Trotz dieser bekannten und für noch größer als wirklich gehaltenen Gefahr, drängtsich ein Babington, ein Tischburn nach dem Andern um die Lockspeise, und man könnte einen tiefen psychologischen Zug der Natur und des Reizes der Gefahr hierin erkennen, wenn nicht der Reiz des Wohlgeschmacks die Sache einfacher erklärte.
Ein eigener Brauch herrscht allenthalben in Beziehung auf die viel, viel tiefer stehenden Bücklinge. Man glaubt nämlich, sie mit Butter- und Eiergebäck auftragen und essen zu müssen. Es liegt hier eine dunkle Ahnung des geforderten Gegensatzes zu Grunde; -- aber welche Wahl! Sie sind in dieser Ver- bindung kaum zu verdauen, und zart geröstete Kartoffel oder dergleichen bilden in jedem Betracht einen entsprechenderen Gegensatz. Ich erwähne dieß, weil sie viele Liebhaber zählen, die sich in der Regel den Magen damit verderben. Uebrigens schmecken sie roh und trocken nicht gerade schlecht, obschon etwas sehr hölzern; vertragen aber, auf diese Art genossen, um so eher einen guten Trunk.
Ich habe bereits vorhin der Forellen nach Verdienst rüh- mend gedacht, ohne deßhalb, wie die meisten diätetischen Schrift- steller, sie an die Spitze ihrer Classe stellen zu wollen. Ein Hecht ist allerdings keine Forelle, wie umgekehrt; aber er ist gleichen Ranges. Ich habe oft gehört, wie Gäste sich beklagten, wenn sie statt Forellen -- wie sie sagten nur Hechte bekamen. Warum denn: nur? --
Doch ist bereits von Fischen, Stocksischen etc. im Verlaufe der Vorlesungen so oft schon die Rede gewesen, daß ich mich billig darauf beschränke, nur noch die Namen folgender zur an- genehmen Reminiscenz meinem sehr verehrten Auditorium zu vergegenwärtigen: Welse -- Rochen -- Karpfen -- Lachse -- Schellfische -- Schollen -- Meerbarben -- Seehähne -- Knurrhähne -- Lippfische -- Meerbrassen (Seebrachsen) -- große und kleine Makrelen -- Barsche. --
Trotz dieſer bekannten und fuͤr noch groͤßer als wirklich gehaltenen Gefahr, draͤngtſich ein Babington, ein Tiſchburn nach dem Andern um die Lockſpeiſe, und man koͤnnte einen tiefen pſychologiſchen Zug der Natur und des Reizes der Gefahr hierin erkennen, wenn nicht der Reiz des Wohlgeſchmacks die Sache einfacher erklaͤrte.
Ein eigener Brauch herrſcht allenthalben in Beziehung auf die viel, viel tiefer ſtehenden Buͤcklinge. Man glaubt naͤmlich, ſie mit Butter- und Eiergebaͤck auftragen und eſſen zu muͤſſen. Es liegt hier eine dunkle Ahnung des geforderten Gegenſatzes zu Grunde; — aber welche Wahl! Sie ſind in dieſer Ver- bindung kaum zu verdauen, und zart geroͤſtete Kartoffel oder dergleichen bilden in jedem Betracht einen entſprechenderen Gegenſatz. Ich erwaͤhne dieß, weil ſie viele Liebhaber zaͤhlen, die ſich in der Regel den Magen damit verderben. Uebrigens ſchmecken ſie roh und trocken nicht gerade ſchlecht, obſchon etwas ſehr hoͤlzern; vertragen aber, auf dieſe Art genoſſen, um ſo eher einen guten Trunk.
Ich habe bereits vorhin der Forellen nach Verdienſt ruͤh- mend gedacht, ohne deßhalb, wie die meiſten diaͤtetiſchen Schrift- ſteller, ſie an die Spitze ihrer Claſſe ſtellen zu wollen. Ein Hecht iſt allerdings keine Forelle, wie umgekehrt; aber er iſt gleichen Ranges. Ich habe oft gehoͤrt, wie Gaͤſte ſich beklagten, wenn ſie ſtatt Forellen — wie ſie ſagten nur Hechte bekamen. Warum denn: nur? —
Doch iſt bereits von Fiſchen, Stockſiſchen ꝛc. im Verlaufe der Vorleſungen ſo oft ſchon die Rede geweſen, daß ich mich billig darauf beſchraͤnke, nur noch die Namen folgender zur an- genehmen Reminiscenz meinem ſehr verehrten Auditorium zu vergegenwaͤrtigen: Welſe — Rochen — Karpfen — Lachſe — Schellfiſche — Schollen — Meerbarben — Seehaͤhne — Knurrhaͤhne — Lippfiſche — Meerbraſſen (Seebrachſen) — große und kleine Makrelen — Barſche. —
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0251"n="237"/><p>Trotz dieſer bekannten und fuͤr noch groͤßer als wirklich<lb/>
gehaltenen Gefahr, draͤngtſich ein <hirendition="#g">Babington</hi>, ein <hirendition="#g">Tiſchburn</hi><lb/>
