Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.als abscheulich und geradezu verdammungswerth betrachtet wer- Nach diesen vorbereitend-einleitenden Bemerkungen scheint Es läßt plumb und schwerfällig, den Löffel wie einen Ham- Hier begegnet man nun aber einer Handlungsweise, welche als abſcheulich und geradezu verdammungswerth betrachtet wer- Nach dieſen vorbereitend-einleitenden Bemerkungen ſcheint Es laͤßt plumb und ſchwerfaͤllig, den Loͤffel wie einen Ham- Hier begegnet man nun aber einer Handlungsweiſe, welche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0181" n="167"/> als abſcheulich und geradezu verdammungswerth betrachtet wer-<lb/> den muß, — alſo kann man ſich auch mit dem Appetitwuͤnſchen<lb/> eben ſo ſehr und leicht recommandiren als blamiren. Es war<lb/> z. B. ein ungeheurer Unterſchied, ob man Griechen oder Pohlen<lb/> eine geſegnete Mahlzeit wuͤnſchte. Und doch war die eingebrockte<lb/> Suppe dieſelbe. Hier gilt Takt und Politik.</p><lb/> <p>Nach dieſen vorbereitend-einleitenden Bemerkungen ſcheint<lb/> es logiſch richtig, zunaͤchſt von Handhabung der Werkzeuge zu<lb/> ſprechen.</p><lb/> <p>Es laͤßt plumb und ſchwerfaͤllig, den Loͤffel wie einen Ham-<lb/> mer, mit der ganzen Hand zu fuͤhren. Man faßt ihn viel-<lb/> mehr, — eingedenk des <hi rendition="#g">Ifflandiſchen</hi> Rathes, nicht die Fauſt<lb/> zu gebrauchen, wo man mit den Schreibfingern ausreicht, —<lb/> zierlich mit Daumen, Mittel- und Zeigefinger, mehr wie eine<lb/> Schreibfeder. Aus demſelben Grunde ſchneidet man Suppen-<lb/> theile, Fadennudeln, Vermicelli ꝛc. nicht mit Meſſer und Gabel,<lb/> weil der Loͤffel dazu genuͤgt. Will man den Loͤffel extra zierlich<lb/> fuͤhren, ſo kann man dabei, wie auf altdeutſchen Gemaͤlden die<lb/> Blumen beruͤhrenden Damen, den kleinen Finger von den uͤbri-<lb/> gen Fingern moͤglichſt weit ab, frei in die Luft ſtrecken, wodurch<lb/> zugleich ein etwa daran ſteckender Diamantring in’s gehoͤrige<lb/> Licht geſetzt wird. Dagegen fordert die Fuͤhrung von Meſſer<lb/> und Gabeln eine vollere Hand.</p><lb/> <p>Hier begegnet man nun aber einer Handlungsweiſe, welche<lb/> einen denkenden Kuͤnſtler zur Verzweiflung bringen koͤnnte.<lb/> Man eſſe naͤmlich mit funfzig Nichtenglaͤndern zuſammen und<lb/> beobachte ſie, — neunundvierzig davon verfahren alſo: Sie hal-<lb/> ten die Gabel zwar, waͤhrend ſie ſchneiden, mit der linken Hand,<lb/> weil ſie natuͤrlich mit der rechten Hand ſchneiden. Hierauf legen<lb/> ſie aber das Meſſer aus der rechten Hand, uͤbergeben derſelben<lb/> mit der linken die Gabel, und fuͤhren nun mit der rechten Hand<lb/> den Biſſen zum Munde. Da kein wohlerzogener Menſch gleich<lb/> Alles kurz und klein ſchneidet, ſo wandert denn, nach den paar<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [167/0181]
als abſcheulich und geradezu verdammungswerth betrachtet wer-
den muß, — alſo kann man ſich auch mit dem Appetitwuͤnſchen
eben ſo ſehr und leicht recommandiren als blamiren. Es war
z. B. ein ungeheurer Unterſchied, ob man Griechen oder Pohlen
eine geſegnete Mahlzeit wuͤnſchte. Und doch war die eingebrockte
Suppe dieſelbe. Hier gilt Takt und Politik.
Nach dieſen vorbereitend-einleitenden Bemerkungen ſcheint
es logiſch richtig, zunaͤchſt von Handhabung der Werkzeuge zu
ſprechen.
Es laͤßt plumb und ſchwerfaͤllig, den Loͤffel wie einen Ham-
mer, mit der ganzen Hand zu fuͤhren. Man faßt ihn viel-
mehr, — eingedenk des Ifflandiſchen Rathes, nicht die Fauſt
zu gebrauchen, wo man mit den Schreibfingern ausreicht, —
zierlich mit Daumen, Mittel- und Zeigefinger, mehr wie eine
Schreibfeder. Aus demſelben Grunde ſchneidet man Suppen-
theile, Fadennudeln, Vermicelli ꝛc. nicht mit Meſſer und Gabel,
weil der Loͤffel dazu genuͤgt. Will man den Loͤffel extra zierlich
fuͤhren, ſo kann man dabei, wie auf altdeutſchen Gemaͤlden die
Blumen beruͤhrenden Damen, den kleinen Finger von den uͤbri-
gen Fingern moͤglichſt weit ab, frei in die Luft ſtrecken, wodurch
zugleich ein etwa daran ſteckender Diamantring in’s gehoͤrige
Licht geſetzt wird. Dagegen fordert die Fuͤhrung von Meſſer
und Gabeln eine vollere Hand.
Hier begegnet man nun aber einer Handlungsweiſe, welche
einen denkenden Kuͤnſtler zur Verzweiflung bringen koͤnnte.
Man eſſe naͤmlich mit funfzig Nichtenglaͤndern zuſammen und
beobachte ſie, — neunundvierzig davon verfahren alſo: Sie hal-
ten die Gabel zwar, waͤhrend ſie ſchneiden, mit der linken Hand,
weil ſie natuͤrlich mit der rechten Hand ſchneiden. Hierauf legen
ſie aber das Meſſer aus der rechten Hand, uͤbergeben derſelben
mit der linken die Gabel, und fuͤhren nun mit der rechten Hand
den Biſſen zum Munde. Da kein wohlerzogener Menſch gleich
Alles kurz und klein ſchneidet, ſo wandert denn, nach den paar
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