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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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dem Lammfleisch vor, von dem auch Galen glaubt, es tauge
weniger, denn es sei humida, lentoremque ac macorem in se
habens.
Allerdings taugt ein altes mageres Schaaf nichts;
wie aber ist's mit einem jungen, runden, schneeweißen Schäf-
chen? -- Man hat das Schaaf wild machen wollen, es auf
Wildpretart zugerichtet, ja betrügerische Wirthe geben es wohl für
Rehbraten aus. Es schmeckt aber auch nach allem Andern eher,
als nach Wildpret, da der idyllisch sanfte Charakter des Schaafs
aller Wildheit vom Hause aus widerstrebt. Dasselbe gilt vom
zahmen Kaninchen.

Dagegen will Wildpret mortifizirend und beitzend behan-
delt sein. Doch wär's überflüssig, die Jedem bekannten wonne-
vollen Genüsse, die wir Hirschen, Rehen und Haasen verdan-
ken, eigens zu besprechen. Mit Recht dürfen aus forstpolizei-
lichen Gründen die zarten Gattinnen der genannten geweih-
tragenden edlen Thiere nicht geschossen werden. Trotz dem kommt
dieß aus allerlei Ursachen bekanntlich nicht gar zu selten vor.
Kann man auf diese Art eine Rehgais, eine Hirschkuh etc. be-
kommen, so versäume man ja nicht, davon zu profitiren. Es
ist köstlich! -- Zu den individuellen Geschmacksangelegenhei-
ten gehört es wohl, daß Manche Rehleber für so besonders wohl-
schmeckend halten.

Hab' ich nun noch Eichhörnchen und Gemsen genannt,
so sind so ziemlich alle Eßbarkeiten beisammen, die wir aus der
Classe der Säugthiere nehmen. Denn junge Kameele und
Dromedare, Antilopen, Rennthiere, Bisamochsen, Murmelthiere,
Affen, Faulthiere, Armadille, Beutelthiere, Känguruhs, Tapire,
Elephanten, Flußpferde und Seekühe, Löwen, Bären, beson-
ders die delikaten Bärentatzen, Eisbären, Otahitische Hunde,
Robben, Walrosse, Walfische u. a., womit andere Nationen
ihren Eßschatz bereichern können, sind leider bei uns kaum auf-
zutreiben. Vom Elephanten bemerke ich noch, daß, laut Nach-
richten aus Genf, wo neulich einer erschossen und verspeist

dem Lammfleiſch vor, von dem auch Galen glaubt, es tauge
weniger, denn es ſei humida, lentoremque ac macorem in se
habens.
Allerdings taugt ein altes mageres Schaaf nichts;
wie aber iſt’s mit einem jungen, runden, ſchneeweißen Schaͤf-
chen? — Man hat das Schaaf wild machen wollen, es auf
Wildpretart zugerichtet, ja betruͤgeriſche Wirthe geben es wohl fuͤr
Rehbraten aus. Es ſchmeckt aber auch nach allem Andern eher,
als nach Wildpret, da der idylliſch ſanfte Charakter des Schaafs
aller Wildheit vom Hauſe aus widerſtrebt. Daſſelbe gilt vom
zahmen Kaninchen.

Dagegen will Wildpret mortifizirend und beitzend behan-
delt ſein. Doch waͤr’s uͤberfluͤſſig, die Jedem bekannten wonne-
vollen Genuͤſſe, die wir Hirſchen, Rehen und Haaſen verdan-
ken, eigens zu beſprechen. Mit Recht duͤrfen aus forſtpolizei-
lichen Gruͤnden die zarten Gattinnen der genannten geweih-
tragenden edlen Thiere nicht geſchoſſen werden. Trotz dem kommt
dieß aus allerlei Urſachen bekanntlich nicht gar zu ſelten vor.
Kann man auf dieſe Art eine Rehgais, eine Hirſchkuh ꝛc. be-
kommen, ſo verſaͤume man ja nicht, davon zu profitiren. Es
iſt koͤſtlich! — Zu den individuellen Geſchmacksangelegenhei-
ten gehoͤrt es wohl, daß Manche Rehleber fuͤr ſo beſonders wohl-
ſchmeckend halten.

