Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Da sprach der liebe Gottesmann:
Ihr lieben Freund nun hört mich an;
Zündt mir ein Licht zu meiner Leiche,
Dann eilt, daß euch kein Feind erreiche.
Der Peter gieng da zur Kapell,
Zu zünden an die Kerze hell;
Die thät durch Gott von selbst erbrennen,
Die Mörder da ihr Schuld erkennen.
Die Kerze brennt an seiner Seit,
Ein Wohlgeruch sich auch verbreit;
Sein Seel thät zu dem Himmel ziehen,
Die Mörder da erschrocken fliehen.
Aber die frommen Raben beid,
Die gaben ihnen bös Geleit;
Um ihre Häupter sie zornig kreisen,
Und ihnen Haar und Stirn zerreissen.
Durch Wolrau kamen sie gerannt,
Der Zimmermann die Raben kannt;
Da thät er seinen Bruder bitten,
Zu folgen ihren wilden Schritten.
Indeß lief er in den Finsterwald,
Sucht seinen lieben Gevatter bald;
Der lag erschlagen auf grüner Heide,
Die Kerze brannt an seiner Seite.
Er küßt ihn auf den blutgen Mund,
Hüllt in den Mantel ihn zur Stund;
Da ſprach der liebe Gottesmann:
Ihr lieben Freund nun hoͤrt mich an;
Zuͤndt mir ein Licht zu meiner Leiche,
Dann eilt, daß euch kein Feind erreiche.
Der Peter gieng da zur Kapell,
Zu zuͤnden an die Kerze hell;
Die thaͤt durch Gott von ſelbſt erbrennen,
Die Moͤrder da ihr Schuld erkennen.
Die Kerze brennt an ſeiner Seit,
Ein Wohlgeruch ſich auch verbreit;
Sein Seel thaͤt zu dem Himmel ziehen,
Die Moͤrder da erſchrocken fliehen.
Aber die frommen Raben beid,
Die gaben ihnen boͤs Geleit;
Um ihre Haͤupter ſie zornig kreiſen,
Und ihnen Haar und Stirn zerreiſſen.
Durch Wolrau kamen ſie gerannt,
Der Zimmermann die Raben kannt;
Da thaͤt er ſeinen Bruder bitten,
Zu folgen ihren wilden Schritten.
Indeß lief er in den Finſterwald,
Sucht ſeinen lieben Gevatter bald;
Der lag erſchlagen auf gruͤner Heide,
Die Kerze brannt an ſeiner Seite.
Er kuͤßt ihn auf den blutgen Mund,
Huͤllt in den Mantel ihn zur Stund;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0185" n="175"/>
            <lg n="31">
              <l>Da &#x017F;prach der liebe Gottesmann:</l><lb/>
              <l>Ihr lieben Freund nun ho&#x0364;rt mich an;</l><lb/>
              <l>Zu&#x0364;ndt mir ein Licht zu meiner Leiche,</l><lb/>
              <l>Dann eilt, daß euch kein Feind erreiche.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="32">
              <l>Der Peter gieng da zur Kapell,</l><lb/>
              <l>Zu zu&#x0364;nden an die Kerze hell;</l><lb/>
              <l>Die tha&#x0364;t durch Gott von &#x017F;elb&#x017F;t erbrennen,</l><lb/>
              <l>Die Mo&#x0364;rder da ihr Schuld erkennen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="33">
              <l>Die Kerze brennt an &#x017F;einer Seit,</l><lb/>
              <l>Ein Wohlgeruch &#x017F;ich auch verbreit;</l><lb/>
              <l>Sein Seel tha&#x0364;t zu dem Himmel ziehen,</l><lb/>
              <l>Die Mo&#x0364;rder da er&#x017F;chrocken fliehen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="34">
              <l>Aber die frommen Raben beid,</l><lb/>
              <l>Die gaben ihnen bo&#x0364;s Geleit;</l><lb/>
              <l>Um ihre Ha&#x0364;upter &#x017F;ie zornig krei&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und ihnen Haar und Stirn zerrei&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="35">
              <l>Durch Wolrau kamen &#x017F;ie gerannt,</l><lb/>
              <l>Der Zimmermann die Raben kannt;</l><lb/>
              <l>Da tha&#x0364;t er &#x017F;einen Bruder bitten,</l><lb/>
              <l>Zu folgen ihren wilden Schritten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="36">
              <l>Indeß lief er in den Fin&#x017F;terwald,</l><lb/>
              <l>Sucht &#x017F;einen lieben Gevatter bald;</l><lb/>
              <l>Der lag er&#x017F;chlagen auf gru&#x0364;ner Heide,</l><lb/>
              <l>Die Kerze brannt an &#x017F;einer Seite.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="37">
              <l>Er ku&#x0364;ßt ihn auf den blutgen Mund,</l><lb/>
              <l>Hu&#x0364;llt in den Mantel ihn zur Stund;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0185] Da ſprach der liebe Gottesmann: Ihr lieben Freund nun hoͤrt mich an; Zuͤndt mir ein Licht zu meiner Leiche, Dann eilt, daß euch kein Feind erreiche. Der Peter gieng da zur Kapell, Zu zuͤnden an die Kerze hell; Die thaͤt durch Gott von ſelbſt erbrennen, Die Moͤrder da ihr Schuld erkennen. Die Kerze brennt an ſeiner Seit, Ein Wohlgeruch ſich auch verbreit; Sein Seel thaͤt zu dem Himmel ziehen, Die Moͤrder da erſchrocken fliehen. Aber die frommen Raben beid, Die gaben ihnen boͤs Geleit; Um ihre Haͤupter ſie zornig kreiſen, Und ihnen Haar und Stirn zerreiſſen. Durch Wolrau kamen ſie gerannt, Der Zimmermann die Raben kannt; Da thaͤt er ſeinen Bruder bitten, Zu folgen ihren wilden Schritten. Indeß lief er in den Finſterwald, Sucht ſeinen lieben Gevatter bald; Der lag erſchlagen auf gruͤner Heide, Die Kerze brannt an ſeiner Seite. Er kuͤßt ihn auf den blutgen Mund, Huͤllt in den Mantel ihn zur Stund;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/185
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/185>, abgerufen am 04.05.2024.