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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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wohlverdiente Ruhe hätte gegönnt werden sollen, indem er vor
Alter ganz taub und halb blind war, und dennoch seinem Amte
noch vorstehen mußte, gab sich nichts desto weniger alle Mühe,
seinen Vortrag möglichst anschaulich zu machen und zu versinn-
lichen. Besonders interessant waren die Vorlesungen über den
Zucker, in welchen ansehnliche Massen von Confituren aller Art
an die Zuhörer vertheilt, und von denselben mit außerordentli-
cher Wißbegierde consumirt wurden. Man lernte daselbst Sie-
gellack machen, Feuerräder construiren, und andere eben so
nützliche als annehmliche Kunstfertigkeiten. Mit Theilnahme
hatte man zu vernehmen, wie in Amerika sehr viele schwarze
Neger ohne Hände herumliefen, weil ihnen dieselben von den
Walzen der Zuckerrohr-Pressen abgezwickt und abgedrückt wür-
den. Zwischendurch war auch manchmal von Chemie die Rede,
wovon Folgendes sich am meisten dem Gedächtnisse einprägte:

Ein Hauptbeförderungsmittel chemischer Vereinigung ist
die Wärme.

Man unterscheidet unorganische und organische Chemie.
Ersterer gehören die Stoffe an, welche nicht von pflanzlichen
oder thierischen Körpern herstammen, letzterer letztere. Die or-
ganischen Verbindungen scheiden sich weiter in pflanzliche und
thierische. Die unorganischen Verbindungen sind in der Regel
binairer, die vegetabilischen ternairer, die animalischen quater-
nairer Zusammensetzung. -- Die Pflanzenstoffe bestehen aus
Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff; die thierischen aus
denselben Stoffen und Stickstoff. Erstere lassen sich in Gummi,
Zucker, Stärkemehl, Essigsäure etc., -- letztere (das Fleisch, z. B.
ein Kalbsbraten) in thierischen Faserstoff, Gallerte, Osmazom,
phosphorsaures Natrum, Ammonium, Kalk, Fett und Leim
zerlegen.

Es sind das Grundsätze, welche ich auch mein sehr verehr-
tes Auditorium wohl zu behalten bitte.


wohlverdiente Ruhe haͤtte gegoͤnnt werden ſollen, indem er vor
Alter ganz taub und halb blind war, und dennoch ſeinem Amte
noch vorſtehen mußte, gab ſich nichts deſto weniger alle Muͤhe,
ſeinen Vortrag moͤglichſt anſchaulich zu machen und zu verſinn-
lichen. Beſonders intereſſant waren die Vorleſungen uͤber den
Zucker, in welchen anſehnliche Maſſen von Confituren aller Art
an die Zuhoͤrer vertheilt, und von denſelben mit außerordentli-
cher Wißbegierde conſumirt wurden. Man lernte daſelbſt Sie-
gellack machen, Feuerraͤder conſtruiren, und andere eben ſo
nuͤtzliche als annehmliche Kunſtfertigkeiten. Mit Theilnahme
hatte man zu vernehmen, wie in Amerika ſehr viele ſchwarze
Neger ohne Haͤnde herumliefen, weil ihnen dieſelben von den
Walzen der Zuckerrohr-Preſſen abgezwickt und abgedruͤckt wuͤr-
den. Zwiſchendurch war auch manchmal von Chemie die Rede,
wovon Folgendes ſich am meiſten dem Gedaͤchtniſſe einpraͤgte:

Ein Hauptbefoͤrderungsmittel chemiſcher Vereinigung iſt
die Waͤrme.

Man unterſcheidet unorganiſche und organiſche Chemie.
Erſterer gehoͤren die Stoffe an, welche nicht von pflanzlichen
oder thieriſchen Koͤrpern herſtammen, letzterer letztere. Die or-
ganiſchen Verbindungen ſcheiden ſich weiter in pflanzliche und
thieriſche. Die unorganiſchen Verbindungen ſind in der Regel
binairer, die vegetabiliſchen ternairer, die animaliſchen quater-
nairer Zuſammenſetzung. — Die Pflanzenſtoffe beſtehen aus
Waſſerſtoff, Kohlenſtoff und Sauerſtoff; die thieriſchen aus
denſelben Stoffen und Stickſtoff. Erſtere laſſen ſich in Gummi,
Zucker, Staͤrkemehl, Eſſigſaͤure ꝛc., — letztere (das Fleiſch, z. B.
ein Kalbsbraten) in thieriſchen Faſerſtoff, Gallerte, Osmazom,
phosphorſaures Natrum, Ammonium, Kalk, Fett und Leim
zerlegen.

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tes Auditorium wohl zu behalten bitte.


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[142/0156] wohlverdiente Ruhe haͤtte gegoͤnnt werden ſollen, indem er vor Alter ganz taub und halb blind war, und dennoch ſeinem Amte noch vorſtehen mußte, gab ſich nichts deſto weniger alle Muͤhe, ſeinen Vortrag moͤglichſt anſchaulich zu machen und zu verſinn- lichen. Beſonders intereſſant waren die Vorleſungen uͤber den Zucker, in welchen anſehnliche Maſſen von Confituren aller Art an die Zuhoͤrer vertheilt, und von denſelben mit außerordentli- cher Wißbegierde conſumirt wurden. Man lernte daſelbſt Sie- gellack machen, Feuerraͤder conſtruiren, und andere eben ſo nuͤtzliche als annehmliche Kunſtfertigkeiten. Mit Theilnahme hatte man zu vernehmen, wie in Amerika ſehr viele ſchwarze Neger ohne Haͤnde herumliefen, weil ihnen dieſelben von den Walzen der Zuckerrohr-Preſſen abgezwickt und abgedruͤckt wuͤr- den. Zwiſchendurch war auch manchmal von Chemie die Rede, wovon Folgendes ſich am meiſten dem Gedaͤchtniſſe einpraͤgte: Ein Hauptbefoͤrderungsmittel chemiſcher Vereinigung iſt die Waͤrme. Man unterſcheidet unorganiſche und organiſche Chemie. Erſterer gehoͤren die Stoffe an, welche nicht von pflanzlichen oder thieriſchen Koͤrpern herſtammen, letzterer letztere. Die or- ganiſchen Verbindungen ſcheiden ſich weiter in pflanzliche und thieriſche. Die unorganiſchen Verbindungen ſind in der Regel binairer, die vegetabiliſchen ternairer, die animaliſchen quater- nairer Zuſammenſetzung. — Die Pflanzenſtoffe beſtehen aus Waſſerſtoff, Kohlenſtoff und Sauerſtoff; die thieriſchen aus denſelben Stoffen und Stickſtoff. Erſtere laſſen ſich in Gummi, Zucker, Staͤrkemehl, Eſſigſaͤure ꝛc., — letztere (das Fleiſch, z. B. ein Kalbsbraten) in thieriſchen Faſerſtoff, Gallerte, Osmazom, phosphorſaures Natrum, Ammonium, Kalk, Fett und Leim zerlegen. Es ſind das Grundſaͤtze, welche ich auch mein ſehr verehr- tes Auditorium wohl zu behalten bitte.

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/156>, abgerufen am 23.11.2024.