Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite

"Da sitzet an der Reih
"Ein alt kißgrauer Mann,
"Der hat mehr von den Schätzen,
"Der kann dich baß ergötzen,
"Als ich dir zeigen kann.

"Es wird dir frei gelingen,
"Die vorgesetzte Sach,
"Und kannst ihn leicht bezwingen,
"Weil er von Alter schwach:
"Der ists, der Hüter ist
"An königlicher Pforten,
"Dem man ein zu antworten,
"Den Schlüssel hat erkießt."
Der Fremde ging von dannen,
Fand endlich einen Greiß,
Der leicht zu übermannen,
Ohn alles Blut und Schweiß,
Sein Kittel war gering,
Er sah beschmutzt, elende,
Und lehnt sich an die Wände,
Betrübt, weils ihm so ging.
Der Pilger sprach ingleichen,
Ihn um den Handstein an,
Er möcht ihm den doch reichen;
Der Geist sprach: "Lieber Mann,
"Gehst du dem Zeuge nach,
"Nach dem die Herrn und Fürsten,

„Da ſitzet an der Reih
„Ein alt kißgrauer Mann,
„Der hat mehr von den Schaͤtzen,
„Der kann dich baß ergoͤtzen,
„Als ich dir zeigen kann.

„Es wird dir frei gelingen,
„Die vorgeſetzte Sach,
„Und kannſt ihn leicht bezwingen,
„Weil er von Alter ſchwach:
„Der iſts, der Huͤter iſt
„An koͤniglicher Pforten,
„Dem man ein zu antworten,
„Den Schluͤſſel hat erkießt.“
Der Fremde ging von dannen,
Fand endlich einen Greiß,
Der leicht zu uͤbermannen,
Ohn alles Blut und Schweiß,
Sein Kittel war gering,
Er ſah beſchmutzt, elende,
Und lehnt ſich an die Waͤnde,
Betruͤbt, weils ihm ſo ging.
Der Pilger ſprach ingleichen,
Ihn um den Handſtein an,
Er moͤcht ihm den doch reichen;
Der Geiſt ſprach: „Lieber Mann,
„Gehſt du dem Zeuge nach,
„Nach dem die Herrn und Fuͤrſten,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="18">
              <pb facs="#f0277" n="268"/>
              <l>&#x201E;Da &#x017F;itzet an der Reih</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ein alt kißgrauer Mann,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der hat mehr von den Scha&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der kann dich baß ergo&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als ich dir zeigen kann.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="19">
              <l>&#x201E;Es wird dir frei gelingen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die vorge&#x017F;etzte Sach,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und kann&#x017F;t ihn leicht bezwingen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil er von Alter &#x017F;chwach:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der i&#x017F;ts, der Hu&#x0364;ter i&#x017F;t</l><lb/>
              <l>&#x201E;An ko&#x0364;niglicher Pforten,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Dem man ein zu antworten,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el hat erkießt.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>Der Fremde ging von dannen,</l><lb/>
              <l>Fand endlich einen Greiß,</l><lb/>
              <l>Der leicht zu u&#x0364;bermannen,</l><lb/>
              <l>Ohn alles Blut und Schweiß,</l><lb/>
              <l>Sein Kittel war gering,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;ah be&#x017F;chmutzt, elende,</l><lb/>
              <l>Und lehnt &#x017F;ich an die Wa&#x0364;nde,</l><lb/>
              <l>Betru&#x0364;bt, weils ihm &#x017F;o ging.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l>Der Pilger &#x017F;prach ingleichen,</l><lb/>
              <l>Ihn um den Hand&#x017F;tein an,</l><lb/>
              <l>Er mo&#x0364;cht ihm den doch reichen;</l><lb/>
              <l>Der Gei&#x017F;t &#x017F;prach: &#x201E;Lieber Mann,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Geh&#x017F;t du dem Zeuge nach,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Nach dem die Herrn und Fu&#x0364;r&#x017F;ten,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0277] „Da ſitzet an der Reih „Ein alt kißgrauer Mann, „Der hat mehr von den Schaͤtzen, „Der kann dich baß ergoͤtzen, „Als ich dir zeigen kann. „Es wird dir frei gelingen, „Die vorgeſetzte Sach, „Und kannſt ihn leicht bezwingen, „Weil er von Alter ſchwach: „Der iſts, der Huͤter iſt „An koͤniglicher Pforten, „Dem man ein zu antworten, „Den Schluͤſſel hat erkießt.“ Der Fremde ging von dannen, Fand endlich einen Greiß, Der leicht zu uͤbermannen, Ohn alles Blut und Schweiß, Sein Kittel war gering, Er ſah beſchmutzt, elende, Und lehnt ſich an die Waͤnde, Betruͤbt, weils ihm ſo ging. Der Pilger ſprach ingleichen, Ihn um den Handſtein an, Er moͤcht ihm den doch reichen; Der Geiſt ſprach: „Lieber Mann, „Gehſt du dem Zeuge nach, „Nach dem die Herrn und Fuͤrſten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/277
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/277>, abgerufen am 25.11.2024.