Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
In mir hört man stets schlagen
Ein unruhige Uhr,
Und jeder Schlag will klagen
Um spröde Schönheit nür;
Hoffnung die Uhr zieht auf,
So geht sie ewig, ewig
Den schmerzlich bittern Lauf.
Es rennen alle Bronnen
Zusammen in das Meer,
Und sind sie hingeronnen,
So kehren sie daher;
So auch die Seufzer mein
Ziehn aus betrübtem Herzen,
Und kehren wieder drein.
Und sterbend schon in Leiden,
Bitt ich dich auch allein,
Du wollst mein Herz ausschneiden,
Und legen in einen Stein;
Damit anzeig ich blos,
Daß dich ein Stein gebohren,
Und nicht des Weibes Schoos.
Für's andre lasse bauen
Ein Gitter ob dem Stein,
Daß jeder könne schauen
Das elend Herze mein;
Dem Amor vor der Zeit
Durch Lieb und heimlich Leiden
Genommen all sein Freud.

In mir hoͤrt man ſtets ſchlagen
Ein unruhige Uhr,
Und jeder Schlag will klagen
Um ſproͤde Schoͤnheit nuͤr;
Hoffnung die Uhr zieht auf,
So geht ſie ewig, ewig
Den ſchmerzlich bittern Lauf.
Es rennen alle Bronnen
Zuſammen in das Meer,
Und ſind ſie hingeronnen,
So kehren ſie daher;
So auch die Seufzer mein
Ziehn aus betruͤbtem Herzen,
Und kehren wieder drein.
Und ſterbend ſchon in Leiden,
Bitt ich dich auch allein,
Du wollſt mein Herz ausſchneiden,
Und legen in einen Stein;
Damit anzeig ich blos,
Daß dich ein Stein gebohren,
Und nicht des Weibes Schoos.
Fuͤr's andre laſſe bauen
Ein Gitter ob dem Stein,
Daß jeder koͤnne ſchauen
Das elend Herze mein;
Dem Amor vor der Zeit
Durch Lieb und heimlich Leiden
Genommen all ſein Freud.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0099" n="89"/>
            <lg n="6">
              <l>In mir ho&#x0364;rt man &#x017F;tets &#x017F;chlagen</l><lb/>
              <l>Ein unruhige Uhr,</l><lb/>
              <l>Und jeder Schlag will klagen</l><lb/>
              <l>Um &#x017F;pro&#x0364;de Scho&#x0364;nheit nu&#x0364;r;</l><lb/>
              <l>Hoffnung die Uhr zieht auf,</l><lb/>
              <l>So geht &#x017F;ie ewig, ewig</l><lb/>
              <l>Den &#x017F;chmerzlich bittern Lauf.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Es rennen alle Bronnen</l><lb/>
              <l>Zu&#x017F;ammen in das Meer,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ind &#x017F;ie hingeronnen,</l><lb/>
              <l>So kehren &#x017F;ie daher;</l><lb/>
              <l>So auch die Seufzer mein</l><lb/>
              <l>Ziehn aus betru&#x0364;btem Herzen,</l><lb/>
              <l>Und kehren wieder drein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Und &#x017F;terbend &#x017F;chon in Leiden,</l><lb/>
              <l>Bitt ich dich auch allein,</l><lb/>
              <l>Du woll&#x017F;t mein Herz aus&#x017F;chneiden,</l><lb/>
              <l>Und legen in einen Stein;</l><lb/>
              <l>Damit anzeig ich blos,</l><lb/>
              <l>Daß dich ein Stein gebohren,</l><lb/>
              <l>Und nicht des Weibes Schoos.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Fu&#x0364;r's andre la&#x017F;&#x017F;e bauen</l><lb/>
              <l>Ein Gitter ob dem Stein,</l><lb/>
              <l>Daß jeder ko&#x0364;nne &#x017F;chauen</l><lb/>
              <l>Das elend Herze mein;</l><lb/>
              <l>Dem Amor vor der Zeit</l><lb/>
              <l>Durch Lieb und heimlich Leiden</l><lb/>
              <l>Genommen all &#x017F;ein Freud.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0099] In mir hoͤrt man ſtets ſchlagen Ein unruhige Uhr, Und jeder Schlag will klagen Um ſproͤde Schoͤnheit nuͤr; Hoffnung die Uhr zieht auf, So geht ſie ewig, ewig Den ſchmerzlich bittern Lauf. Es rennen alle Bronnen Zuſammen in das Meer, Und ſind ſie hingeronnen, So kehren ſie daher; So auch die Seufzer mein Ziehn aus betruͤbtem Herzen, Und kehren wieder drein. Und ſterbend ſchon in Leiden, Bitt ich dich auch allein, Du wollſt mein Herz ausſchneiden, Und legen in einen Stein; Damit anzeig ich blos, Daß dich ein Stein gebohren, Und nicht des Weibes Schoos. Fuͤr's andre laſſe bauen Ein Gitter ob dem Stein, Daß jeder koͤnne ſchauen Das elend Herze mein; Dem Amor vor der Zeit Durch Lieb und heimlich Leiden Genommen all ſein Freud.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/99
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/99>, abgerufen am 21.12.2024.