Arndt, Johann: Vom wahren Christenthumb. Bd. 2. Magdeburg, 1610.Gott weiß was wir bedürffen liegen fürtragen wie einem sterblichenBey Gott ist kein vnter- scheid der zeit/ er hö- ret vnser Gebet al- lezeit.Menschen. Dann für seinen Augen sind alle zeiten nur eine Zeit oder Blick/ in wel- chem er alle vergangene vnd zukünfftige ding siehet gegenwertig. Darumb hat er vnsere Haar gezehlet/ ehe wir geboren waren/ weiß alle vnsere gedancken/ ehe Jer. 31.wir beten. Summa seinen Augen ist al- les offen. Also müssen einfeltige/ anhe- bende sich erwecken zum Gebet/ daß sie Sprüche haben der H. Schrifft/ den Nutz derselben betrachten/ vnnd in kurtze Gebetlein fassen: Die geübten aber se- hen es selbst. Wann ich im blachen Fel- de gehe am Tageliecht/ so vmbgreiffet mich solches Liecht gantz. Were es nicht Leiblich/ sondern Geistlich/ so durchdrun- ge es meinen Geist auch: Also sind alle Geschöpffe sichtbar vnd vnsichtbar für Sap. 7.den Augen Gottes. Er durchdringet vnd vmbgreiffet alle ding/ es hindert Ihn nichts. Die Finsternuß muß für Ihm liecht sein/ wie der Tag/ wie im 139. Psal. stehet. Wie eine lautere schöne Cristall oder
Gott weiß was wir beduͤrffen liegen fuͤrtragen wie einem ſterblichenBey Gott iſt kein vnter- ſcheid der zeit/ er hoͤ- ret vnſer Gebet al- lezeit.Menſchen. Dann fuͤr ſeinen Augen ſind alle zeiten nur eine Zeit oder Blick/ in wel- chem er alle vergangene vnd zukuͤnfftige ding ſiehet gegenwertig. Darumb hat er vnſere Haar gezehlet/ ehe wir geboren waren/ weiß alle vnſere gedancken/ ehe Jer. 31.wir beten. Summa ſeinen Augen iſt al- les offen. Alſo muͤſſen einfeltige/ anhe- bende ſich erwecken zum Gebet/ daß ſie Spruͤche haben der H. Schrifft/ den Nutz derſelben betrachten/ vnnd in kurtze Gebetlein faſſen: Die geuͤbten aber ſe- hen es ſelbſt. Wann ich im blachen Fel- de gehe am Tageliecht/ ſo vmbgreiffet mich ſolches Liecht gantz. Were es nicht Leiblich/ ſondern Geiſtlich/ ſo durchdrun- ge es meïnen Geiſt auch: Alſo ſind alle Geſchoͤpffe ſichtbar vnd vnſichtbar fuͤr Sap. 7.den Augen Gottes. Er durchdringet vnd vmbgreiffet alle ding/ es hindert Ihn nichts. Die Finſternuß muß fuͤr Ihm liecht ſein/ wie der Tag/ wie im 139. Pſal. ſtehet. Wie eine lautere ſchoͤne Criſtall oder
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Gott weiß was wir beduͤrffen
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chem er alle vergangene vnd zukuͤnfftige
ding ſiehet gegenwertig. Darumb hat
er vnſere Haar gezehlet/ ehe wir geboren
waren/ weiß alle vnſere gedancken/ ehe
wir beten. Summa ſeinen Augen iſt al-
les offen. Alſo muͤſſen einfeltige/ anhe-
bende ſich erwecken zum Gebet/ daß ſie
Spruͤche haben der H. Schrifft/ den
Nutz derſelben betrachten/ vnnd in kurtze
Gebetlein faſſen: Die geuͤbten aber ſe-
hen es ſelbſt. Wann ich im blachen Fel-
de gehe am Tageliecht/ ſo vmbgreiffet
mich ſolches Liecht gantz. Were es nicht
Leiblich/ ſondern Geiſtlich/ ſo durchdrun-
ge es meïnen Geiſt auch: Alſo ſind alle
Geſchoͤpffe ſichtbar vnd vnſichtbar fuͤr
den Augen Gottes. Er durchdringet vnd
vmbgreiffet alle ding/ es hindert Ihn
nichts. Die Finſternuß muß fuͤr Ihm
liecht ſein/ wie der Tag/ wie im 139. Pſal.
ſtehet. Wie eine lautere ſchoͤne Criſtall
oder
Bey Gott
iſt kein
vnter-
ſcheid der
zeit/ er hoͤ-
ret vnſer
Gebet al-
lezeit.
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Zitationshilfe: | Arndt, Johann: Vom wahren Christenthumb. Bd. 2. Magdeburg, 1610, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum02_1610/394>, abgerufen am 16.02.2025. |