Andolt, Ernst [d. i. Bernhard Abeken]: Eine Nacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–287. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ziehung meiner Sohne verwendeten Eifer und den Fortschritten derselben zufrieden zu sein, so sehr ich mithin aus väterlichen Rücksichten die Fortdauer dieses Verhältnisses wünschen möchte, so besitzen Sie, mein verehrter Candidat, doch zu viel Zartgefühl, um nicht zu begreifen, daß wir uns von einander trennen müssen. Sie kennen die Absichten, welche ich für das Wohl der Nichte meiner vom Schauplatz dieser Erde zu früh abgerufenen Gattin gefaßt habe. Diese Absichten vertragen sich nicht mit dem Benehmen, welches Sie gegen Fräulein von Halden beobachten. Ich verzeihe Ihrer Jugend, daß Sie für die Reize meiner Nichte nicht unempfindlich sind; Sie werden jedoch als ehrlicher Mann fühlen, daß dieses Verhältniß für beide Theile gefährlich ist. Sie werden vielleicht bei diesen unglücklichen Zeitläuften nie in die Lage kommen, eine Frau ernähren zu können; Sie sind mir daher zum Danke verpflichtet, daß ich Ihrem Herzen den Kampf mit der Pflicht erspare und es ersuche, sofort nach Empfang dieses Schreibens mein Haus zu verlassen. Das einjährige Honorar von 12 Louisdor füg' ich zur gefälligen Empfangnahme bei und bitte, die einliegende Quittung unterzeichnen und dem Ueberbringer einhändigen zu wollen. Mit ausgezeichneter Hochachtung und den besten Segenswünschen für Ihre fernere Zukunft der Ihrige." Ich war wie versteinert; ich fühlte, wie mir die Schamröthe über eine solche Behandlung ins Gesicht stieg; ich war unschlüssig, wie ich diesem Schlage begegnen sollte. Die Calesche ist schon angespannt, sagte der Verwalter mit höhnischem Lächeln. Ich werde nicht abreisen, bevor ich Herrn O. selbst gesprochen habe, rief ich in heftiger Aufwallung. Der Herr Amtmann hat Ordre hinterlassen, seinen Willen auf alle Fälle zu vollziehen. Die Calesche ist angespannt. ziehung meiner Sohne verwendeten Eifer und den Fortschritten derselben zufrieden zu sein, so sehr ich mithin aus väterlichen Rücksichten die Fortdauer dieses Verhältnisses wünschen möchte, so besitzen Sie, mein verehrter Candidat, doch zu viel Zartgefühl, um nicht zu begreifen, daß wir uns von einander trennen müssen. Sie kennen die Absichten, welche ich für das Wohl der Nichte meiner vom Schauplatz dieser Erde zu früh abgerufenen Gattin gefaßt habe. Diese Absichten vertragen sich nicht mit dem Benehmen, welches Sie gegen Fräulein von Halden beobachten. Ich verzeihe Ihrer Jugend, daß Sie für die Reize meiner Nichte nicht unempfindlich sind; Sie werden jedoch als ehrlicher Mann fühlen, daß dieses Verhältniß für beide Theile gefährlich ist. Sie werden vielleicht bei diesen unglücklichen Zeitläuften nie in die Lage kommen, eine Frau ernähren zu können; Sie sind mir daher zum Danke verpflichtet, daß ich Ihrem Herzen den Kampf mit der Pflicht erspare und es ersuche, sofort nach Empfang dieses Schreibens mein Haus zu verlassen. Das einjährige Honorar von 12 Louisdor füg' ich zur gefälligen Empfangnahme bei und bitte, die einliegende Quittung unterzeichnen und dem Ueberbringer einhändigen zu wollen. Mit ausgezeichneter Hochachtung und den besten Segenswünschen für Ihre fernere Zukunft der Ihrige.