Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Fettumsetzungen in den Zellen.
taurocholsauren Natrons eine erhebliche, nicht zu grosse Quanti¬
tät einer Seifenlösung bringt [ich benutzte hierzu eine käufliche
flüssige Glycerinseife], so wird dieselbe durch Ueberschuss von
Salzsäure nicht gefällt.

Auch die Glycocholsäure scheint ähnliche Eigenschaften zu
haben. Bringt man nämlich das Natronsalz derselben mit etwas
Seife in wässeriger Lösung zusammen, so kann man mit Salz¬
säure stark übersäuern, ohne dass Fällung erfolgt; erst bei
weiterem Zusatz der Säure tritt diese ein. Es scheint, als wenn
man den ganzen Natrongehalt beider Salze durch Salzsäure
ohne Fällung sättigen kann. Es muss also hierbei nicht nur
die Glycocholsäure die Fettsäure in Lösung halten, sondern auch
umgekehrt, denn übersäuert man jedes einzelne ihrer Natron¬
salze, so erfolgt die Fällung sofort. Bei dem Gemisch des tauro¬
cholsauren Natrons mit Seife tritt auch bei weiterem Zusatz der
Salzsäure keine Fällung ein. Bemerkt mag noch werden, dass
dieses Gemisch auch durch Chlorcalcium nicht direct, sondern
erst nach einiger Zeit und allmählich gefällt wird.

Die bisherige verbreitetste Anschauung von der Funktion der
Galle bei der Fettverdauung war die, dass dieselbe entsprechend
den Beobachtungen an todten thierischen Membranen den Durch¬
tritt des Neutralfettes in die Epithelzellen begünstigen sollte,
und noch Heidenhain sagt in seiner neuesten Arbeit (a. a. O.
S. 91): "Somit ist man bezüglich des Eintrittes des Fettes in die
Epithelzellen darauf beschränkt, zu sagen, dass die Galle ein
wesentliches Beförderungsmittel desselben sei, theils weil sie (mit
anderen Verdauungssäften) die Emulgirung des Fettes begünstigt,
theils weil durch dieselbe die Oberfläche der Zellen für die Fette
benetzbar wird, was natürlich die Aufnahme erleichtern muss.

Mehr zu behaupten, würde über die sicher gestellten Erfahrungen
hinausgehen."

Es scheint mir, als wenn die Beobachtungen an todten thie¬
rischen Membranen nicht gut auf lebende Zellenschichten über¬
tragbar sind; jedenfalls kommen wir mit dieser bisherigen An¬
schauung von der Funktion der Galle nicht zum Resultat.

Dass die Galle in exquisiter Weise die Fettresorption be¬
günstigt, und ihr Ausschluss die letztere fast aufhebt, ist bekannt.
In Anbetracht dessen, dass die von Dr. Krehl gefunde¬

6*

Die Fettumsetzungen in den Zellen.
taurocholsauren Natrons eine erhebliche, nicht zu grosse Quanti¬
tät einer Seifenlösung bringt [ich benutzte hierzu eine käufliche
flüssige Glycerinseife], so wird dieselbe durch Ueberschuss von
Salzsäure nicht gefällt.

Auch die Glycocholsäure scheint ähnliche Eigenschaften zu
haben. Bringt man nämlich das Natronsalz derselben mit etwas
Seife in wässeriger Lösung zusammen, so kann man mit Salz¬
säure stark übersäuern, ohne dass Fällung erfolgt; erst bei
weiterem Zusatz der Säure tritt diese ein. Es scheint, als wenn
man den ganzen Natrongehalt beider Salze durch Salzsäure
ohne Fällung sättigen kann. Es muss also hierbei nicht nur
die Glycocholsäure die Fettsäure in Lösung halten, sondern auch
umgekehrt, denn übersäuert man jedes einzelne ihrer Natron¬
salze, so erfolgt die Fällung sofort. Bei dem Gemisch des tauro¬
cholsauren Natrons mit Seife tritt auch bei weiterem Zusatz der
Salzsäure keine Fällung ein. Bemerkt mag noch werden, dass
dieses Gemisch auch durch Chlorcalcium nicht direct, sondern
erst nach einiger Zeit und allmählich gefällt wird.

