Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Groß Zorn das Weib der Red empfand,
Sie ließ ihm binden Fuß und Hand:
Ihr Diener mein,
Thut mir den Mann erträncken.
Er blickt sie an, ganz still gemüth,
Er wußt wohl, daß er war behüt,
Man hob ihn auf,
Und wollt ihn schon versencken.
Da brachen seine Strick zur Stund,
Er sprang hinab frei und gesund,
Im tiefen See
Konnt er gar lustig schweben.
Ganz aufrecht als ein Federbolz,
Trat er darin das Wasser stolz.
Wer ihn ermordt,
Dem will sie sich ergeben.
Des faßt manch böser Knabe Lust,
Manch Armbrust zielt nach seiner Brust;
In Vögelein
Die Pfeil sich da verkehren,
Und schwebten um ihn auf und ab.
Die Königinn rief da herab:
O hätt ich dich,
Ich wollt dein Kunst zerstören.
Frau Königinn, er zu ihr sprach,
Ich trage um neun Knaben Rach,
Neun Vögelein
Die Pfeil sich um mich schwingen.

Groß Zorn das Weib der Red empfand,
Sie ließ ihm binden Fuß und Hand:
Ihr Diener mein,
Thut mir den Mann ertraͤncken.
Er blickt ſie an, ganz ſtill gemuͤth,
Er wußt wohl, daß er war behuͤt,
Man hob ihn auf,
Und wollt ihn ſchon verſencken.
Da brachen ſeine Strick zur Stund,
Er ſprang hinab frei und geſund,
Im tiefen See
Konnt er gar luſtig ſchweben.
Ganz aufrecht als ein Federbolz,
Trat er darin das Waſſer ſtolz.
Wer ihn ermordt,
Dem will ſie ſich ergeben.
Des faßt manch boͤſer Knabe Luſt,
Manch Armbruſt zielt nach ſeiner Bruſt;
In Voͤgelein
Die Pfeil ſich da verkehren,
Und ſchwebten um ihn auf und ab.
Die Koͤniginn rief da herab:
O haͤtt ich dich,
Ich wollt dein Kunſt zerſtoͤren.
Frau Koͤniginn, er zu ihr ſprach,
Ich trage um neun Knaben Rach,
Neun Voͤgelein
Die Pfeil ſich um mich ſchwingen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0252" n="240"/>
            <lg n="19">
              <l>Groß Zorn das Weib der Red empfand,</l><lb/>
              <l>Sie ließ ihm binden Fuß und Hand:</l><lb/>
              <l>Ihr Diener mein,</l><lb/>
              <l>Thut mir den Mann ertra&#x0364;ncken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>Er blickt &#x017F;ie an, ganz &#x017F;till gemu&#x0364;th,</l><lb/>
              <l>Er wußt wohl, daß er war behu&#x0364;t,</l><lb/>
              <l>Man hob ihn auf,</l><lb/>
              <l>Und wollt ihn &#x017F;chon ver&#x017F;encken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l>Da brachen &#x017F;eine Strick zur Stund,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;prang hinab frei und ge&#x017F;und,</l><lb/>
              <l>Im tiefen See</l><lb/>
              <l>Konnt er gar lu&#x017F;tig &#x017F;chweben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="22">
              <l>Ganz aufrecht als ein Federbolz,</l><lb/>
              <l>Trat er darin das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tolz.</l><lb/>
              <l>Wer ihn ermordt,</l><lb/>
              <l>Dem will &#x017F;ie &#x017F;ich ergeben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="23">
              <l>Des faßt manch bo&#x0364;&#x017F;er Knabe Lu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Manch Armbru&#x017F;t zielt nach &#x017F;einer Bru&#x017F;t;</l><lb/>
              <l>In Vo&#x0364;gelein</l><lb/>
              <l>Die Pfeil &#x017F;ich da verkehren,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="24">
              <l>Und &#x017F;chwebten um ihn auf und ab.</l><lb/>
              <l>Die Ko&#x0364;niginn rief da herab:</l><lb/>
              <l>O ha&#x0364;tt ich dich,</l><lb/>
              <l>Ich wollt dein Kun&#x017F;t zer&#x017F;to&#x0364;ren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="25">
              <l>Frau Ko&#x0364;niginn, er zu ihr &#x017F;prach,</l><lb/>
              <l>Ich trage um neun Knaben Rach,</l><lb/>
              <l>Neun Vo&#x0364;gelein</l><lb/>
              <l>Die Pfeil &#x017F;ich um mich &#x017F;chwingen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0252] Groß Zorn das Weib der Red empfand, Sie ließ ihm binden Fuß und Hand: Ihr Diener mein, Thut mir den Mann ertraͤncken. Er blickt ſie an, ganz ſtill gemuͤth, Er wußt wohl, daß er war behuͤt, Man hob ihn auf, Und wollt ihn ſchon verſencken. Da brachen ſeine Strick zur Stund, Er ſprang hinab frei und geſund, Im tiefen See Konnt er gar luſtig ſchweben. Ganz aufrecht als ein Federbolz, Trat er darin das Waſſer ſtolz. Wer ihn ermordt, Dem will ſie ſich ergeben. Des faßt manch boͤſer Knabe Luſt, Manch Armbruſt zielt nach ſeiner Bruſt; In Voͤgelein Die Pfeil ſich da verkehren, Und ſchwebten um ihn auf und ab. Die Koͤniginn rief da herab: O haͤtt ich dich, Ich wollt dein Kunſt zerſtoͤren. Frau Koͤniginn, er zu ihr ſprach, Ich trage um neun Knaben Rach, Neun Voͤgelein Die Pfeil ſich um mich ſchwingen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/252
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/252>, abgerufen am 22.11.2024.