Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.legium. Und doch, fragte sich Max Werner, können Am Nachmittag traf er den alten Baron Ravenius "Wahrscheinlich hat sie sich in ihrem Eifer über¬ Max ging sofort zu ihr. Noch während er die Er gab ihr seine Karte und ließ fragen, ob Fenia Fenias Zimmer war künstlich verdunkelt. Die Vor¬ legium. Und doch, fragte ſich Max Werner, können Am Nachmittag traf er den alten Baron Ravenius „Wahrſcheinlich hat ſie ſich in ihrem Eifer über¬ Max ging ſofort zu ihr. Noch während er die Er gab ihr ſeine Karte und ließ fragen, ob Fenia Fenias Zimmer war künſtlich verdunkelt. Die Vor¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0091" n="87"/><fw type="pageNum" place="top">— 87 —<lb/></fw>legium. Und doch, fragte ſich Max Werner, können<lb/> dafür denn nicht dieſelben Gründe maßgebend ſein, die<lb/> den Mann ſo leicht dazu verführen, ſeiner Liebe nur<lb/> einen Teil ſeines Innern zu öffnen, ihr Grenzen zu ziehen,<lb/> ſie <hi rendition="#g">neben</hi>, und nicht <hi rendition="#g">über</hi> ſeine ſonſtigen Lebens¬<lb/> intereſſen zu ſetzen? Die Frau, die ihr Leben ganz ſo<lb/> einrichtet und in die Hand nimmt wie der Mann, wird<lb/> natürlich auch in ganz ähnliche Lagen, Konflikte und Ver¬<lb/> ſuchungen kommen wie er, und nur, infolge ihrer langen<lb/> anders gearteten Frauenvergangenheit, viel ſchwerer daran<lb/> leiden.</p><lb/> <p>Am Nachmittag traf er den alten Baron Ravenius<lb/> auf der Straße und erfuhr von ihm, das Fenia krank<lb/> ſei, — wenigſtens habe ſie Hausarreſt.</p><lb/> <p>„Wahrſcheinlich hat ſie ſich in ihrem Eifer über¬<lb/> arbeitet!“ fügte der Baron bekümmert und kopfſchüttelnd<lb/> hinzu.</p><lb/> <p>Max ging ſofort zu ihr. Noch während er die<lb/> Treppe hinaufſtieg, öffnete ſchon die Wirtin im Kattun¬<lb/> morgenrock die Thür zum erſten Stockwerk und blickte<lb/> mit einem widerwärtigen Ausdruck ſpähender Neugier<lb/> heraus, wer da komme. Als ſie ihn erkannte, verän¬<lb/> derte ſich ihre Miene, ſie war etwas enttäuſcht und wurde<lb/> zugleich wohlwollender.</p><lb/> <p>Er gab ihr ſeine Karte und ließ fragen, ob Fenia<lb/> ihn empfangen könne. Der Beſcheid kam ſofort zurück,<lb/> er möge nur eintreten.</p><lb/> <p>Fenias Zimmer war künſtlich verdunkelt. Die Vor¬<lb/> hänge vor dem Fenſter waren niedergelaſſen, und ſie ſelbſt<lb/> lag, in einem Schlafrock von feinem weichem Stoff, auf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0091]
— 87 —
legium. Und doch, fragte ſich Max Werner, können
dafür denn nicht dieſelben Gründe maßgebend ſein, die
den Mann ſo leicht dazu verführen, ſeiner Liebe nur
einen Teil ſeines Innern zu öffnen, ihr Grenzen zu ziehen,
ſie neben, und nicht über ſeine ſonſtigen Lebens¬
intereſſen zu ſetzen? Die Frau, die ihr Leben ganz ſo
einrichtet und in die Hand nimmt wie der Mann, wird
natürlich auch in ganz ähnliche Lagen, Konflikte und Ver¬
ſuchungen kommen wie er, und nur, infolge ihrer langen
anders gearteten Frauenvergangenheit, viel ſchwerer daran
leiden.
Am Nachmittag traf er den alten Baron Ravenius
auf der Straße und erfuhr von ihm, das Fenia krank
ſei, — wenigſtens habe ſie Hausarreſt.
„Wahrſcheinlich hat ſie ſich in ihrem Eifer über¬
arbeitet!“ fügte der Baron bekümmert und kopfſchüttelnd
hinzu.
Max ging ſofort zu ihr. Noch während er die
Treppe hinaufſtieg, öffnete ſchon die Wirtin im Kattun¬
morgenrock die Thür zum erſten Stockwerk und blickte
mit einem widerwärtigen Ausdruck ſpähender Neugier
heraus, wer da komme. Als ſie ihn erkannte, verän¬
derte ſich ihre Miene, ſie war etwas enttäuſcht und wurde
zugleich wohlwollender.
Er gab ihr ſeine Karte und ließ fragen, ob Fenia
ihn empfangen könne. Der Beſcheid kam ſofort zurück,
er möge nur eintreten.
Fenias Zimmer war künſtlich verdunkelt. Die Vor¬
hänge vor dem Fenſter waren niedergelaſſen, und ſie ſelbſt
lag, in einem Schlafrock von feinem weichem Stoff, auf
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |