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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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zweier Hände bedienen sich die Vielfräße. Nage nicht daran,
wie es die Hunde und Katzen machen. Sauge auch nicht
daran, daß es die Anwesenden hören, brich sie weder mit dem
Messer, noch anders womit entzwei; stoße sie auch nicht auf
den Teller, um das Mark davon zu bekommen: Sondern sei
zufrieden, wenn du allmählig das Fleisch davon geschnitten.
Alsdann lege sie vor dich auf dem Teller, und laß keines auf
die Erde fallen.

Merke anbei, daß du über der Mahlzeit nicht von guten
Lecker-Bißlein redest, noch die vorhandnen Speisen und Brühen
tadelst, welches ein offenbares Kennzeichen eines wollüstigen
Gemüthes und einer schlechten Auferziehung wäre." --

Sehr angenehm zu lesen sind die Eßregeln, welche Don
Quixote
seinem Sancho giebt, da dieser als Statthalter nach
seiner Insul abzieht, wobei besonders vom mit vollen Backen
Kauen und Eructiren die Rede ist.

Sowohl zur Ergänzung als Berichtigung des Angeführten
ist nun weiter zu bemerken:

Daß durch gute Erziehung, wie zu aller, so auch zur
Ausbildung des Eßkünstlers von vornherein das Ersprießlichste
zu leisten ist, wird niemand widerstreiten. Der zu hoch ge-
hängte Brodkorb wird viel weniger schaden, als das, leider so
häufige, Verzärteln, Verziehen, die Nachsicht gegen Gefräßig-
keit, Naschhaftigkeit und Leckerei. Dem ist mit Energie und
Consequenz vom Hause aus zu steuern, wenn der junge Mensch
nicht, oft für immer, zum wahren Eßkünstler verdorben wer-
den soll.

Doch muthe man auch den Kindern nicht gar zu viel
zu, vermeide zu schwere Versuchungen, denen auch Erwachsene
unterliegen würden, und sei doch nicht allzustrenge. Zur Be-
stätigung alles dessen kann ich einen traurigen Beitrag in fol-
gender tragischen Geschichte mittheilen.


zweier Haͤnde bedienen ſich die Vielfraͤße. Nage nicht daran,
wie es die Hunde und Katzen machen. Sauge auch nicht
daran, daß es die Anweſenden hoͤren, brich ſie weder mit dem
Meſſer, noch anders womit entzwei; ſtoße ſie auch nicht auf
den Teller, um das Mark davon zu bekommen: Sondern ſei
zufrieden, wenn du allmaͤhlig das Fleiſch davon geſchnitten.
Alsdann lege ſie vor dich auf dem Teller, und laß keines auf
die Erde fallen.

Merke anbei, daß du uͤber der Mahlzeit nicht von guten
Lecker-Bißlein redeſt, noch die vorhandnen Speiſen und Bruͤhen
tadelſt, welches ein offenbares Kennzeichen eines wolluͤſtigen
Gemuͤthes und einer ſchlechten Auferziehung waͤre.“ —

Sehr angenehm zu leſen ſind die Eßregeln, welche Don
Quixote
ſeinem Sancho giebt, da dieſer als Statthalter nach
ſeiner Inſul abzieht, wobei beſonders vom mit vollen Backen
Kauen und Eructiren die Rede iſt.

Sowohl zur Ergaͤnzung als Berichtigung des Angefuͤhrten
iſt nun weiter zu bemerken:

Daß durch gute Erziehung, wie zu aller, ſo auch zur
Ausbildung des Eßkuͤnſtlers von vornherein das Erſprießlichſte
zu leiſten iſt, wird niemand widerſtreiten. Der zu hoch ge-
haͤngte Brodkorb wird viel weniger ſchaden, als das, leider ſo
haͤufige, Verzaͤrteln, Verziehen, die Nachſicht gegen Gefraͤßig-
keit, Naſchhaftigkeit und Leckerei. Dem iſt mit Energie und
Conſequenz vom Hauſe aus zu ſteuern, wenn der junge Menſch
nicht, oft fuͤr immer, zum wahren Eßkuͤnſtler verdorben wer-
den ſoll.

Doch muthe man auch den Kindern nicht gar zu viel
zu, vermeide zu ſchwere Verſuchungen, denen auch Erwachſene
unterliegen wuͤrden, und ſei doch nicht allzuſtrenge. Zur Be-
ſtaͤtigung alles deſſen kann ich einen traurigen Beitrag in fol-
gender tragiſchen Geſchichte mittheilen.


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[178/0192] zweier Haͤnde bedienen ſich die Vielfraͤße. Nage nicht daran, wie es die Hunde und Katzen machen. Sauge auch nicht daran, daß es die Anweſenden hoͤren, brich ſie weder mit dem Meſſer, noch anders womit entzwei; ſtoße ſie auch nicht auf den Teller, um das Mark davon zu bekommen: Sondern ſei zufrieden, wenn du allmaͤhlig das Fleiſch davon geſchnitten. Alsdann lege ſie vor dich auf dem Teller, und laß keines auf die Erde fallen. Merke anbei, daß du uͤber der Mahlzeit nicht von guten Lecker-Bißlein redeſt, noch die vorhandnen Speiſen und Bruͤhen tadelſt, welches ein offenbares Kennzeichen eines wolluͤſtigen Gemuͤthes und einer ſchlechten Auferziehung waͤre.“ — Sehr angenehm zu leſen ſind die Eßregeln, welche Don Quixote ſeinem Sancho giebt, da dieſer als Statthalter nach ſeiner Inſul abzieht, wobei beſonders vom mit vollen Backen Kauen und Eructiren die Rede iſt. Sowohl zur Ergaͤnzung als Berichtigung des Angefuͤhrten iſt nun weiter zu bemerken: Daß durch gute Erziehung, wie zu aller, ſo auch zur Ausbildung des Eßkuͤnſtlers von vornherein das Erſprießlichſte zu leiſten iſt, wird niemand widerſtreiten. Der zu hoch ge- haͤngte Brodkorb wird viel weniger ſchaden, als das, leider ſo haͤufige, Verzaͤrteln, Verziehen, die Nachſicht gegen Gefraͤßig- keit, Naſchhaftigkeit und Leckerei. Dem iſt mit Energie und Conſequenz vom Hauſe aus zu ſteuern, wenn der junge Menſch nicht, oft fuͤr immer, zum wahren Eßkuͤnſtler verdorben wer- den ſoll. Doch muthe man auch den Kindern nicht gar zu viel zu, vermeide zu ſchwere Verſuchungen, denen auch Erwachſene unterliegen wuͤrden, und ſei doch nicht allzuſtrenge. Zur Be- ſtaͤtigung alles deſſen kann ich einen traurigen Beitrag in fol- gender tragiſchen Geſchichte mittheilen.

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/192>, abgerufen am 24.11.2024.