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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Das Tuch ist roth, es wäre noth, wenns giebt ein'n
großen Regen,
Daß allemal ein Futteral er drüber thät anle-
gen.

Da braucht es Müh und Arbeit viel den Mantel recht zu
tragen,
Wenn er hinauf ihn ziehen will; so runzelt er den Kra-
gen,
Er muß allzeit auf einer Seit, gar weit hinunter han-
gen,
Liegt viel daran, daß man auch kann in schönem Wam-
mes prangen.
Das Wammes wie ein Vogelhaus zerhauen und zersto-
chen,
Ach Gott wie mancher Vogelstrauß ist aus und eingekro-
chen,
Es ist darbey ein Vortheil neu, kanns nit besser zer-
reißen,
Er besserts noch, giebt nur ein Loch, wenn zwei zusam-
menschleißen.
Damit er noch mehr Luft empfang, thut er die Knöpf
aufschließen;
Im Winter ist ihm heiß und bang, er würd sonst schwitzen
müssen.
Der Nestel viel ohn' Maaß und Ziel sind um und um
herbunden,
Er geb wohl ab ein Nestel Schwab, wie man schon längst
hat funden.

Das Tuch iſt roth, es waͤre noth, wenns giebt ein'n
großen Regen,
Daß allemal ein Futteral er druͤber thaͤt anle-
gen.

Da braucht es Muͤh und Arbeit viel den Mantel recht zu
tragen,
Wenn er hinauf ihn ziehen will; ſo runzelt er den Kra-
gen,
Er muß allzeit auf einer Seit, gar weit hinunter han-
gen,
Liegt viel daran, daß man auch kann in ſchoͤnem Wam-
mes prangen.
Das Wammes wie ein Vogelhaus zerhauen und zerſto-
chen,
Ach Gott wie mancher Vogelſtrauß iſt aus und eingekro-
chen,
Es iſt darbey ein Vortheil neu, kanns nit beſſer zer-
reißen,
Er beſſerts noch, giebt nur ein Loch, wenn zwei zuſam-
menſchleißen.
Damit er noch mehr Luft empfang, thut er die Knoͤpf
aufſchließen;
Im Winter iſt ihm heiß und bang, er wuͤrd ſonſt ſchwitzen
muͤſſen.
Der Neſtel viel ohn' Maaß und Ziel ſind um und um
herbunden,
Er geb wohl ab ein Neſtel Schwab, wie man ſchon laͤngſt
hat funden.

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[85/0097] Das Tuch iſt roth, es waͤre noth, wenns giebt ein'n großen Regen, Daß allemal ein Futteral er druͤber thaͤt anle- gen. Da braucht es Muͤh und Arbeit viel den Mantel recht zu tragen, Wenn er hinauf ihn ziehen will; ſo runzelt er den Kra- gen, Er muß allzeit auf einer Seit, gar weit hinunter han- gen, Liegt viel daran, daß man auch kann in ſchoͤnem Wam- mes prangen. Das Wammes wie ein Vogelhaus zerhauen und zerſto- chen, Ach Gott wie mancher Vogelſtrauß iſt aus und eingekro- chen, Es iſt darbey ein Vortheil neu, kanns nit beſſer zer- reißen, Er beſſerts noch, giebt nur ein Loch, wenn zwei zuſam- menſchleißen. Damit er noch mehr Luft empfang, thut er die Knoͤpf aufſchließen; Im Winter iſt ihm heiß und bang, er wuͤrd ſonſt ſchwitzen muͤſſen. Der Neſtel viel ohn' Maaß und Ziel ſind um und um herbunden, Er geb wohl ab ein Neſtel Schwab, wie man ſchon laͤngſt hat funden.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/97>, abgerufen am 22.11.2024.