“ Ich war wie versteinert; ich fühlte, wie mir die Schamröthe über eine solche Behandlung ins Gesicht stieg; ich war unschlüssig, wie ich diesem Schlage begegnen sollte. Die Calesche ist schon angespannt, sagte der Verwalter mit höhnischem Lächeln. Ich werde nicht abreisen, bevor ich Herrn O. selbst gesprochen habe, rief ich in heftiger Aufwallung. Der Herr Amtmann hat Ordre hinterlassen, seinen Willen auf alle Fälle zu vollziehen. Die Calesche ist angespannt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0062"/> ziehung meiner Sohne verwendeten Eifer und den Fortschritten derselben zufrieden zu sein, so sehr ich mithin aus väterlichen Rücksichten die Fortdauer dieses Verhältnisses wünschen möchte, so besitzen Sie, mein verehrter Candidat, doch zu viel Zartgefühl, um nicht zu begreifen, daß wir uns von einander trennen müssen. Sie kennen die Absichten, welche ich für das Wohl der Nichte meiner vom Schauplatz dieser Erde zu früh abgerufenen Gattin gefaßt habe. Diese Absichten vertragen sich nicht mit dem Benehmen, welches Sie gegen Fräulein von Halden beobachten. Ich verzeihe Ihrer Jugend, daß Sie für die Reize meiner Nichte nicht unempfindlich sind; Sie werden jedoch als ehrlicher Mann fühlen, daß dieses Verhältniß für beide Theile gefährlich ist. Sie werden vielleicht bei diesen unglücklichen Zeitläuften nie in die Lage kommen, eine Frau ernähren zu können; Sie sind mir daher zum Danke verpflichtet, daß ich Ihrem Herzen den Kampf mit der Pflicht erspare und es ersuche, sofort nach Empfang dieses Schreibens mein Haus zu verlassen. Das einjährige Honorar von 12 Louisdor füg' ich zur gefälligen Empfangnahme bei und bitte, die einliegende Quittung unterzeichnen und dem Ueberbringer einhändigen zu wollen. </p><lb/> <p>Mit ausgezeichneter Hochachtung und den besten Segenswünschen für Ihre fernere Zukunft der Ihrige.“ </p><lb/> <p>Ich war wie versteinert; ich fühlte, wie mir die Schamröthe über eine solche Behandlung ins Gesicht stieg; ich war unschlüssig, wie ich diesem Schlage begegnen sollte. </p><lb/> <p>Die Calesche ist schon angespannt, sagte der Verwalter mit höhnischem Lächeln. </p><lb/> <p>Ich werde nicht abreisen, bevor ich Herrn O. selbst gesprochen habe, rief ich in heftiger Aufwallung. </p><lb/> <p>Der Herr Amtmann hat Ordre hinterlassen, seinen Willen auf alle Fälle zu vollziehen. Die Calesche ist angespannt. </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
ziehung meiner Sohne verwendeten Eifer und den Fortschritten derselben zufrieden zu sein, so sehr ich mithin aus väterlichen Rücksichten die Fortdauer dieses Verhältnisses wünschen möchte, so besitzen Sie, mein verehrter Candidat, doch zu viel Zartgefühl, um nicht zu begreifen, daß wir uns von einander trennen müssen. Sie kennen die Absichten, welche ich für das Wohl der Nichte meiner vom Schauplatz dieser Erde zu früh abgerufenen Gattin gefaßt habe. Diese Absichten vertragen sich nicht mit dem Benehmen, welches Sie gegen Fräulein von Halden beobachten. Ich verzeihe Ihrer Jugend, daß Sie für die Reize meiner Nichte nicht unempfindlich sind; Sie werden jedoch als ehrlicher Mann fühlen, daß dieses Verhältniß für beide Theile gefährlich ist. Sie werden vielleicht bei diesen unglücklichen Zeitläuften nie in die Lage kommen, eine Frau ernähren zu können; Sie sind mir daher zum Danke verpflichtet, daß ich Ihrem Herzen den Kampf mit der Pflicht erspare und es ersuche, sofort nach Empfang dieses Schreibens mein Haus zu verlassen. Das einjährige Honorar von 12 Louisdor füg' ich zur gefälligen Empfangnahme bei und bitte, die einliegende Quittung unterzeichnen und dem Ueberbringer einhändigen zu wollen.
Mit ausgezeichneter Hochachtung und den besten Segenswünschen für Ihre fernere Zukunft der Ihrige.“
Ich war wie versteinert; ich fühlte, wie mir die Schamröthe über eine solche Behandlung ins Gesicht stieg; ich war unschlüssig, wie ich diesem Schlage begegnen sollte.
Die Calesche ist schon angespannt, sagte der Verwalter mit höhnischem Lächeln.
Ich werde nicht abreisen, bevor ich Herrn O. selbst gesprochen habe, rief ich in heftiger Aufwallung.
Der Herr Amtmann hat Ordre hinterlassen, seinen Willen auf alle Fälle zu vollziehen. Die Calesche ist angespannt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-14T12:28:07Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-14T12:28:07Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |