheide.
Ihm wurde geſagt, daß er zur Strafe we¬
gen ſeines Vergehens unter die Invaliden
komme und er ſchied mit Verwünſchungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020" n="88"/>
Ich wurde von einem Knaben entbunden,<lb/>
als der Feldzug &#x017F;ich wieder eröffnete, und<lb/>
mit der Qual der Geburt &#x017F;chien der Teufel,<lb/>
der mich geplagt, ganz von mir gebannt.<lb/>
Francoeur wurde immer muthwilliger und<lb/>
heftiger. Der Ober&#x017F;te &#x017F;chrieb mir: er &#x017F;ei toll¬<lb/>
kühn wie ein Ra&#x017F;ender, aber bisher immer<lb/>
glücklich gewe&#x017F;en; &#x017F;eine Kammeraden mein¬<lb/>
ten, er &#x017F;ei zuweilen wahn&#x017F;innig und er fürchte<lb/>
ihn unter die Kranken oder Invaliden ab¬<lb/>
geben zu mü&#x017F;&#x017F;en. Der Ober&#x017F;t hatte einige<lb/>
Achtung gegen mich, er hörte auf meine<lb/>
Vorbitte, bis endlich &#x017F;eine Wildheit gegen den<lb/>
kommandirenden General die&#x017F;er Abtheilung,<lb/>
die ich &#x017F;chon erzählte, ihn in Arre&#x017F;t brachte,<lb/>
wo der Wundarzt erklärte, er leide wegen<lb/>
der Kopfwunde, die ihm in der Gefangen&#x017F;chaft<lb/>
vernachläßigt worden, an Wahn&#x017F;inn und<lb/>&#x017F;&#x017F;e wenig&#x017F;tens ein paar Jahre im war¬<lb/>
men Klima bei den Invaliden zubringen,<lb/>
ob &#x017F;ich die&#x017F;es Uebel vielleicht aus&#x017F;cheide.<lb/>
Ihm wurde ge&#x017F;agt, daß er zur Strafe we¬<lb/>
gen &#x017F;eines Vergehens unter die Invaliden<lb/>
komme und er &#x017F;chied mit Verwün&#x017F;chungen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0020] Ich wurde von einem Knaben entbunden, als der Feldzug ſich wieder eröffnete, und mit der Qual der Geburt ſchien der Teufel, der mich geplagt, ganz von mir gebannt. Francoeur wurde immer muthwilliger und heftiger. Der Oberſte ſchrieb mir: er ſei toll¬ kühn wie ein Raſender, aber bisher immer glücklich geweſen; ſeine Kammeraden mein¬ ten, er ſei zuweilen wahnſinnig und er fürchte ihn unter die Kranken oder Invaliden ab¬ geben zu müſſen. Der Oberſt hatte einige Achtung gegen mich, er hörte auf meine Vorbitte, bis endlich ſeine Wildheit gegen den kommandirenden General dieſer Abtheilung, die ich ſchon erzählte, ihn in Arreſt brachte, wo der Wundarzt erklärte, er leide wegen der Kopfwunde, die ihm in der Gefangenſchaft vernachläßigt worden, an Wahnſinn und müſſe wenigſtens ein paar Jahre im war¬ men Klima bei den Invaliden zubringen, ob ſich dieſes Uebel vielleicht ausſcheide. Ihm wurde geſagt, daß er zur Strafe we¬ gen ſeines Vergehens unter die Invaliden komme und er ſchied mit Verwünſchungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Achim von Arnims Erzählung „Der tolle Invalide au… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/20
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124, hier S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/20>, abgerufen am 24.11.2024.