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Anzengruber, Ludwig: Der G'wissenswurm. Wien, 1874.

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ich's g'sagt. Aber ich muß's wissen, daß mir einwendig wohler
is, die Seel is mir g'sünder wie jemal.
Dusterer. Dös gab der liebe Herrgott, aber leicht is dös
Ganze nur a hoffahrtig Einbildung von Dir
(erhebt sich wie oben.)
Grillhofer, weißt warum Dir net besser is? (Schenkt ein.)
Grillhofer. Wutß's net.
Dusterer. Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt. (Setzt sich und
trinkt aus.)
Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt.
Grillhofer. Dös wußt ich a net.
Dusterer. Grillhofer, glaub mir, wann i Dir was sag!
Dir fehlt die Bußhaftigkeit!
Grillhofer. Möcht wissen warum.
Dusterer. So, so -- beispielmäßig laß Dir sag'n, es is
a Unterschied zwischen Frummheit und Frummheit und Reu-
haftigkeit und Reuhaftigkeit, wie zwischen m'Rosolie und
m'Wachholder, der Eine is zur Hochfahrt, der Andere warmt
Ein'm s'Einwendige.
(Erhebt sich wie oben.) Grillhofer, es steht
geschrieben, wer mir nachfolgen will --
Grillhofer. Der nehme sein Kreuz auf sich.
Dusterer. Nein.
Grillhofer. Was na? Nachher nöt.
Dusterer. Das heißt, so steht wol a g'schrieb'n, aber so
mein' ich net, s'Kreuz hast schon auf Dir. Aber es steht ferner
geschrieben, wenn Du mir willst nachfolgen so wirf Dein Gut
in's Meer.
Grillhofer. Tragst du mein Hof auf'm Buckel hin bis
zum Meer?
Dusterer. Ins Meer und theile es mit den Armen.
(Setzt sich und trinkt aus.)
Grillhofer. So kann net g'schrieben stehn!
Dusterer. Warum?
Grillhofer. Wann ich's in's Meer wirf, krieg'ns ja die
Fisch und net dö Armen.
Dusterer (erhebt sich wieder). Aber es steht doch so geschrieben.
Grillhofer. Wird doch kein Unsinn g'schrieb'n steh'n?!
Dusterer. Und warum net, Grillhofer? Glaub mir, wann
ich Dir was sag. Es steht geschrieben!
Grillhofer. Na da mach' Du a Nutzanwendung d'rauf,
ich bin mir z'dumm dazu.

ich’s g’ſagt. Aber ich muß’s wiſſen, daß mir einwendig wohler
is, die Seel is mir g’ſünder wie jemal.
Duſterer. Dös gab der liebe Herrgott, aber leicht is dös
Ganze nur a hoffahrtig Einbildung von Dir
(erhebt ſich wie oben.)
Grillhofer, weißt warum Dir net beſſer is? (Schenkt ein.)
Grillhofer. Wutß’s net.
Duſterer. Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt. (Setzt ſich und
trinkt aus.)
Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt.
Grillhofer. Dös wußt ich a net.
Duſterer. Grillhofer, glaub mir, wann i Dir was ſag!
Dir fehlt die Bußhaftigkeit!
Grillhofer. Möcht wiſſen warum.
Duſterer. So, ſo — beiſpielmäßig laß Dir ſag’n, es is
a Unterſchied zwiſchen Frummheit und Frummheit und Reu-
haftigkeit und Reuhaftigkeit, wie zwiſchen m’Roſolie und
m’Wachholder, der Eine is zur Hochfahrt, der Andere warmt
Ein’m s’Einwendige.
(Erhebt ſich wie oben.) Grillhofer, es ſteht
geſchrieben, wer mir nachfolgen will —
Grillhofer. Der nehme ſein Kreuz auf ſich.
Duſterer. Nein.
Grillhofer. Was na? Nachher nöt.
Duſterer. Das heißt, ſo ſteht wol a g’ſchrieb’n, aber ſo
mein’ ich net, s’Kreuz haſt ſchon auf Dir. Aber es ſteht ferner
geſchrieben, wenn Du mir willſt nachfolgen ſo wirf Dein Gut
in’s Meer.
Grillhofer. Tragſt du mein Hof auf’m Buckel hin bis
zum Meer?
Duſterer. Ins Meer und theile es mit den Armen.
(Setzt ſich und trinkt aus.)
Grillhofer. So kann net g’ſchrieben ſtehn!
Duſterer. Warum?
Grillhofer. Wann ich’s in’s Meer wirf, krieg’ns ja die
Fiſch und net dö Armen.
Duſterer (erhebt ſich wieder). Aber es ſteht doch ſo geſchrieben.
Grillhofer. Wird doch kein Unſinn g’ſchrieb’n ſteh’n?!
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ich Dir was ſag. Es ſteht geſchrieben!
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[14/0022] ich’s g’ſagt. Aber ich muß’s wiſſen, daß mir einwendig wohler is, die Seel is mir g’ſünder wie jemal. Duſterer. Dös gab der liebe Herrgott, aber leicht is dös Ganze nur a hoffahrtig Einbildung von Dir (erhebt ſich wie oben.) Grillhofer, weißt warum Dir net beſſer is? (Schenkt ein.) Grillhofer. Wutß’s net. Duſterer. Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt. (Setzt ſich und trinkt aus.) Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt. Grillhofer. Dös wußt ich a net. Duſterer. Grillhofer, glaub mir, wann i Dir was ſag! Dir fehlt die Bußhaftigkeit! Grillhofer. Möcht wiſſen warum. Duſterer. So, ſo — beiſpielmäßig laß Dir ſag’n, es is a Unterſchied zwiſchen Frummheit und Frummheit und Reu- haftigkeit und Reuhaftigkeit, wie zwiſchen m’Roſolie und m’Wachholder, der Eine is zur Hochfahrt, der Andere warmt Ein’m s’Einwendige. (Erhebt ſich wie oben.) Grillhofer, es ſteht geſchrieben, wer mir nachfolgen will — Grillhofer. Der nehme ſein Kreuz auf ſich. Duſterer. Nein. Grillhofer. Was na? Nachher nöt. Duſterer. Das heißt, ſo ſteht wol a g’ſchrieb’n, aber ſo mein’ ich net, s’Kreuz haſt ſchon auf Dir. Aber es ſteht ferner geſchrieben, wenn Du mir willſt nachfolgen ſo wirf Dein Gut in’s Meer. Grillhofer. Tragſt du mein Hof auf’m Buckel hin bis zum Meer? Duſterer. Ins Meer und theile es mit den Armen. (Setzt ſich und trinkt aus.) Grillhofer. So kann net g’ſchrieben ſtehn! Duſterer. Warum? Grillhofer. Wann ich’s in’s Meer wirf, krieg’ns ja die Fiſch und net dö Armen. Duſterer (erhebt ſich wieder). Aber es ſteht doch ſo geſchrieben. Grillhofer. Wird doch kein Unſinn g’ſchrieb’n ſteh’n?! Duſterer. Und warum net, Grillhofer? Glaub mir, wann ich Dir was ſag. Es ſteht geſchrieben! Grillhofer. Na da mach’ Du a Nutzanwendung d’rauf, ich bin mir z’dumm dazu.

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Zitationshilfe: Anzengruber, Ludwig: Der G'wissenswurm. Wien, 1874, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anzengruber_gwissenswurm_1874/22>, abgerufen am 28.03.2024.