Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.Noch einmal wurde ein Langaus angestimmt, den das Braut- 11. Verschiedenartiges Nachklingen. Wäre die innere Welt des Menschen einer Maschine ähn- Das war deutlich gesprochen; und sich falschen Hoffnungen Noch einmal wurde ein Langaus angeſtimmt, den das Braut- 11. Verſchiedenartiges Nachklingen. Wäre die innere Welt des Menſchen einer Maſchine ähn- Das war deutlich geſprochen; und ſich falſchen Hoffnungen <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0035"/> Noch einmal wurde ein Langaus angeſtimmt, den das Braut-<lb/> paar eröffnete, und dann war das ſchöne Hochzeitsſpiel vorüber,<lb/> gleich einem leichten, friſchen Traum.</p><lb/> </div> <div type="chapter"> <head>11. Verſchiedenartiges Nachklingen.</head><lb/> <p>Wäre die innere Welt des Menſchen einer Maſchine ähn-<lb/> lich, an der man nach Belieben das eine oder das andere<lb/> Räderwerk zum Stillſtand bringt, ſo würde mancher Kampf<lb/> leichter überſtanden; da es aber der Schöpfer anders gewollt,<lb/> ſo läßt ſich nicht augenblicklich Ruhe gebieten, wenn unſere<lb/> Empfindungen und Gedanken durch beſondere Veranlaſſung in<lb/> ungewöhnliche Aufregung geriethen. So konnte denn auch am<lb/> erſten Tag nach dem Hochzeitsſpiel zu Tegernſee ſo Mancher<lb/> nicht recht mit Sinn und Willen bei ſeiner gewohnten Arbeit<lb/> bleiben, und immer wieder wollten die Gedanken nach rückwärts<lb/> entfliehen, um ſich an dieſer und jener Erinnerung zu ergötzen.<lb/> Am wenigſten war dies aber gewiß dem Gmundner Franzl<lb/> übel zu nehmen, da er doch faſt einen vollen Tag als Bräu-<lb/> tigam an der Seite des ſchönſten Mädchens verlebte, und durfte,<lb/> ja <hi rendition="#g">mußte</hi> er ſogar recht vertraulich mit ihm thun. Daß es<lb/> ihm nie gelingen werde, die ſchöne Resl als ſein Weib heim-<lb/> zuführen, das wußte er nur zu gut, und deshalb ſagte er ihr<lb/> ſelbſt beim Abſchied: „Jetzt behüt’ dich Gott, Resl, das liebliche<lb/> G’ſpiel iſt aus, ich wünſch’ dir aber, daß es dir deiner Lebtag<lb/> lang recht gut gehen ſoll.“ Und der Alte, zum Franzl gewandt,<lb/> nickte ſichtlich einverſtanden mit dem Kopf, indem er dem Ab-<lb/> ſchiedswort beifügte: „Ja, ja, das G’ſpiel iſt aus, wie alles ein<lb/> End nimmt, und du biſt jetzt wieder frei wie vorher.“</p><lb/> <p>Das war deutlich geſprochen; und ſich falſchen Hoffnungen<lb/> hinzugeben — da war Franz nicht der Burſche dazu. Zu alle-<lb/> dem hatte er beim Brautfeſt flüſtern gehört, in Wirklichkeit ſei<lb/> ja die Resl mit dem Kugler Joſef verlobt. Da war es ja<lb/> alſo für einen braven Burſchen Pflicht, jeden Gedanken an die<lb/> Resl niederzukämpfen. — Was halfen aber alle Vernunftgründe!<lb/> Heute einmal konnte er den Eindruck von geſtern noch nicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
Noch einmal wurde ein Langaus angeſtimmt, den das Braut-
paar eröffnete, und dann war das ſchöne Hochzeitsſpiel vorüber,
gleich einem leichten, friſchen Traum.
11. Verſchiedenartiges Nachklingen.
Wäre die innere Welt des Menſchen einer Maſchine ähn-
lich, an der man nach Belieben das eine oder das andere
Räderwerk zum Stillſtand bringt, ſo würde mancher Kampf
leichter überſtanden; da es aber der Schöpfer anders gewollt,
ſo läßt ſich nicht augenblicklich Ruhe gebieten, wenn unſere
Empfindungen und Gedanken durch beſondere Veranlaſſung in
ungewöhnliche Aufregung geriethen. So konnte denn auch am
erſten Tag nach dem Hochzeitsſpiel zu Tegernſee ſo Mancher
nicht recht mit Sinn und Willen bei ſeiner gewohnten Arbeit
bleiben, und immer wieder wollten die Gedanken nach rückwärts
entfliehen, um ſich an dieſer und jener Erinnerung zu ergötzen.
Am wenigſten war dies aber gewiß dem Gmundner Franzl
übel zu nehmen, da er doch faſt einen vollen Tag als Bräu-
tigam an der Seite des ſchönſten Mädchens verlebte, und durfte,
ja mußte er ſogar recht vertraulich mit ihm thun. Daß es
ihm nie gelingen werde, die ſchöne Resl als ſein Weib heim-
zuführen, das wußte er nur zu gut, und deshalb ſagte er ihr
ſelbſt beim Abſchied: „Jetzt behüt’ dich Gott, Resl, das liebliche
G’ſpiel iſt aus, ich wünſch’ dir aber, daß es dir deiner Lebtag
lang recht gut gehen ſoll.“ Und der Alte, zum Franzl gewandt,
nickte ſichtlich einverſtanden mit dem Kopf, indem er dem Ab-
ſchiedswort beifügte: „Ja, ja, das G’ſpiel iſt aus, wie alles ein
End nimmt, und du biſt jetzt wieder frei wie vorher.“
Das war deutlich geſprochen; und ſich falſchen Hoffnungen
hinzugeben — da war Franz nicht der Burſche dazu. Zu alle-
dem hatte er beim Brautfeſt flüſtern gehört, in Wirklichkeit ſei
ja die Resl mit dem Kugler Joſef verlobt. Da war es ja
alſo für einen braven Burſchen Pflicht, jeden Gedanken an die
Resl niederzukämpfen. — Was halfen aber alle Vernunftgründe!
Heute einmal konnte er den Eindruck von geſtern noch nicht
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