Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnds, Wilhelm Erasmus: Eines zehen-jährigen Knabens Christlieb Leberecht von Exter/ aus Zerbst/ Christlich geführter Lebens-Lauff. Halle (Saale), 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

Lebens-Lauff.
all mit Vermahnungen/ Straffen/ Leh-
ren und Beten geschäfftig/ und in die-
sem allen harmonirte sein Leben.

Sonderlich ist merckwürdig/ daß er
in der von GOtt empfangenen Erkänt-
niß von Widersprechenden/ in der Un-
wissenheit eiffernden und in der Welt
angesehenen Personen sich niemals
Scrupel machen lassen/ wie disfalls
sein ältester Bruder viel Anfechtung ge-
lidten. Sein Hertz war fest und unbe-
weglich/ und in der Schrifft war er so
mächtig/ daß man nur ihn zu fragen pfleg-
te/ wenn man wissen wolte/ wo etwa die-
ser oder jener Spruch stünde.

Auch hatte er die Lieder aus seinem
Gesangbuche so fleißig gesungen/ daß er
den Text von vielen fertig auswendig
konte/ und vorzusingen pflegte/ wenn
die Gesangbücher auf Reisen nicht bey
der Hand/ oder man auf den Eß-Altan
in dem Garten kein Licht des Abends
tragen wolte; auch hatte er die Blätter
dergestalt inne/ daß/ so offt ein Lied erweh-

let

Lebens-Lauff.
all mit Vermahnungen/ Straffen/ Leh-
ren und Beten geſchaͤfftig/ und in die-
ſem allen harmonirte ſein Leben.

Sonderlich iſt merckwuͤrdig/ daß er
in der von GOtt empfangenen Erkaͤnt-
niß von Widerſprechenden/ in der Un-
wiſſenheit eiffernden und in der Welt
angeſehenen Perſonen ſich niemals
Scrupel machen laſſen/ wie disfalls
ſein aͤlteſter Bruder viel Anfechtung ge-
lidten. Sein Hertz war feſt und unbe-
weglich/ und in der Schrifft war er ſo
maͤchtig/ daß man nur ihn zu fragen pfleg-
te/ wenn man wiſſen wolte/ wo etwa die-
ſer oder jener Spruch ſtuͤnde.

Auch hatte er die Lieder aus ſeinem
Geſangbuche ſo fleißig geſungen/ daß er
den Text von vielen fertig auswendig
konte/ und vorzuſingen pflegte/ wenn
die Geſangbuͤcher auf Reiſen nicht bey
der Hand/ oder man auf den Eß-Altan
in dem Garten kein Licht des Abends
tragen wolte; auch hatte er die Blaͤtter
dergeſtalt inne/ daß/ ſo offt ein Lied erweh-

let
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lebens-Lauff.</hi></fw><lb/>
all mit Vermahnungen/ Straffen/ Leh-<lb/>
ren und Beten ge&#x017F;cha&#x0364;fftig/ und in die-<lb/>
&#x017F;em allen <hi rendition="#aq">harmonir</hi>te &#x017F;ein Leben.</p><lb/>
        <p>Sonderlich i&#x017F;t merckwu&#x0364;rdig/ daß er<lb/>
in der von GOtt empfangenen Erka&#x0364;nt-<lb/>
niß von Wider&#x017F;prechenden/ in der Un-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;enheit eiffernden und in der Welt<lb/>
ange&#x017F;ehenen Per&#x017F;onen &#x017F;ich niemals<lb/>
Scrupel machen la&#x017F;&#x017F;en/ wie disfalls<lb/>
&#x017F;ein a&#x0364;lte&#x017F;ter Bruder viel Anfechtung ge-<lb/>
lidten. Sein Hertz war fe&#x017F;t und unbe-<lb/>
weglich/ und in der Schrifft war er &#x017F;o<lb/>
ma&#x0364;chtig/ daß man nur ihn zu fragen pfleg-<lb/>
te/ wenn man wi&#x017F;&#x017F;en wolte/ wo etwa die-<lb/>
&#x017F;er oder jener Spruch &#x017F;tu&#x0364;nde.</p><lb/>
        <p>Auch hatte er die Lieder aus &#x017F;einem<lb/>
Ge&#x017F;angbuche &#x017F;o fleißig ge&#x017F;ungen/ daß er<lb/>
den Text von vielen fertig auswendig<lb/>
konte/ und vorzu&#x017F;ingen pflegte/ wenn<lb/>
die Ge&#x017F;angbu&#x0364;cher auf Rei&#x017F;en nicht bey<lb/>
der Hand/ oder man auf den Eß-Altan<lb/>
in dem Garten kein Licht des Abends<lb/>
tragen wolte; auch hatte er die Bla&#x0364;tter<lb/>
derge&#x017F;talt inne/ daß/ &#x017F;o offt ein Lied erweh-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">let</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0064] Lebens-Lauff. all mit Vermahnungen/ Straffen/ Leh- ren und Beten geſchaͤfftig/ und in die- ſem allen harmonirte ſein Leben. Sonderlich iſt merckwuͤrdig/ daß er in der von GOtt empfangenen Erkaͤnt- niß von Widerſprechenden/ in der Un- wiſſenheit eiffernden und in der Welt angeſehenen Perſonen ſich niemals Scrupel machen laſſen/ wie disfalls ſein aͤlteſter Bruder viel Anfechtung ge- lidten. Sein Hertz war feſt und unbe- weglich/ und in der Schrifft war er ſo maͤchtig/ daß man nur ihn zu fragen pfleg- te/ wenn man wiſſen wolte/ wo etwa die- ſer oder jener Spruch ſtuͤnde. Auch hatte er die Lieder aus ſeinem Geſangbuche ſo fleißig geſungen/ daß er den Text von vielen fertig auswendig konte/ und vorzuſingen pflegte/ wenn die Geſangbuͤcher auf Reiſen nicht bey der Hand/ oder man auf den Eß-Altan in dem Garten kein Licht des Abends tragen wolte; auch hatte er die Blaͤtter dergeſtalt inne/ daß/ ſo offt ein Lied erweh- let

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arends_exter_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arends_exter_1708/64
Zitationshilfe: Arnds, Wilhelm Erasmus: Eines zehen-jährigen Knabens Christlieb Leberecht von Exter/ aus Zerbst/ Christlich geführter Lebens-Lauff. Halle (Saale), 1708, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arends_exter_1708/64>, abgerufen am 02.05.2024.