Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Oscar Linke. "Ei, seht nur die Keule, das Löwengewand, Welch' prahlendes, nichtiges Gleißen! Sag' an, mein zitterndes Mäuschen, wie mag Der Held, der dich zeugte, heißen?" "Es wohnt mein Vater im himmlischen Saal; Die Irdische, die mich geboren, Sie nannte mich Herakles . . . . Wer sich genannt Mein Feind, stets war er verloren." "O, bist du der Kühne, von welchem im Land Umgeh'n seltsamliche Mären? Und du ein Sprosse der Götter? Der läßt Vom Weibe das Spinnen sich lehren? "Wer Weibern gedienet, den fürchtet' ich nie! Komm her denn gewaltige Memme, Damit ich den Nacken, damit ich das Haupt Dir zwischen den Beinen zerklemme." Da reckt sich der Held und es flattert das Fell, Und in eherner Faust schier blitzet Die Keule: sie saust auf das feindliche Haupt: Und das Hirn an den Bäumen verspritzet . . . . . Es kehrt der Held zu dem Weibe zurück Mit dem blutigen Haupt in den Händen Und wirft es der Königin jäh in den Schooß -- Kein Wörtchen die Lippen verschwenden. Voll Schaudern und Ahnung blickt ihm das Weib In's Antlitz, das ernste, das hohe, Es däucht sie, als ob es sein lockiges Haupt Umspiele wie flammende Lohe. Sie senkt erzitternd zur Erde den Blick, Verwirrt, wie ein Täubchen verschüchtert . . . . "O Weib, dein Becher der Lust ist geleert, Blut, Blut hat den Helden ernüchtert! Oscar Linke. „Ei, ſeht nur die Keule, das Löwengewand, Welch’ prahlendes, nichtiges Gleißen! Sag’ an, mein zitterndes Mäuschen, wie mag Der Held, der dich zeugte, heißen?“ „Es wohnt mein Vater im himmliſchen Saal; Die Irdiſche, die mich geboren, Sie nannte mich Herakles . . . . Wer ſich genannt Mein Feind, ſtets war er verloren.“ „O, biſt du der Kühne, von welchem im Land Umgeh’n ſeltſamliche Mären? Und du ein Sproſſe der Götter? Der läßt Vom Weibe das Spinnen ſich lehren? „Wer Weibern gedienet, den fürchtet’ ich nie! Komm her denn gewaltige Memme, Damit ich den Nacken, damit ich das Haupt Dir zwiſchen den Beinen zerklemme.“ Da reckt ſich der Held und es flattert das Fell, Und in eherner Fauſt ſchier blitzet Die Keule: ſie ſauſt auf das feindliche Haupt: Und das Hirn an den Bäumen verſpritzet . . . . . Es kehrt der Held zu dem Weibe zurück Mit dem blutigen Haupt in den Händen Und wirft es der Königin jäh in den Schooß — Kein Wörtchen die Lippen verſchwenden. Voll Schaudern und Ahnung blickt ihm das Weib In’s Antlitz, das ernſte, das hohe, Es däucht ſie, als ob es ſein lockiges Haupt Umſpiele wie flammende Lohe. Sie ſenkt erzitternd zur Erde den Blick, Verwirrt, wie ein Täubchen verſchüchtert . . . . „O Weib, dein Becher der Luſt iſt geleert, Blut, Blut hat den Helden ernüchtert! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0058" n="40"/> <fw place="top" type="header">Oscar Linke.</fw><lb/> <lg n="25"> <l>„Ei, ſeht nur die Keule, das Löwengewand,</l><lb/> <l>Welch’ prahlendes, nichtiges Gleißen!</l><lb/> <l>Sag’ an, mein zitterndes Mäuschen, wie mag</l><lb/> <l>Der Held, der dich zeugte, heißen?