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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Die Fettumsetzungen in den Zellen.
(a. a. O.) in Ludwig's Laboratorium beobachtete, ist der Dünn¬
darminhalt des Hundes, dieses am besten Fett aufnehmenden
Thieres bei der Fettverdauung bis zum Dickdarm hin sauer und
Munk hat Aehnliches gesehen; der Letztere hebt ausdrücklich
hervor, dass man von den Partieen des Dünndarmes, deren
Chymus sauer reagirt, und in denen das Fett in grossen
Tropfen, nicht emulgirt umherschwimmt, mit weissem Chylus
gefüllte Lymphgefässe durch das Mesenterium ziehen sieht.1
Durch diese saure Reaction schien es ausgeschlossen, dass die
Fettsäuren als Seifen in wässeriger Lösung hier zur Resorption
kommen. Munk2 selbst hilft sich über alle Schwierigkeiten da¬
mit hinweg, dass er nach dem Vorgange von Zawarykin und
Anderen die Leukocyten als Transporteure des Fettes und der
Fettsäuren verantwortlich macht, eine Anschauung, welche ausser
anderen früheren Autoren auch neuerdings Heidenhain und
Krehl nach ihren Erfahrungen zu negiren vermochten.

Diese Schwierigkeiten, welche chemischerseits der Annahme
der Lösungsresorption entgegenstehen, werden leicht gehoben,
wenn man die Thatsache in Betracht zieht, welche schon
Strecker erwähnt, dass die Galle, insbesondere die Taurochol¬
säure, Fettsäuren zu lösen im Stande ist. Diese alte Angabe
Strecker's scheint etwas in Vergessenheit gerathen zu sein,
denn in vielen Abhandlungen und Lehrbüchern der physiologi¬
schen Chemie, welche seit 30 Jahren geschrieben worden sind,
ist diese augenscheinlich wichtigste Eigenschaft der Taurochol¬
säure nicht, positiv aber von Kühne und Latschinoff erwähnt.3
Man kann sich leicht von dieser Eigenschaft überzeugen, wenn
man nämlich zu einer 10procentigen wässerigen Lösung des

1 Munk, Zur Kenntniss u. s. w. S. 32 und Zur Frage u. s. w. S. 574.
2 Derselbe, Zur Frage u. s. w.
3 Strecker sagt in seiner "Untersuchung der Ochsengalle" (Liebig's An¬
nalen. 1848. Bd. LXV, S. 29) ganz kurz, dass das taurocholsaure Natron
Fette, Fettsäuren, Cholesterin in beträchtlicher Menge löst. In Bezug auf
Neutralfette kann ich dieses nicht bestätigen. Die Angaben von Latschinoff
(Ueber Cholsäure, welche feste Fettsäuren enthält. Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft. Bd. XIII, S. 1911) sind deshalb interessant, weil
derselbe geradezu von einer Verbindung der Cholsäure und Taurocholsäure
mit Fettsäuren spricht. Kühne spricht von einer Lösung und Verseifung
der Fettsäuren durch Galle (Lehrbuch der physiologischen Chemie).

Die Fettumsetzungen in den Zellen.
(a. a. O.) in Ludwig's Laboratorium beobachtete, ist der Dünn¬
darminhalt des Hundes, dieses am besten Fett aufnehmenden
Thieres bei der Fettverdauung bis zum Dickdarm hin sauer und
Munk hat Aehnliches gesehen; der Letztere hebt ausdrücklich
hervor, dass man von den Partieen des Dünndarmes, deren
Chymus sauer reagirt, und in denen das Fett in grossen
Tropfen, nicht emulgirt umherschwimmt, mit weissem Chylus
gefüllte Lymphgefässe durch das Mesenterium ziehen sieht.1
Durch diese saure Reaction schien es ausgeschlossen, dass die
Fettsäuren als Seifen in wässeriger Lösung hier zur Resorption
kommen. Munk2 selbst hilft sich über alle Schwierigkeiten da¬
mit hinweg, dass er nach dem Vorgange von Zawarykin und
Anderen die Leukocyten als Transporteure des Fettes und der
Fettsäuren verantwortlich macht, eine Anschauung, welche ausser
anderen früheren Autoren auch neuerdings Heidenhain und
Krehl nach ihren Erfahrungen zu negiren vermochten.

