Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Daß sie auch noch froh sein müssen, wenn sie gelingt, -- Sie erregte sich an ihren eignen Worten. Ihre Die ein wenig frivole Spannung, in der Max "Sie vergessen doch etwas sehr Wesentliches, Fenitsch¬ Daß ſie auch noch froh ſein müſſen, wenn ſie gelingt, — Sie erregte ſich an ihren eignen Worten. Ihre Die ein wenig frivole Spannung, in der Max „Sie vergeſſen doch etwas ſehr Weſentliches, Fenitſch¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="54"/><fw type="pageNum" place="top">— 54 —<lb/></fw>Daß ſie auch noch froh ſein müſſen, wenn ſie gelingt, —<lb/> und vom Mann wie etwas Selbſtverſtändliches erwarten,<lb/> daß er ſie durch ſeine Diskretion, ſeine Schonung, ſeine<lb/> Vorſicht ſchütze und beſchirme. — Ja, es mag notwendig<lb/> ſein, ſo wie die Welt nun einmal iſt, aber es iſt das<lb/> Erniedrigendſte, was ich noch je gehört habe. Etwas ver¬<lb/> leugnen und verſtecken müſſen, was man aus tiefſtem<lb/> Herzen thut! Sich ſchämen, wo man jubeln ſollte!“</p><lb/> <p>Sie erregte ſich an ihren eignen Worten. Ihre<lb/> Wangen brannten, und ihre Augen wurden tief und<lb/> blitzend.</p><lb/> <p>Die ein wenig frivole Spannung, in der Max<lb/> Werner heute zu ihr gekommen war, verlor ſich mehr<lb/> und mehr; je länger er ihr zuhörte, deſto menſchlicher<lb/> kam er ihr nah. Er bemühte ſich, ganz ſo zu thun, als<lb/> hielte er ihre Erregung für durchaus ſachlicher Natur,<lb/> und als handle es ſich für ſie lediglich um einen ihrer<lb/> beiderſeitigen ungeheuer philoſophiſchen Dispute.</p><lb/> <p>„Sie vergeſſen doch etwas ſehr Weſentliches, Fenitſch¬<lb/> ka,“ warf er ein, „nämlich daß die öffentliche Meinung<lb/> meiſtens doch nur die Hälfte der Schuld trägt. Denn<lb/> zur andern Hälfte liegt es ja doch ſchließlich im Weſen<lb/> aller intimen Dinge ſelbſt, daß ſie geheim bleiben wollen,<lb/> — daß ihnen jede Entblößung vor fremden Augen und<lb/> Ohren das Zarteſte ihrer Schönheit nimmt. Manchen<lb/> ſenſitiven Menſchen empört ſchon die offizielle Trauung<lb/> gegen die Ehe, — wie viel weniger könnte nun ein ſol¬<lb/> cher eine andre Form der Liebe, eine nicht allgemein<lb/> anerkannte Liebe öffentlich bloßſtellen, — wie könnte er<lb/> etwas ſo unendlich Intimes und Verwundbares mitten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [54/0058]
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Daß ſie auch noch froh ſein müſſen, wenn ſie gelingt, —
und vom Mann wie etwas Selbſtverſtändliches erwarten,
daß er ſie durch ſeine Diskretion, ſeine Schonung, ſeine
Vorſicht ſchütze und beſchirme. — Ja, es mag notwendig
ſein, ſo wie die Welt nun einmal iſt, aber es iſt das
Erniedrigendſte, was ich noch je gehört habe. Etwas ver¬
leugnen und verſtecken müſſen, was man aus tiefſtem
Herzen thut! Sich ſchämen, wo man jubeln ſollte!“
Sie erregte ſich an ihren eignen Worten. Ihre
Wangen brannten, und ihre Augen wurden tief und
blitzend.
Die ein wenig frivole Spannung, in der Max
Werner heute zu ihr gekommen war, verlor ſich mehr
und mehr; je länger er ihr zuhörte, deſto menſchlicher
kam er ihr nah. Er bemühte ſich, ganz ſo zu thun, als
hielte er ihre Erregung für durchaus ſachlicher Natur,
und als handle es ſich für ſie lediglich um einen ihrer
beiderſeitigen ungeheuer philoſophiſchen Dispute.
„Sie vergeſſen doch etwas ſehr Weſentliches, Fenitſch¬
ka,“ warf er ein, „nämlich daß die öffentliche Meinung
meiſtens doch nur die Hälfte der Schuld trägt. Denn
zur andern Hälfte liegt es ja doch ſchließlich im Weſen
aller intimen Dinge ſelbſt, daß ſie geheim bleiben wollen,
— daß ihnen jede Entblößung vor fremden Augen und
Ohren das Zarteſte ihrer Schönheit nimmt. Manchen
ſenſitiven Menſchen empört ſchon die offizielle Trauung
gegen die Ehe, — wie viel weniger könnte nun ein ſol¬
cher eine andre Form der Liebe, eine nicht allgemein
anerkannte Liebe öffentlich bloßſtellen, — wie könnte er
etwas ſo unendlich Intimes und Verwundbares mitten
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