nach dem Andern um die Lockſpeiſe, und man koͤnnte einen<lb/>
tiefen pſychologiſchen Zug der Natur und des Reizes der Gefahr<lb/>
hierin erkennen, wenn nicht der Reiz des Wohlgeſchmacks die<lb/>
Sache einfacher erklaͤrte.</p><lb/><p>Ein eigener Brauch herrſcht allenthalben in Beziehung auf<lb/>
die viel, viel tiefer ſtehenden Buͤcklinge. Man glaubt naͤmlich,<lb/>ſie mit Butter- und Eiergebaͤck auftragen und eſſen zu muͤſſen.<lb/>
Es liegt hier eine dunkle Ahnung des geforderten Gegenſatzes<lb/>
zu Grunde; — aber welche Wahl! Sie ſind in dieſer Ver-<lb/>
bindung kaum zu verdauen, und zart geroͤſtete Kartoffel oder<lb/>
dergleichen bilden in jedem Betracht einen entſprechenderen<lb/>
Gegenſatz. Ich erwaͤhne dieß, weil ſie viele Liebhaber zaͤhlen,<lb/>
die ſich in der Regel den Magen damit verderben. Uebrigens<lb/>ſchmecken ſie roh und trocken nicht gerade ſchlecht, obſchon etwas<lb/>ſehr hoͤlzern; vertragen aber, auf dieſe Art genoſſen, um ſo<lb/>
eher einen guten Trunk.</p><lb/><p>Ich habe bereits vorhin der Forellen nach Verdienſt ruͤh-<lb/>
mend gedacht, ohne deßhalb, wie die meiſten diaͤtetiſchen Schrift-<lb/>ſteller, ſie an die Spitze ihrer Claſſe ſtellen zu wollen. Ein<lb/>
Hecht iſt allerdings keine Forelle, wie umgekehrt; aber er iſt<lb/>
gleichen Ranges. Ich habe oft gehoͤrt, wie Gaͤſte ſich beklagten,<lb/>
wenn ſie ſtatt Forellen — wie ſie ſagten nur Hechte bekamen.<lb/>
Warum denn: <hirendition="#g">nur</hi>? —</p><lb/><p>Doch iſt bereits von Fiſchen, Stockſiſchen ꝛc. im Verlaufe<lb/>
der Vorleſungen ſo oft ſchon die Rede geweſen, daß ich mich<lb/>
billig darauf beſchraͤnke, nur noch die Namen folgender zur an-<lb/>
genehmen Reminiscenz meinem ſehr verehrten Auditorium zu<lb/>
vergegenwaͤrtigen: Welſe — Rochen — Karpfen — Lachſe —<lb/>
Schellfiſche — Schollen — Meerbarben — Seehaͤhne —<lb/>
Knurrhaͤhne — Lippfiſche — Meerbraſſen (Seebrachſen) —<lb/>
große und kleine Makrelen — Barſche. —</p><lb/></div></body></text></TEI>
[237/0251]
Trotz dieſer bekannten und fuͤr noch groͤßer als wirklich
gehaltenen Gefahr, draͤngtſich ein Babington, ein Tiſchburn
nach dem Andern um die Lockſpeiſe, und man koͤnnte einen
tiefen pſychologiſchen Zug der Natur und des Reizes der Gefahr
hierin erkennen, wenn nicht der Reiz des Wohlgeſchmacks die
Sache einfacher erklaͤrte.
Ein eigener Brauch herrſcht allenthalben in Beziehung auf
die viel, viel tiefer ſtehenden Buͤcklinge. Man glaubt naͤmlich,
ſie mit Butter- und Eiergebaͤck auftragen und eſſen zu muͤſſen.
Es liegt hier eine dunkle Ahnung des geforderten Gegenſatzes
zu Grunde; — aber welche Wahl! Sie ſind in dieſer Ver-
bindung kaum zu verdauen, und zart geroͤſtete Kartoffel oder
dergleichen bilden in jedem Betracht einen entſprechenderen
Gegenſatz. Ich erwaͤhne dieß, weil ſie viele Liebhaber zaͤhlen,
die ſich in der Regel den Magen damit verderben. Uebrigens
ſchmecken ſie roh und trocken nicht gerade ſchlecht, obſchon etwas
ſehr hoͤlzern; vertragen aber, auf dieſe Art genoſſen, um ſo
eher einen guten Trunk.
Ich habe bereits vorhin der Forellen nach Verdienſt ruͤh-
mend gedacht, ohne deßhalb, wie die meiſten diaͤtetiſchen Schrift-
ſteller, ſie an die Spitze ihrer Claſſe ſtellen zu wollen. Ein
Hecht iſt allerdings keine Forelle, wie umgekehrt; aber er iſt
gleichen Ranges. Ich habe oft gehoͤrt, wie Gaͤſte ſich beklagten,
wenn ſie ſtatt Forellen — wie ſie ſagten nur Hechte bekamen.
Warum denn: nur? —
Doch iſt bereits von Fiſchen, Stockſiſchen ꝛc. im Verlaufe
der Vorleſungen ſo oft ſchon die Rede geweſen, daß ich mich
billig darauf beſchraͤnke, nur noch die Namen folgender zur an-
genehmen Reminiscenz meinem ſehr verehrten Auditorium zu
vergegenwaͤrtigen: Welſe — Rochen — Karpfen — Lachſe —
Schellfiſche — Schollen — Meerbarben — Seehaͤhne —
Knurrhaͤhne — Lippfiſche — Meerbraſſen (Seebrachſen) —
große und kleine Makrelen — Barſche. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/251>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.