Dabey die Herren wohl erkannt, Daß dies ein Werk von Gottes Hand, Man trug der Jungfrau vor viel Speis, Im Augenblick ward sie schneeweis.
"Nichts leibliches ich mehr begehr," Sie bat, "bringt mir den Priester her, "Daß ich empfang vor meinem End "Den wahren Leib im Sacrament."
Sobald nun dieses ist geschehn, Viel Christen-Menschen es gesehn, Ward ihr ohn alles Weh und Schmerz Gebrochen ab ihr reines Herz.
Das Rautensträuchelein.
Mündlich.
Gar hoch auf jenem Berg allein Da steht ein Rautensträuchelein, Gewunden aus der Erden Mit sonderbar Geberden.
Mir träumt ein wunderlicher Traum, Da unter diesem Rautenbaum, Ich kann ihn nicht vergessen, So hoch ich mich vermessen.
Es wollt ein Mädchen Wasser holen, Ein weisses Hemdlein hatt sie an,
Dabey die Herren wohl erkannt, Daß dies ein Werk von Gottes Hand, Man trug der Jungfrau vor viel Speis, Im Augenblick ward ſie ſchneeweis.
„Nichts leibliches ich mehr begehr,“ Sie bat, „bringt mir den Prieſter her, „Daß ich empfang vor meinem End „Den wahren Leib im Sacrament.“
Sobald nun dieſes iſt geſchehn, Viel Chriſten-Menſchen es geſehn, Ward ihr ohn alles Weh und Schmerz Gebrochen ab ihr reines Herz.
Das Rautenſtraͤuchelein.
Muͤndlich.
Gar hoch auf jenem Berg allein Da ſteht ein Rautenſtraͤuchelein, Gewunden aus der Erden Mit ſonderbar Geberden.
Mir traͤumt ein wunderlicher Traum, Da unter dieſem Rautenbaum, Ich kann ihn nicht vergeſſen, So hoch ich mich vermeſſen.
Es wollt ein Maͤdchen Waſſer holen, Ein weiſſes Hemdlein hatt ſie an,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0078"n="69"/><lgn="28"><l>Dabey die Herren wohl erkannt,</l><lb/><l>Daß dies ein Werk von Gottes Hand,</l><lb/><l>Man trug der Jungfrau vor viel Speis,</l><lb/><l>Im Augenblick ward ſie ſchneeweis.</l></lg><lb/><lgn="29"><l>„Nichts leibliches ich mehr begehr,“</l><lb/><l>Sie bat, „bringt mir den Prieſter her,</l><lb/><l>„Daß ich empfang vor meinem End</l><lb/><l>„Den wahren Leib im Sacrament.“</l></lg><lb/><lgn="30"><l>Sobald nun dieſes iſt geſchehn,</l><lb/><l>Viel Chriſten-Menſchen es geſehn,</l><lb/><l>Ward ihr ohn alles Weh und Schmerz</l><lb/><l>Gebrochen ab ihr reines Herz.</l></lg></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Das Rautenſtraͤuchelein</hi>.</head><lb/><prendition="#c">Muͤndlich.</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">G</hi>ar hoch auf jenem Berg allein</l><lb/><l>Da ſteht ein Rautenſtraͤuchelein,</l><lb/><l>Gewunden aus der Erden</l><lb/><l>Mit ſonderbar Geberden.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Mir traͤumt ein wunderlicher Traum,</l><lb/><l>Da unter dieſem Rautenbaum,</l><lb/><l>Ich kann ihn nicht vergeſſen,</l><lb/><l>So hoch ich mich vermeſſen.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Es wollt ein Maͤdchen Waſſer holen,</l><lb/><l>Ein weiſſes Hemdlein hatt ſie an,</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[69/0078]
Dabey die Herren wohl erkannt,
Daß dies ein Werk von Gottes Hand,
Man trug der Jungfrau vor viel Speis,
Im Augenblick ward ſie ſchneeweis.
„Nichts leibliches ich mehr begehr,“
Sie bat, „bringt mir den Prieſter her,
„Daß ich empfang vor meinem End
„Den wahren Leib im Sacrament.“
Sobald nun dieſes iſt geſchehn,
Viel Chriſten-Menſchen es geſehn,
Ward ihr ohn alles Weh und Schmerz
Gebrochen ab ihr reines Herz.
Das Rautenſtraͤuchelein.
Muͤndlich.
Gar hoch auf jenem Berg allein
Da ſteht ein Rautenſtraͤuchelein,
Gewunden aus der Erden
Mit ſonderbar Geberden.
Mir traͤumt ein wunderlicher Traum,
Da unter dieſem Rautenbaum,
Ich kann ihn nicht vergeſſen,
So hoch ich mich vermeſſen.
Es wollt ein Maͤdchen Waſſer holen,
Ein weiſſes Hemdlein hatt ſie an,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/78>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.