Die bisherige verbreitetste Anschauung von der Funktion der
Galle bei der Fettverdauung war die, dass dieselbe entsprechend
den Beobachtungen an todten thierischen Membranen den Durch¬
tritt des Neutralfettes in die Epithelzellen begünstigen sollte,
und noch Heidenhain sagt in seiner neuesten Arbeit (a. a. O.
S. 91): „Somit ist man bezüglich des Eintrittes des Fettes in die
Epithelzellen darauf beschränkt, zu sagen, dass die Galle ein
wesentliches Beförderungsmittel desselben sei, theils weil sie (mit
anderen Verdauungssäften) die Emulgirung des Fettes begünstigt,
theils weil durch dieselbe die Oberfläche der Zellen für die Fette
benetzbar wird, was natürlich die Aufnahme erleichtern muss.

Mehr zu behaupten, würde über die sicher gestellten Erfahrungen
hinausgehen.“

Es scheint mir, als wenn die Beobachtungen an todten thie¬
rischen Membranen nicht gut auf lebende Zellenschichten über¬
tragbar sind; jedenfalls kommen wir mit dieser bisherigen An¬
schauung von der Funktion der Galle nicht zum Resultat.

Dass die Galle in exquisiter Weise die Fettresorption be¬
günstigt, und ihr Ausschluss die letztere fast aufhebt, ist bekannt.
In Anbetracht dessen, dass die von Dr. Krehl gefunde¬

