Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Oscar Linke. Und das Hündchen erhebt sich und schmieget sich hin Zu den Füßen des üppigen Weibes, Und küßt ihr die Hand und ein Beben durchzieht Die Glieder des üppigen Leibes. Und sie wirft sich ein Fell um den blendenden Hals, Um die Brust, um die Schulter, die nackten, Das Fell des nemeischen Löwen, den einst Zwei Hände zerdrückten und packten. Dann greift nach der Keule die zierliche Hand, Und Omphale fragt ihn mit Höhnen: "Ei, Herakles, sag', die Gewaltigsten sind Und die Sieger doch immer die Schönen?" "Ach, Omphale, ja, die Gewaltigsten sind Und die Sieger wohl immer die Schönen, Doch stärker bedünkt mich die Göttin zu sein, Die uns lehret das träge Gewöhnen!" "O schweig, mein Trauter, und küß mir den Mund, Du wolltest ja sein mein Sclave, Ruh' aus bei mir von dem weibischen Dienst Und freue dich wieder der Strafe!" Es duften die lydischen Myrthen so heiß, So heiß auch die lydischen Rosen, Und es läß't sich, von Neuem gefangen in's Joch, Vom Weibe der Wackere kosen . . . . Und herzlos ist doch die Schöne zumal Und spielet doch nur mit dem Lieben, Kalt lächelnd, als Herakles einst ihr gestand: "Mich hat nur die Liebe getrieben!" "Aus Liebe nur hab ich an dich mich verkauft, Aus Liebe zum Sclaven verdungen" -- Zu straff nicht, Herrin, ziehe das Band, Gar leicht ist die Kette gesprungen . . . . . Oscar Linke. Und das Hündchen erhebt ſich und ſchmieget ſich hin Zu den Füßen des üppigen Weibes, Und küßt ihr die Hand und ein Beben durchzieht Die Glieder des üppigen Leibes. Und ſie wirft ſich ein Fell um den blendenden Hals, Um die Bruſt, um die Schulter, die nackten, Das Fell des nemeïſchen Löwen, den einſt Zwei Hände zerdrückten und packten. Dann greift nach der Keule die zierliche Hand, Und Omphale fragt ihn mit Höhnen: „Ei, Herakles, ſag’, die Gewaltigſten ſind Und die Sieger doch immer die Schönen?“ „Ach, Omphale, ja, die Gewaltigſten ſind Und die Sieger wohl immer die Schönen, Doch ſtärker bedünkt mich die Göttin zu ſein, Die uns lehret das träge Gewöhnen!“ „O ſchweig, mein Trauter, und küß mir den Mund, Du wollteſt ja ſein mein Sclave, Ruh’ aus bei mir von dem weibiſchen Dienſt Und freue dich wieder der Strafe!“ Es duften die lydiſchen Myrthen ſo heiß, So heiß auch die lydiſchen Roſen, Und es läß’t ſich, von Neuem gefangen in’s Joch, Vom Weibe der Wackere koſen . . . . Und herzlos iſt doch die Schöne zumal Und ſpielet doch nur mit dem Lieben, Kalt lächelnd, als Herakles einſt ihr geſtand: „Mich hat nur die Liebe getrieben!“ „Aus Liebe nur hab ich an dich mich verkauft, Aus Liebe zum Sclaven verdungen“ — Zu ſtraff nicht, Herrin, ziehe das Band, Gar leicht iſt die Kette geſprungen . . . . . <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0056" n="38"/> <fw place="top" type="header">Oscar Linke.</fw><lb/> <lg n="9"> <l>Und das Hündchen erhebt ſich und ſchmieget ſich hin</l><lb/> <l>Zu den Füßen des üppigen Weibes,</l><lb/> <l>Und küßt ihr die Hand und ein Beben durchzieht</l><lb/> <l>Die Glieder des üppigen Leibes.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Und ſie wirft ſich ein Fell um den blendenden Hals,</l><lb/> <l>Um die Bruſt, um die Schulter, die nackten,</l><lb/> <l>Das Fell des neme<hi rendition="#aq">ï</hi>ſchen Löwen, den einſt</l><lb/> <l>Zwei Hände zerdrückten und packten.