Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.nicht zu verdauend fand. Feig ist er aber, wenn er als schwer- Folgende goldene Worte, welche der wackere Hildebrandt Umgekehrt aber versichern Sydenham und Monro, und Indem ich allen Ernstes auf kräftige Fleischspeisen dringe, Man sollte niemals auf eine Speise zu schnell oder ganz nicht zu verdauend fand. Feig iſt er aber, wenn er als ſchwer- Folgende goldene Worte, welche der wackere Hildebrandt Umgekehrt aber verſichern Sydenham und Monro, und Indem ich allen Ernſtes auf kraͤftige Fleiſchſpeiſen dringe, Man ſollte niemals auf eine Speiſe zu ſchnell oder ganz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="133"/> nicht zu verdauend fand. Feig iſt er aber, wenn er als ſchwer-<lb/> oder unverdaulich Verſchrieenes gar nicht zu verſuchen wagt.</p><lb/> <p>Folgende goldene Worte, welche der wackere <hi rendition="#g">Hildebrandt</hi><lb/> in ſeinem Taſchenbuch fuͤr die Geſundheit giebt, bitte ich wohl<lb/> zu erwaͤgen: „Die weichlichen Speiſen werden gemeiniglich fuͤr<lb/> leichter verdaulich gehalten, als die derben: aber es iſt gerade<lb/> umgekehrt. Grobes Brod und roher Schinken ſind viel leichter<lb/> zu verdauen, als ein Brei von gekochtem Spinat und ein<lb/> Fricaſſee von Kalbfleiſch. Gerade das Derbe, Haͤrtliche thut<lb/> dem Magen wohl; das Weichliche, Breiartige erſchlafft ihn<lb/> und ſchwaͤcht ſeine Verdauungskraft. Ich rede hier im Ganzen<lb/> vom geſunden Magen; doch habe ich auch gefunden, daß ſelbſt<lb/> Schwaͤchliche, Hypochondriſten, durch Irrthum an weichliche<lb/> Koſt Jahre lang gewoͤhnt, ſich beſſer befanden und eine beſſere<lb/> Verdauung erhielten, als ſie auf meinen Rath nach und nach<lb/> anfingen derbe Speiſen zu eſſen. Wer nichts als Suppe ißt,<lb/> wie kraͤnkliche Perſonen, zumal weiblichen Geſchlechts ꝛc. kann<lb/> endlich nichts Feſtes vertragen.“ —</p><lb/> <p>Umgekehrt aber verſichern <hi rendition="#g">Sydenham</hi> und <hi rendition="#g">Monro</hi>, und<lb/><hi rendition="#g">Richter</hi> und <hi rendition="#g">Zuͤckert</hi> beſtaͤtigen es, das diejenigen, welche<lb/> geiſtige Getraͤnke gewoͤhnt ſind, keine Milchdiaͤt vertragen<lb/> koͤnnen. —</p><lb/> <p>Indem ich allen Ernſtes auf kraͤftige Fleiſchſpeiſen dringe,<lb/> hoffe ich dem zaͤrtlich ſchwaͤchlichen, ungedeihlich unmaͤnnlichen<lb/> ewigen Suppenloͤffeln, Zuckernaͤſchereien und Leckereien am<lb/> beſten entgegenzuarbeiten, womit ich keineswegs ſage, daß man<lb/> Confituren ꝛc. nicht zum Deſſert eſſen ſolle.</p><lb/> <p>Man ſollte niemals auf eine Speiſe zu ſchnell oder ganz<lb/> verzichten, auch wenn ſie einmal nicht behagte. Es ſind erſt<lb/> die Fragen zu beantworten: war die Speiſe ſelbſt oder die Zu-<lb/> richtung, oder die Verhaͤltniſſe, unter welchen ſie genoſſen<lb/> wurde, zu gehaͤufte Wiederholung, Zeit, Umgebung, Praͤoccu-<lb/> pation durch Andere ꝛc. Urſache?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [133/0147]
nicht zu verdauend fand. Feig iſt er aber, wenn er als ſchwer-
oder unverdaulich Verſchrieenes gar nicht zu verſuchen wagt.
Folgende goldene Worte, welche der wackere Hildebrandt
in ſeinem Taſchenbuch fuͤr die Geſundheit giebt, bitte ich wohl
zu erwaͤgen: „Die weichlichen Speiſen werden gemeiniglich fuͤr
leichter verdaulich gehalten, als die derben: aber es iſt gerade
umgekehrt. Grobes Brod und roher Schinken ſind viel leichter
zu verdauen, als ein Brei von gekochtem Spinat und ein
Fricaſſee von Kalbfleiſch. Gerade das Derbe, Haͤrtliche thut
dem Magen wohl; das Weichliche, Breiartige erſchlafft ihn
und ſchwaͤcht ſeine Verdauungskraft. Ich rede hier im Ganzen
vom geſunden Magen; doch habe ich auch gefunden, daß ſelbſt
Schwaͤchliche, Hypochondriſten, durch Irrthum an weichliche
Koſt Jahre lang gewoͤhnt, ſich beſſer befanden und eine beſſere
Verdauung erhielten, als ſie auf meinen Rath nach und nach
anfingen derbe Speiſen zu eſſen. Wer nichts als Suppe ißt,
wie kraͤnkliche Perſonen, zumal weiblichen Geſchlechts ꝛc. kann
endlich nichts Feſtes vertragen.“ —
Umgekehrt aber verſichern Sydenham und Monro, und
Richter und Zuͤckert beſtaͤtigen es, das diejenigen, welche
geiſtige Getraͤnke gewoͤhnt ſind, keine Milchdiaͤt vertragen
koͤnnen. —
Indem ich allen Ernſtes auf kraͤftige Fleiſchſpeiſen dringe,
hoffe ich dem zaͤrtlich ſchwaͤchlichen, ungedeihlich unmaͤnnlichen
ewigen Suppenloͤffeln, Zuckernaͤſchereien und Leckereien am
beſten entgegenzuarbeiten, womit ich keineswegs ſage, daß man
Confituren ꝛc. nicht zum Deſſert eſſen ſolle.
Man ſollte niemals auf eine Speiſe zu ſchnell oder ganz
verzichten, auch wenn ſie einmal nicht behagte. Es ſind erſt
die Fragen zu beantworten: war die Speiſe ſelbſt oder die Zu-
richtung, oder die Verhaͤltniſſe, unter welchen ſie genoſſen
wurde, zu gehaͤufte Wiederholung, Zeit, Umgebung, Praͤoccu-
pation durch Andere ꝛc. Urſache?
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