6*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0099" n="83"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Die Fettumsetzungen in den Zellen</hi>.<lb/></fw> taurocholsauren Natrons eine erhebliche, nicht zu grosse Quanti¬<lb/>
tät einer Seifenlösung bringt [ich benutzte hierzu eine käufliche<lb/>
flüssige Glycerinseife], so wird dieselbe durch Ueberschuss von<lb/>
Salzsäure nicht gefällt.</p><lb/>
        <p>Auch die Glycocholsäure scheint ähnliche Eigenschaften zu<lb/>
haben. Bringt man nämlich das Natronsalz derselben mit etwas<lb/>
Seife in wässeriger Lösung zusammen, so kann man mit Salz¬<lb/>
säure stark übersäuern, ohne dass Fällung erfolgt; erst bei<lb/>
weiterem Zusatz der Säure tritt diese ein. Es scheint, als wenn<lb/>
man den ganzen Natrongehalt beider Salze durch Salzsäure<lb/>
ohne Fällung sättigen kann. Es muss also hierbei nicht nur<lb/>
die Glycocholsäure die Fettsäure in Lösung halten, sondern auch<lb/>
umgekehrt, denn übersäuert man jedes einzelne ihrer Natron¬<lb/>
salze, so erfolgt die Fällung sofort. Bei dem Gemisch des tauro¬<lb/>
cholsauren Natrons mit Seife tritt auch bei weiterem Zusatz der<lb/>
Salzsäure keine Fällung ein. Bemerkt mag noch werden, dass<lb/>
dieses Gemisch auch durch Chlorcalcium nicht direct, sondern<lb/>
erst nach einiger Zeit und allmählich gefällt wird.</p><lb/>
        <p>Die bisherige verbreitetste Anschauung von der Funktion der<lb/>
Galle bei der Fettverdauung war die, dass dieselbe entsprechend<lb/>
den Beobachtungen an todten thierischen Membranen den Durch¬<lb/>
tritt des Neutralfettes in die Epithelzellen begünstigen sollte,<lb/>
und noch <hi rendition="#k">Heidenhain</hi> sagt in seiner neuesten Arbeit (a. a. O.<lb/>
S. 91): &#x201E;Somit ist man bezüglich des Eintrittes des Fettes in die<lb/>
Epithelzellen darauf beschränkt, zu sagen, dass die Galle ein<lb/>
wesentliches Beförderungsmittel desselben sei, theils weil sie (mit<lb/>
anderen Verdauungssäften) die Emulgirung des Fettes begünstigt,<lb/>
theils weil durch dieselbe die Oberfläche der Zellen für die Fette<lb/>
benetzbar wird, was natürlich die Aufnahme erleichtern muss.</p><lb/>
        <p>Mehr zu behaupten, würde über die sicher gestellten Erfahrungen<lb/>
hinausgehen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Es scheint mir, als wenn die Beobachtungen an todten thie¬<lb/>
rischen Membranen nicht gut auf lebende Zellenschichten über¬<lb/>
tragbar sind; jedenfalls kommen wir mit dieser bisherigen An¬<lb/>
schauung von der Funktion der Galle nicht zum Resultat.</p><lb/>
        <p>Dass die Galle in exquisiter Weise die Fettresorption be¬<lb/>
günstigt, und ihr Ausschluss die letztere fast aufhebt, ist bekannt.<lb/><hi rendition="#g">In Anbetracht dessen</hi>, <hi rendition="#g">dass die von Dr</hi>. <hi rendition="#g #k">Krehl</hi> <hi rendition="#g">gefunde¬</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">6*<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0099] Die Fettumsetzungen in den Zellen. taurocholsauren Natrons eine erhebliche, nicht zu grosse Quanti¬ tät einer Seifenlösung bringt [ich benutzte hierzu eine käufliche flüssige Glycerinseife], so wird dieselbe durch Ueberschuss von Salzsäure nicht gefällt. Auch die Glycocholsäure scheint ähnliche Eigenschaften zu haben. Bringt man nämlich das Natronsalz derselben mit etwas Seife in wässeriger Lösung zusammen, so kann man mit Salz¬ säure stark übersäuern, ohne dass Fällung erfolgt; erst bei weiterem Zusatz der Säure tritt diese ein. Es scheint, als wenn man den ganzen Natrongehalt beider Salze durch Salzsäure ohne Fällung sättigen kann. Es muss also hierbei nicht nur die Glycocholsäure die Fettsäure in Lösung halten, sondern auch umgekehrt, denn übersäuert man jedes einzelne ihrer Natron¬ salze, so erfolgt die Fällung sofort. Bei dem Gemisch des tauro¬ cholsauren Natrons mit Seife tritt auch bei weiterem Zusatz der Salzsäure keine Fällung ein. Bemerkt mag noch werden, dass dieses Gemisch auch durch Chlorcalcium nicht direct, sondern erst nach einiger Zeit und allmählich gefällt wird. Die bisherige verbreitetste Anschauung von der Funktion der Galle bei der Fettverdauung war die, dass dieselbe entsprechend den Beobachtungen an todten thierischen Membranen den Durch¬ tritt des Neutralfettes in die Epithelzellen begünstigen sollte, und noch Heidenhain sagt in seiner neuesten Arbeit (a. a. O. S. 91): „Somit ist man bezüglich des Eintrittes des Fettes in die Epithelzellen darauf beschränkt, zu sagen, dass die Galle ein wesentliches Beförderungsmittel desselben sei, theils weil sie (mit anderen Verdauungssäften) die Emulgirung des Fettes begünstigt, theils weil durch dieselbe die Oberfläche der Zellen für die Fette benetzbar wird, was natürlich die Aufnahme erleichtern muss. Mehr zu behaupten, würde über die sicher gestellten Erfahrungen hinausgehen.“ Es scheint mir, als wenn die Beobachtungen an todten thie¬ rischen Membranen nicht gut auf lebende Zellenschichten über¬ tragbar sind; jedenfalls kommen wir mit dieser bisherigen An¬ schauung von der Funktion der Galle nicht zum Resultat. Dass die Galle in exquisiter Weise die Fettresorption be¬ günstigt, und ihr Ausschluss die letztere fast aufhebt, ist bekannt. In Anbetracht dessen, dass die von Dr. Krehl gefunde¬ 6*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/99
Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/99>, abgerufen am 19.03.2024.