Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898."Dina --!" sagte er mit erstickter Stimme, und "-- Nein nein!" entfuhr es ihm wild abwehrend, Ich stieß einen Seufzer aus, mir war wie einem Benno war aufgesprungen, er starrte mich an und Er hatte nach der Lehne des zunächststehenden Stuhles „Dina —!“ ſagte er mit erſtickter Stimme, und „— Nein nein!“ entfuhr es ihm wild abwehrend, Ich ſtieß einen Seufzer aus, mir war wie einem Benno war aufgeſprungen, er ſtarrte mich an und Er hatte nach der Lehne des zunächſtſtehenden Stuhles <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0176" n="172"/> <fw type="pageNum" place="top">— 172 —<lb/></fw> <p>„Dina —!“ ſagte er mit erſtickter Stimme, und<lb/> man konnte ſehen, wie ihn ein Schreckgefühl durchrieſelte.<lb/> Ich mochte ja vor ihm daſitzen wie ein Bild der Selbſt¬<lb/> anklage und Verwirrung. Und da mochten ſeine Zweifel<lb/> plötzlich heraufſteigen, — Zweifel, die er mit ſich herum¬<lb/> getragen, — Zweifel, die ihm erſt vor einer Woche den<lb/> Brief an mich diktiert hatten, — Zweifel an der Un¬<lb/> berührtheit meines Mädchenlebens.</p><lb/> <p>„— Nein nein!“ entfuhr es ihm wild abwehrend,<lb/> grade als widerſpräche er jemand, „— nein, es kann<lb/> nicht ſein! Nicht das kann es ſein, — Adine, auf meinen<lb/> Knieen will ich es dir zuſchwören, daß du mir das Höchſte,<lb/> das Reinſte biſt, das, wovor ich kniee, und das ſchon<lb/> der leiſeſte Schatten eines Mißtrauens entſtellen würde.<lb/> Was liegt an der ganzen Welt! Wenn du nur biſt, die<lb/> du warſt!“</p><lb/> <p>Ich ſtieß einen Seufzer aus, mir war wie einem<lb/> Erſtickenden, der Luft bekommt. Unwillkürlich falteten<lb/> ſich meine Hände. Ja, dies war ein Ausweg, — der<lb/> Schatten von Mißtrauen, der Zweifel, der Brief, —<lb/> wenn Benno an all das glaubte, dann war es ein Aus¬<lb/> weg. Allzu hergebracht ſtreng dachte er doch in dieſem<lb/> einen Punkt, und allzuſehr hatte ſeine Phantaſie mich<lb/> verklärt, um darüber mit ſeiner Liebe hinwegzukom¬<lb/> men —.</p><lb/> <p>Benno war aufgeſprungen, er ſtarrte mich an und<lb/> atmete kurz.</p><lb/> <p>Er hatte nach der Lehne des zunächſtſtehenden Stuhles<lb/> gegriffen und umfaßte ſie gewaltſam mit beiden Händen,<lb/> als wollte er ſie zerbrechen. Der ganze Mann zitterte.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [172/0176]
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„Dina —!“ ſagte er mit erſtickter Stimme, und
man konnte ſehen, wie ihn ein Schreckgefühl durchrieſelte.
Ich mochte ja vor ihm daſitzen wie ein Bild der Selbſt¬
anklage und Verwirrung. Und da mochten ſeine Zweifel
plötzlich heraufſteigen, — Zweifel, die er mit ſich herum¬
getragen, — Zweifel, die ihm erſt vor einer Woche den
Brief an mich diktiert hatten, — Zweifel an der Un¬
berührtheit meines Mädchenlebens.
„— Nein nein!“ entfuhr es ihm wild abwehrend,
grade als widerſpräche er jemand, „— nein, es kann
nicht ſein! Nicht das kann es ſein, — Adine, auf meinen
Knieen will ich es dir zuſchwören, daß du mir das Höchſte,
das Reinſte biſt, das, wovor ich kniee, und das ſchon
der leiſeſte Schatten eines Mißtrauens entſtellen würde.
Was liegt an der ganzen Welt! Wenn du nur biſt, die
du warſt!“
Ich ſtieß einen Seufzer aus, mir war wie einem
Erſtickenden, der Luft bekommt. Unwillkürlich falteten
ſich meine Hände. Ja, dies war ein Ausweg, — der
Schatten von Mißtrauen, der Zweifel, der Brief, —
wenn Benno an all das glaubte, dann war es ein Aus¬
weg. Allzu hergebracht ſtreng dachte er doch in dieſem
einen Punkt, und allzuſehr hatte ſeine Phantaſie mich
verklärt, um darüber mit ſeiner Liebe hinwegzukom¬
men —.
Benno war aufgeſprungen, er ſtarrte mich an und
atmete kurz.
Er hatte nach der Lehne des zunächſtſtehenden Stuhles
gegriffen und umfaßte ſie gewaltſam mit beiden Händen,
als wollte er ſie zerbrechen. Der ganze Mann zitterte.
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