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Dann greift nach der Keule die zierliche Hand,</l><lb/> <l>Und <hi rendition="#g">Omphale</hi> fragt ihn mit Höhnen:</l><lb/> <l>„Ei, <hi rendition="#g">Herakles</hi>, ſag’, die Gewaltigſten ſind</l><lb/> <l>Und die Sieger doch immer die Schönen?“</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>„Ach, Omphale, ja, die Gewaltigſten ſind</l><lb/> <l>Und die Sieger wohl immer die Schönen,</l><lb/> <l>Doch ſtärker bedünkt mich die Göttin zu ſein,</l><lb/> <l>Die uns lehret das <hi rendition="#g">träge Gewöhnen</hi>!“</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>„O ſchweig, mein Trauter, und küß mir den Mund,</l><lb/> <l>Du <hi rendition="#g">wollteſt</hi> ja ſein mein Sclave,</l><lb/> <l>Ruh’ aus bei mir von dem weibiſchen Dienſt</l><lb/> <l>Und freue dich wieder der Strafe!“</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Es duften die lydiſchen Myrthen ſo heiß,</l><lb/> <l>So heiß auch die lydiſchen Roſen,</l><lb/> <l>Und es läß’t ſich, von Neuem gefangen in’s Joch,</l><lb/> <l>Vom Weibe der Wackere koſen . . . .</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Und herzlos iſt doch die Schöne zumal</l><lb/> <l>Und ſpielet doch nur mit dem Lieben,</l><lb/> <l>Kalt lächelnd, als Herakles einſt ihr geſtand:</l><lb/> <l>„Mich hat nur die Liebe getrieben!“</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>„Aus Liebe nur hab ich an dich mich verkauft,</l><lb/> <l>Aus Liebe zum Sclaven verdungen“ —</l><lb/> <l>Zu ſtraff nicht, Herrin, ziehe das Band,</l><lb/> <l>Gar leicht iſt die Kette geſprungen . . . . .</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0056]
Oscar Linke.
Und das Hündchen erhebt ſich und ſchmieget ſich hin
Zu den Füßen des üppigen Weibes,
Und küßt ihr die Hand und ein Beben durchzieht
Die Glieder des üppigen Leibes.
Und ſie wirft ſich ein Fell um den blendenden Hals,
Um die Bruſt, um die Schulter, die nackten,
Das Fell des nemeïſchen Löwen, den einſt
Zwei Hände zerdrückten und packten.
Dann greift nach der Keule die zierliche Hand,
Und Omphale fragt ihn mit Höhnen:
„Ei, Herakles, ſag’, die Gewaltigſten ſind
Und die Sieger doch immer die Schönen?“
„Ach, Omphale, ja, die Gewaltigſten ſind
Und die Sieger wohl immer die Schönen,
Doch ſtärker bedünkt mich die Göttin zu ſein,
Die uns lehret das träge Gewöhnen!“
„O ſchweig, mein Trauter, und küß mir den Mund,
Du wollteſt ja ſein mein Sclave,
Ruh’ aus bei mir von dem weibiſchen Dienſt
Und freue dich wieder der Strafe!“
Es duften die lydiſchen Myrthen ſo heiß,
So heiß auch die lydiſchen Roſen,
Und es läß’t ſich, von Neuem gefangen in’s Joch,
Vom Weibe der Wackere koſen . . . .
Und herzlos iſt doch die Schöne zumal
Und ſpielet doch nur mit dem Lieben,
Kalt lächelnd, als Herakles einſt ihr geſtand:
„Mich hat nur die Liebe getrieben!“
„Aus Liebe nur hab ich an dich mich verkauft,
Aus Liebe zum Sclaven verdungen“ —
Zu ſtraff nicht, Herrin, ziehe das Band,
Gar leicht iſt die Kette geſprungen . . . . .
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