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Andolt, Ernst [d. i. Bernhard Abeken]: Eine Nacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–287. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Glieder erquickte. Die Dame ließ sich Kaffee, der Mann mit dem Schnurrbart ein Glas Grog geben, ich folgte seinem Beispiel und steckte mit großem Behagen nun endlich meine geliebte Pfeife an. Der Turner hatte ein Glas Wasser hinuntergestürzt und war in den Hof gegangen, wo er, wie ich durchs Fenster bemerkte, im Schnee mit großer Gewandtheit einige Verrenkungen und Purzelbäume ausführte.

Ich blickte zerstreut in ein auf dem Tische liegendes Zeitungsblatt; militärische Beförderungen, Truppenmärsche, Hinrichtungen in Spanien, entdeckte Conspirationen und ähnliche Angelegenheiten -- trübe Bilder einer eisernen Zeit -- bildeten den Inhalt derselben.

Unmuthig sah ich auf, und meine Blicke fielen auf die junge Dame, welche mir in einiger Entfernung gegenüber saß und in schmerzliche Betrachtungen versunken schien. Ach, wie verklärte der geheime Gram und die in ihrem Auge glänzende Thräne ihre Züge! -- Ja, sie war schön; in diesem Antlitz malte sich, was wir so oft vergebens suchen -- eine Seele. -- Ich stand auf und wollte ihr näher treten, als plötzlich die Thür heftig aufgerissen wurde und ein Mann in der Uniform eines Polizeibeamten eintrat und uns mit schnarrender Stimme zurief: Ihre Pässe, meine Herren!

Die ganze Erscheinung dieses Mannes hatte für mich etwas Imposantes; die eisige Ruhe seiner blaßgelben Physiognomie, der stechende Blick, womit er uns durch und durch zu blicken schien, verriethen eine sichere Allwissenheit und schienen, in Worte übersetzt, uns zu sagen: Gebt euch keine Mühe, arme Schächer, mich zu täuschen. Ich kenne euch längst.

Mit dieser Miene prüfte er unsere Pässe. Wie erleichtert fühlte ich mich, als er mir den meinigen ohne Bemerkung zurückgab. Auch der Paß des inzwischen wieder eingetretenen Turners schien ihn zu befriedigen, obgleich er die Figur desselben mit einem mißtrauischen Blick maß, der jedoch allmählich in ein feines Hohnlächel

Glieder erquickte. Die Dame ließ sich Kaffee, der Mann mit dem Schnurrbart ein Glas Grog geben, ich folgte seinem Beispiel und steckte mit großem Behagen nun endlich meine geliebte Pfeife an. Der Turner hatte ein Glas Wasser hinuntergestürzt und war in den Hof gegangen, wo er, wie ich durchs Fenster bemerkte, im Schnee mit großer Gewandtheit einige Verrenkungen und Purzelbäume ausführte.

Ich blickte zerstreut in ein auf dem Tische liegendes Zeitungsblatt; militärische Beförderungen, Truppenmärsche, Hinrichtungen in Spanien, entdeckte Conspirationen und ähnliche Angelegenheiten — trübe Bilder einer eisernen Zeit — bildeten den Inhalt derselben.

Unmuthig sah ich auf, und meine Blicke fielen auf die junge Dame, welche mir in einiger Entfernung gegenüber saß und in schmerzliche Betrachtungen versunken schien. Ach, wie verklärte der geheime Gram und die in ihrem Auge glänzende Thräne ihre Züge! — Ja, sie war schön; in diesem Antlitz malte sich, was wir so oft vergebens suchen — eine Seele. — Ich stand auf und wollte ihr näher treten, als plötzlich die Thür heftig aufgerissen wurde und ein Mann in der Uniform eines Polizeibeamten eintrat und uns mit schnarrender Stimme zurief: Ihre Pässe, meine Herren!

Die ganze Erscheinung dieses Mannes hatte für mich etwas Imposantes; die eisige Ruhe seiner blaßgelben Physiognomie, der stechende Blick, womit er uns durch und durch zu blicken schien, verriethen eine sichere Allwissenheit und schienen, in Worte übersetzt, uns zu sagen: Gebt euch keine Mühe, arme Schächer, mich zu täuschen. Ich kenne euch längst.

Mit dieser Miene prüfte er unsere Pässe. Wie erleichtert fühlte ich mich, als er mir den meinigen ohne Bemerkung zurückgab. Auch der Paß des inzwischen wieder eingetretenen Turners schien ihn zu befriedigen, obgleich er die Figur desselben mit einem mißtrauischen Blick maß, der jedoch allmählich in ein feines Hohnlächel

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:28:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:28:07Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Andolt, Ernst [d. i. Bernhard Abeken]: Eine Nacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–287. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andolt_nacht_1910/15>, abgerufen am 28.11.2024.