Hab’ ich nun noch Eichhoͤrnchen und Gemſen genannt,
ſo ſind ſo ziemlich alle Eßbarkeiten beiſammen, die wir aus der
Claſſe der Saͤugthiere nehmen. Denn junge Kameele und
Dromedare, Antilopen, Rennthiere, Biſamochſen, Murmelthiere,
Affen, Faulthiere, Armadille, Beutelthiere, Kaͤnguruhs, Tapire,
Elephanten, Flußpferde und Seekuͤhe, Loͤwen, Baͤren, beſon-
ders die delikaten Baͤrentatzen, Eisbaͤren, Otahïtiſche Hunde,
Robben, Walroſſe, Walfiſche u. a., womit andere Nationen
ihren Eßſchatz bereichern koͤnnen, ſind leider bei uns kaum auf-
zutreiben. Vom Elephanten bemerke ich noch, daß, laut Nach-
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[230/0244] dem Lammfleiſch vor, von dem auch Galen glaubt, es tauge weniger, denn es ſei humida, lentoremque ac macorem in se habens. Allerdings taugt ein altes mageres Schaaf nichts; wie aber iſt’s mit einem jungen, runden, ſchneeweißen Schaͤf- chen? — Man hat das Schaaf wild machen wollen, es auf Wildpretart zugerichtet, ja betruͤgeriſche Wirthe geben es wohl fuͤr Rehbraten aus. Es ſchmeckt aber auch nach allem Andern eher, als nach Wildpret, da der idylliſch ſanfte Charakter des Schaafs aller Wildheit vom Hauſe aus widerſtrebt. Daſſelbe gilt vom zahmen Kaninchen. Dagegen will Wildpret mortifizirend und beitzend behan- delt ſein. Doch waͤr’s uͤberfluͤſſig, die Jedem bekannten wonne- vollen Genuͤſſe, die wir Hirſchen, Rehen und Haaſen verdan- ken, eigens zu beſprechen. Mit Recht duͤrfen aus forſtpolizei- lichen Gruͤnden die zarten Gattinnen der genannten geweih- tragenden edlen Thiere nicht geſchoſſen werden. Trotz dem kommt dieß aus allerlei Urſachen bekanntlich nicht gar zu ſelten vor. Kann man auf dieſe Art eine Rehgais, eine Hirſchkuh ꝛc. be- kommen, ſo verſaͤume man ja nicht, davon zu profitiren. Es iſt koͤſtlich! — Zu den individuellen Geſchmacksangelegenhei- ten gehoͤrt es wohl, daß Manche Rehleber fuͤr ſo beſonders wohl- ſchmeckend halten. Hab’ ich nun noch Eichhoͤrnchen und Gemſen genannt, ſo ſind ſo ziemlich alle Eßbarkeiten beiſammen, die wir aus der Claſſe der Saͤugthiere nehmen. Denn junge Kameele und Dromedare, Antilopen, Rennthiere, Biſamochſen, Murmelthiere, Affen, Faulthiere, Armadille, Beutelthiere, Kaͤnguruhs, Tapire, Elephanten, Flußpferde und Seekuͤhe, Loͤwen, Baͤren, beſon- ders die delikaten Baͤrentatzen, Eisbaͤren, Otahïtiſche Hunde, Robben, Walroſſe, Walfiſche u. a., womit andere Nationen ihren Eßſchatz bereichern koͤnnen, ſind leider bei uns kaum auf- zutreiben. Vom Elephanten bemerke ich noch, daß, laut Nach- richten aus Genf, wo neulich einer erſchoſſen und verſpeiſt

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/244>, abgerufen am 22.11.2024.