Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.Die ledernen Verdecke waren herabgelassen, ein feiner Ehe es Fenia noch gelang, den Kutscher auf seinem "Hören Sie mich an!" sagte er atemlos zu Fenia Er wußte durchaus nicht mehr, was er eigentlich Der Kutscher war schwerfällig vom Bock geklettert, Fenia schaute indessen unter dem Schirmdach des "Verzeihen?" wiederholte sie, -- "ich will Ihnen Die ledernen Verdecke waren herabgelaſſen, ein feiner Ehe es Fenia noch gelang, den Kutſcher auf ſeinem „Hören Sie mich an!“ ſagte er atemlos zu Fenia Er wußte durchaus nicht mehr, was er eigentlich Der Kutſcher war ſchwerfällig vom Bock geklettert, Fenia ſchaute indeſſen unter dem Schirmdach des „Verzeihen?“ wiederholte ſie, — „ich will Ihnen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="25"/><fw type="pageNum" place="top">— 25 —<lb/></fw>Die ledernen Verdecke waren herabgelaſſen, ein feiner<lb/> Regen fing an, vom Himmel niederzurieſeln. Im ein¬<lb/> förmig grauen Morgenlicht haſteten ein paar Zeitungs¬<lb/> verkäufer, ein verſchlafener Bäckerjunge vorüber. Die<lb/> Straße entlang klapperte ein Gemüſekarren.</p><lb/> <p>Ehe es Fenia noch gelang, den Kutſcher auf ſeinem<lb/> Bock wachzurufen und in den Fiaker einzuſteigen, waren<lb/> ſie ſchon zur Stelle, Max Werner und der Spitz, letz¬<lb/> terer in höchſter Aufregung dazwiſchen bellend.</p><lb/> <p>„Hören Sie mich an!“ ſagte er atemlos zu Fenia<lb/> und half ihr unter das Verdeck zu gelangen, „hören Sie<lb/> mich an! ſehen Sie mich an! Nein, — ſehen Sie mich<lb/> nicht an,“ verbeſſerte er ſich, ſeines verwirrten Aus¬<lb/> ſehens, ſeines hutloſen Kopfes gedenkend, — „aber Sie<lb/> ſehen ja, daß ich über meine eigne, wahnſinnige Dumm¬<lb/> heit außer mir bin! Sagen Sie mir, daß Sie mir ver¬<lb/> zeihen, — ſagen Sie mir ein Wort, — gehen Sie nicht<lb/> ſo, — ich meine: fahren Sie nicht ſo.“</p><lb/> <p>Er wußte durchaus nicht mehr, was er eigentlich<lb/> ſagte.</p><lb/> <p>Der Kutſcher war ſchwerfällig vom Bock geklettert,<lb/> hatte ſeinem Pferde den Futtereimer abgehängt, nahm<lb/> dem Tier die Schutzdecke vom Rücken und faltete ſie be¬<lb/> dächtig.</p><lb/> <p>Fenia ſchaute indeſſen unter dem Schirmdach des<lb/> Verdeckes hervor, in ſich zuſammengeſchmiegt wie eine<lb/> weiche Katze, und ſah Max Werner ganz groß und<lb/> ernſt an.</p><lb/> <p>„Verzeihen?“ wiederholte ſie, — „ich will Ihnen<lb/> noch mehr ſagen: da iſt gar nichts zu verzeihen. Denn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0029]
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Die ledernen Verdecke waren herabgelaſſen, ein feiner
Regen fing an, vom Himmel niederzurieſeln. Im ein¬
förmig grauen Morgenlicht haſteten ein paar Zeitungs¬
verkäufer, ein verſchlafener Bäckerjunge vorüber. Die
Straße entlang klapperte ein Gemüſekarren.
Ehe es Fenia noch gelang, den Kutſcher auf ſeinem
Bock wachzurufen und in den Fiaker einzuſteigen, waren
ſie ſchon zur Stelle, Max Werner und der Spitz, letz¬
terer in höchſter Aufregung dazwiſchen bellend.
„Hören Sie mich an!“ ſagte er atemlos zu Fenia
und half ihr unter das Verdeck zu gelangen, „hören Sie
mich an! ſehen Sie mich an! Nein, — ſehen Sie mich
nicht an,“ verbeſſerte er ſich, ſeines verwirrten Aus¬
ſehens, ſeines hutloſen Kopfes gedenkend, — „aber Sie
ſehen ja, daß ich über meine eigne, wahnſinnige Dumm¬
heit außer mir bin! Sagen Sie mir, daß Sie mir ver¬
zeihen, — ſagen Sie mir ein Wort, — gehen Sie nicht
ſo, — ich meine: fahren Sie nicht ſo.“
Er wußte durchaus nicht mehr, was er eigentlich
ſagte.
Der Kutſcher war ſchwerfällig vom Bock geklettert,
hatte ſeinem Pferde den Futtereimer abgehängt, nahm
dem Tier die Schutzdecke vom Rücken und faltete ſie be¬
dächtig.
Fenia ſchaute indeſſen unter dem Schirmdach des
Verdeckes hervor, in ſich zuſammengeſchmiegt wie eine
weiche Katze, und ſah Max Werner ganz groß und
ernſt an.
„Verzeihen?“ wiederholte ſie, — „ich will Ihnen
noch mehr ſagen: da iſt gar nichts zu verzeihen. Denn
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