“</l> </lg><lb/> <lg n="26"> <l>„Es wohnt mein Vater im himmliſchen Saal;</l><lb/> <l>Die Irdiſche, die mich geboren,</l><lb/> <l>Sie nannte mich Herakles . . . . Wer ſich genannt</l><lb/> <l>Mein Feind, ſtets war er verloren.“</l> </lg><lb/> <lg n="27"> <l>„O, biſt du der Kühne, von welchem im Land</l><lb/> <l>Umgeh’n ſeltſamliche Mären?</l><lb/> <l>Und du ein Sproſſe der Götter? Der läßt</l><lb/> <l>Vom Weibe das Spinnen ſich lehren?</l> </lg><lb/> <lg n="28"> <l>„Wer Weibern gedienet, den fürchtet’ ich nie!</l><lb/> <l>Komm her denn gewaltige Memme,</l><lb/> <l>Damit ich den Nacken, damit ich das Haupt</l><lb/> <l>Dir zwiſchen den Beinen zerklemme.“</l> </lg><lb/> <lg n="29"> <l>Da reckt ſich der Held und es flattert das Fell,</l><lb/> <l>Und in eherner Fauſt ſchier blitzet</l><lb/> <l>Die Keule: ſie ſauſt auf das feindliche Haupt:</l><lb/> <l>Und das Hirn an den Bäumen verſpritzet . . . . .</l> </lg><lb/> <lg n="30"> <l>Es kehrt der Held zu dem Weibe zurück</l><lb/> <l>Mit dem blutigen Haupt in den Händen</l><lb/> <l>Und wirft es der Königin jäh in den Schooß —</l><lb/> <l>Kein Wörtchen die Lippen verſchwenden.</l> </lg><lb/> <lg n="31"> <l>Voll Schaudern und Ahnung blickt ihm das Weib</l><lb/> <l>In’s Antlitz, das ernſte, das hohe,</l><lb/> <l>Es däucht ſie, als ob es ſein lockiges Haupt</l><lb/> <l>Umſpiele wie flammende Lohe.</l> </lg><lb/> <lg n="32"> <l>Sie ſenkt erzitternd zur Erde den Blick,</l><lb/> <l>Verwirrt, wie ein Täubchen verſchüchtert . . . .</l><lb/> <l>„O Weib, <hi rendition="#g">dein</hi> Becher der Luſt iſt geleert,</l><lb/> <l>Blut, Blut hat den Helden ernüchtert!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0058]
Oscar Linke.
„Ei, ſeht nur die Keule, das Löwengewand,
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Sag’ an, mein zitterndes Mäuschen, wie mag
Der Held, der dich zeugte, heißen?“
„Es wohnt mein Vater im himmliſchen Saal;
Die Irdiſche, die mich geboren,
Sie nannte mich Herakles . . . . Wer ſich genannt
Mein Feind, ſtets war er verloren.“
„O, biſt du der Kühne, von welchem im Land
Umgeh’n ſeltſamliche Mären?
Und du ein Sproſſe der Götter? Der läßt
Vom Weibe das Spinnen ſich lehren?
„Wer Weibern gedienet, den fürchtet’ ich nie!
Komm her denn gewaltige Memme,
Damit ich den Nacken, damit ich das Haupt
Dir zwiſchen den Beinen zerklemme.“
Da reckt ſich der Held und es flattert das Fell,
Und in eherner Fauſt ſchier blitzet
Die Keule: ſie ſauſt auf das feindliche Haupt:
Und das Hirn an den Bäumen verſpritzet . . . . .
Es kehrt der Held zu dem Weibe zurück
Mit dem blutigen Haupt in den Händen
Und wirft es der Königin jäh in den Schooß —
Kein Wörtchen die Lippen verſchwenden.
Voll Schaudern und Ahnung blickt ihm das Weib
In’s Antlitz, das ernſte, das hohe,
Es däucht ſie, als ob es ſein lockiges Haupt
Umſpiele wie flammende Lohe.
Sie ſenkt erzitternd zur Erde den Blick,
Verwirrt, wie ein Täubchen verſchüchtert . . . .
„O Weib, dein Becher der Luſt iſt geleert,
Blut, Blut hat den Helden ernüchtert!
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