Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Fräulein liessen sie mit gehn,
Bis daß sie Nürnberg sahen,
Sie sezten sich nieder und ruheten,
Die Glocken hörten sie schlagen,
Da war es in der neunten Stund,
Der Pfundstein zum Fräulein sprach
Aus seinem falschen Mund.
Geh hin und bring uns Wein und Brod,
Daß wir uns des Hungers erwehren,
Würden uns des Bauren Gulden roth,
Wir wollten lang darvon zehren,
Ich hofft der Bauer wird uns schier,
Ist dir der Frankenwein zu sauer,
So bring uns ein Malvasier.
Das Fräulein hob sich aus dem Wald,
Wohl über Stock und Stauden,
Das Thor zu Nürnberg fand sie bald
Mit Laufen und mit Schnaufen.
Auf das Rathhaus war ihr Gang,
Da sie den Burgermeister fand,
Die Stadtknecht giengen ihr nach.
Sie sagt ihnen all Gelegenheit,
Sie führt sie auf ein Ort,
Der Burgermeister war doch gescheidt,
Er merkt auf ihre Wort,
Hält sich dennoch nicht ganz daran,
Denn Frauen List und Worte
Betriegen manchen Mann.

Das Fraͤulein lieſſen ſie mit gehn,
Bis daß ſie Nuͤrnberg ſahen,
Sie ſezten ſich nieder und ruheten,
Die Glocken hoͤrten ſie ſchlagen,
Da war es in der neunten Stund,
Der Pfundſtein zum Fraͤulein ſprach
Aus ſeinem falſchen Mund.
Geh hin und bring uns Wein und Brod,
Daß wir uns des Hungers erwehren,
Wuͤrden uns des Bauren Gulden roth,
Wir wollten lang darvon zehren,
Ich hofft der Bauer wird uns ſchier,
Iſt dir der Frankenwein zu ſauer,
So bring uns ein Malvaſier.
Das Fraͤulein hob ſich aus dem Wald,
Wohl uͤber Stock und Stauden,
Das Thor zu Nuͤrnberg fand ſie bald
Mit Laufen und mit Schnaufen.
Auf das Rathhaus war ihr Gang,
Da ſie den Burgermeiſter fand,
Die Stadtknecht giengen ihr nach.
Sie ſagt ihnen all Gelegenheit,
Sie fuͤhrt ſie auf ein Ort,
Der Burgermeiſter war doch geſcheidt,
Er merkt auf ihre Wort,
Haͤlt ſich dennoch nicht ganz daran,
Denn Frauen Liſt und Worte
Betriegen manchen Mann.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0195" n="183"/>
            <lg n="10">
              <l>Das Fra&#x0364;ulein lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mit gehn,</l><lb/>
              <l>Bis daß &#x017F;ie Nu&#x0364;rnberg &#x017F;ahen,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;ezten &#x017F;ich nieder und ruheten,</l><lb/>
              <l>Die Glocken ho&#x0364;rten &#x017F;ie &#x017F;chlagen,</l><lb/>
              <l>Da war es in der neunten Stund,</l><lb/>
              <l>Der Pfund&#x017F;tein zum Fra&#x0364;ulein &#x017F;prach</l><lb/>
              <l>Aus &#x017F;einem fal&#x017F;chen Mund.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>Geh hin und bring uns Wein und Brod,</l><lb/>
              <l>Daß wir uns des Hungers erwehren,</l><lb/>
              <l>Wu&#x0364;rden uns des Bauren Gulden roth,</l><lb/>
              <l>Wir wollten lang darvon zehren,</l><lb/>
              <l>Ich hofft der Bauer wird uns &#x017F;chier,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t dir der Frankenwein zu &#x017F;auer,</l><lb/>
              <l>So bring uns ein Malva&#x017F;ier.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>Das Fra&#x0364;ulein hob &#x017F;ich aus dem Wald,</l><lb/>
              <l>Wohl u&#x0364;ber Stock und Stauden,</l><lb/>
              <l>Das Thor zu Nu&#x0364;rnberg fand &#x017F;ie bald</l><lb/>
              <l>Mit Laufen und mit Schnaufen.</l><lb/>
              <l>Auf das Rathhaus war ihr Gang,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;ie den Burgermei&#x017F;ter fand,</l><lb/>
              <l>Die Stadtknecht giengen ihr nach.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="13">
              <l>Sie &#x017F;agt ihnen all Gelegenheit,</l><lb/>
              <l>Sie fu&#x0364;hrt &#x017F;ie auf ein Ort,</l><lb/>
              <l>Der Burgermei&#x017F;ter war doch ge&#x017F;cheidt,</l><lb/>
              <l>Er merkt auf ihre Wort,</l><lb/>
              <l>Ha&#x0364;lt &#x017F;ich dennoch nicht ganz daran,</l><lb/>
              <l>Denn Frauen Li&#x017F;t und Worte</l><lb/>
              <l>Betriegen manchen Mann.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0195] Das Fraͤulein lieſſen ſie mit gehn, Bis daß ſie Nuͤrnberg ſahen, Sie ſezten ſich nieder und ruheten, Die Glocken hoͤrten ſie ſchlagen, Da war es in der neunten Stund, Der Pfundſtein zum Fraͤulein ſprach Aus ſeinem falſchen Mund. Geh hin und bring uns Wein und Brod, Daß wir uns des Hungers erwehren, Wuͤrden uns des Bauren Gulden roth, Wir wollten lang darvon zehren, Ich hofft der Bauer wird uns ſchier, Iſt dir der Frankenwein zu ſauer, So bring uns ein Malvaſier. Das Fraͤulein hob ſich aus dem Wald, Wohl uͤber Stock und Stauden, Das Thor zu Nuͤrnberg fand ſie bald Mit Laufen und mit Schnaufen. Auf das Rathhaus war ihr Gang, Da ſie den Burgermeiſter fand, Die Stadtknecht giengen ihr nach. Sie ſagt ihnen all Gelegenheit, Sie fuͤhrt ſie auf ein Ort, Der Burgermeiſter war doch geſcheidt, Er merkt auf ihre Wort, Haͤlt ſich dennoch nicht ganz daran, Denn Frauen Liſt und Worte Betriegen manchen Mann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/195
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/195>, abgerufen am 25.11.2024.