Blos ein Nichteßkünstler wird die vorgetragenen Be- merkungen für unwichtige Nebensachen halten; sie sind nichts weniger, obschon das Essen selbst unbestritten die Hauptsache bleibt. Davon nachher!
Es ist Zeit, vom Einladen der Gäste zu sprechen, welches vielleicht schon früher hätte geschehen sollen.
Mit Uebergehung alles ganz Bekannten und Trivialen, welches ich überhaupt nach Kräften und Möglichkeit, und wo nicht höhere Zwecke darauf Rücksicht zu nehmen fordern, liegen lasse, welches sich überdieß am allerwenigsten gerade für diese Vorlesung eignete, obschon für die vorige, erlaube ich mir nur zu bemerken, daß Einladungskarten zu Gastmählern sich sehr schön ausnehmen würden, wenn sie mit Emblemen und Arabesken verziert wären, die in andeutenden Beziehungen zu den zu erwartenden Speisen ständen. Man würde wohl mit einem Dutzend verschiedener Muster ausreichen, die vielleicht auch die betreffenden Monatshieroglyphen enthalten dürften.
Welch' liebenswürdiger Anblick! nicht blos mit süßer Er- wartung des Bevorstehenden zu betrachten, sondern auch die schönsten Erinnerungen zu vergegenwärtigen geeignet. -- Da es Sitte ist, erhaltene Visitenkarten an den Spiegel zu stecken, um Besuchenden auf verblümte Art zu verstehen zu geben, mit welch' ansehnlichen Personen man verkehre, -- die, worauf keine Wappen oder Titel stehen, wirst man billig weg -- so würden sowohl zu dieser Absicht, als überhaupt solche ange- nehm und geschmackvoll verzierte Einladungskarten zur Schau aufgesteckt, die Blicke besonders auf sich ziehen und auch auf Andere den erfreulichsten mundwässerndsten Eindruck machen.
Durch diese Karten würde der Eingeladene zugleich an- muthigst auf das vorbereitet, was er zu erwarten, worauf er sich zu freuen hat. Man ist mit Recht von der bescheiden prah- lenden Einladung "auf einen Löffel Suppe" zurückgekommen; man sollte auch die Unbestimmtheit und objektive Inhaltlosigkeit
Blos ein Nichteßkuͤnſtler wird die vorgetragenen Be- merkungen fuͤr unwichtige Nebenſachen halten; ſie ſind nichts weniger, obſchon das Eſſen ſelbſt unbeſtritten die Hauptſache bleibt. Davon nachher!
Es iſt Zeit, vom Einladen der Gaͤſte zu ſprechen, welches vielleicht ſchon fruͤher haͤtte geſchehen ſollen.
Mit Uebergehung alles ganz Bekannten und Trivialen, welches ich uͤberhaupt nach Kraͤften und Moͤglichkeit, und wo nicht hoͤhere Zwecke darauf Ruͤckſicht zu nehmen fordern, liegen laſſe, welches ſich uͤberdieß am allerwenigſten gerade fuͤr dieſe Vorleſung eignete, obſchon fuͤr die vorige, erlaube ich mir nur zu bemerken, daß Einladungskarten zu Gaſtmaͤhlern ſich ſehr ſchoͤn ausnehmen wuͤrden, wenn ſie mit Emblemen und Arabesken verziert waͤren, die in andeutenden Beziehungen zu den zu erwartenden Speiſen ſtaͤnden. Man wuͤrde wohl mit einem Dutzend verſchiedener Muſter ausreichen, die vielleicht auch die betreffenden Monatshieroglyphen enthalten duͤrften.
Welch’ liebenswuͤrdiger Anblick! nicht blos mit ſuͤßer Er- wartung des Bevorſtehenden zu betrachten, ſondern auch die ſchoͤnſten Erinnerungen zu vergegenwaͤrtigen geeignet. — Da es Sitte iſt, erhaltene Viſitenkarten an den Spiegel zu ſtecken, um Beſuchenden auf verbluͤmte Art zu verſtehen zu geben, mit welch’ anſehnlichen Perſonen man verkehre, — die, worauf keine Wappen oder Titel ſtehen, wirſt man billig weg — ſo wuͤrden ſowohl zu dieſer Abſicht, als uͤberhaupt ſolche ange- nehm und geſchmackvoll verzierte Einladungskarten zur Schau aufgeſteckt, die Blicke beſonders auf ſich ziehen und auch auf Andere den erfreulichſten mundwaͤſſerndſten Eindruck machen.
Durch dieſe Karten wuͤrde der Eingeladene zugleich an- muthigſt auf das vorbereitet, was er zu erwarten, worauf er ſich zu freuen hat. Man iſt mit Recht von der beſcheiden prah- lenden Einladung „auf einen Loͤffel Suppe“ zuruͤckgekommen; man ſollte auch die Unbeſtimmtheit und objektive Inhaltloſigkeit
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Blos ein Nichteßkuͤnſtler wird die vorgetragenen Be-
merkungen fuͤr unwichtige Nebenſachen halten; ſie ſind nichts
weniger, obſchon das Eſſen ſelbſt unbeſtritten die Hauptſache
bleibt. Davon nachher!
Es iſt Zeit, vom Einladen der Gaͤſte zu ſprechen, welches
vielleicht ſchon fruͤher haͤtte geſchehen ſollen.
Mit Uebergehung alles ganz Bekannten und Trivialen,
welches ich uͤberhaupt nach Kraͤften und Moͤglichkeit, und wo
nicht hoͤhere Zwecke darauf Ruͤckſicht zu nehmen fordern, liegen
laſſe, welches ſich uͤberdieß am allerwenigſten gerade fuͤr dieſe
Vorleſung eignete, obſchon fuͤr die vorige, erlaube ich mir
nur zu bemerken, daß Einladungskarten zu Gaſtmaͤhlern ſich
ſehr ſchoͤn ausnehmen wuͤrden, wenn ſie mit Emblemen und
Arabesken verziert waͤren, die in andeutenden Beziehungen zu
den zu erwartenden Speiſen ſtaͤnden. Man wuͤrde wohl mit
einem Dutzend verſchiedener Muſter ausreichen, die vielleicht
auch die betreffenden Monatshieroglyphen enthalten duͤrften.
Welch’ liebenswuͤrdiger Anblick! nicht blos mit ſuͤßer Er-
wartung des Bevorſtehenden zu betrachten, ſondern auch die
ſchoͤnſten Erinnerungen zu vergegenwaͤrtigen geeignet. — Da
es Sitte iſt, erhaltene Viſitenkarten an den Spiegel zu ſtecken,
um Beſuchenden auf verbluͤmte Art zu verſtehen zu geben, mit
welch’ anſehnlichen Perſonen man verkehre, — die, worauf
keine Wappen oder Titel ſtehen, wirſt man billig weg — ſo
wuͤrden ſowohl zu dieſer Abſicht, als uͤberhaupt ſolche ange-
nehm und geſchmackvoll verzierte Einladungskarten zur Schau
aufgeſteckt, die Blicke beſonders auf ſich ziehen und auch auf
Andere den erfreulichſten mundwaͤſſerndſten Eindruck machen.
Durch dieſe Karten wuͤrde der Eingeladene zugleich an-
muthigſt auf das vorbereitet, was er zu erwarten, worauf er
ſich zu freuen hat. Man iſt mit Recht von der beſcheiden prah-
lenden Einladung „auf einen Loͤffel Suppe“ zuruͤckgekommen;
man ſollte auch die Unbeſtimmtheit und objektive Inhaltloſigkeit
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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/220>, abgerufen am 16.02.2025.
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