Diese Schwierigkeiten, welche chemischerseits der Annahme
der Lösungsresorption entgegenstehen, werden leicht gehoben,
wenn man die Thatsache in Betracht zieht, welche schon
Strecker erwähnt, dass die Galle, insbesondere die Taurochol¬
säure, Fettsäuren zu lösen im Stande ist. Diese alte Angabe
Strecker's scheint etwas in Vergessenheit gerathen zu sein,
denn in vielen Abhandlungen und Lehrbüchern der physiologi¬
schen Chemie, welche seit 30 Jahren geschrieben worden sind,
ist diese augenscheinlich wichtigste Eigenschaft der Taurochol¬
säure nicht, positiv aber von Kühne und Latschinoff erwähnt.3
Man kann sich leicht von dieser Eigenschaft überzeugen, wenn
man nämlich zu einer 10procentigen wässerigen Lösung des

1 Munk, Zur Kenntniss u. s. w. S. 32 und Zur Frage u. s. w. S. 574.
2 Derselbe, Zur Frage u. s. w.
3 Strecker sagt in seiner „Untersuchung der Ochsengalle“ (Liebig's An¬
nalen. 1848. Bd. LXV, S. 29) ganz kurz, dass das taurocholsaure Natron
Fette, Fettsäuren, Cholesterin in beträchtlicher Menge löst. In Bezug auf
Neutralfette kann ich dieses nicht bestätigen. Die Angaben von Latschinoff
(Ueber Cholsäure, welche feste Fettsäuren enthält. Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft. Bd. XIII, S. 1911) sind deshalb interessant, weil
derselbe geradezu von einer Verbindung der Cholsäure und Taurocholsäure
mit Fettsäuren spricht. Kühne spricht von einer Lösung und Verseifung
der Fettsäuren durch Galle (Lehrbuch der physiologischen Chemie).
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[82/0098] Die Fettumsetzungen in den Zellen. (a. a. O.) in Ludwig's Laboratorium beobachtete, ist der Dünn¬ darminhalt des Hundes, dieses am besten Fett aufnehmenden Thieres bei der Fettverdauung bis zum Dickdarm hin sauer und Munk hat Aehnliches gesehen; der Letztere hebt ausdrücklich hervor, dass man von den Partieen des Dünndarmes, deren Chymus sauer reagirt, und in denen das Fett in grossen Tropfen, nicht emulgirt umherschwimmt, mit weissem Chylus gefüllte Lymphgefässe durch das Mesenterium ziehen sieht. 1 Durch diese saure Reaction schien es ausgeschlossen, dass die Fettsäuren als Seifen in wässeriger Lösung hier zur Resorption kommen. Munk 2 selbst hilft sich über alle Schwierigkeiten da¬ mit hinweg, dass er nach dem Vorgange von Zawarykin und Anderen die Leukocyten als Transporteure des Fettes und der Fettsäuren verantwortlich macht, eine Anschauung, welche ausser anderen früheren Autoren auch neuerdings Heidenhain und Krehl nach ihren Erfahrungen zu negiren vermochten. Diese Schwierigkeiten, welche chemischerseits der Annahme der Lösungsresorption entgegenstehen, werden leicht gehoben, wenn man die Thatsache in Betracht zieht, welche schon Strecker erwähnt, dass die Galle, insbesondere die Taurochol¬ säure, Fettsäuren zu lösen im Stande ist. Diese alte Angabe Strecker's scheint etwas in Vergessenheit gerathen zu sein, denn in vielen Abhandlungen und Lehrbüchern der physiologi¬ schen Chemie, welche seit 30 Jahren geschrieben worden sind, ist diese augenscheinlich wichtigste Eigenschaft der Taurochol¬ säure nicht, positiv aber von Kühne und Latschinoff erwähnt. 3 Man kann sich leicht von dieser Eigenschaft überzeugen, wenn man nämlich zu einer 10procentigen wässerigen Lösung des 1 Munk, Zur Kenntniss u. s. w. S. 32 und Zur Frage u. s. w. S. 574. 2 Derselbe, Zur Frage u. s. w. 3 Strecker sagt in seiner „Untersuchung der Ochsengalle“ (Liebig's An¬ nalen. 1848. Bd. LXV, S. 29) ganz kurz, dass das taurocholsaure Natron Fette, Fettsäuren, Cholesterin in beträchtlicher Menge löst. In Bezug auf Neutralfette kann ich dieses nicht bestätigen. Die Angaben von Latschinoff (Ueber Cholsäure, welche feste Fettsäuren enthält. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Bd. XIII, S. 1911) sind deshalb interessant, weil derselbe geradezu von einer Verbindung der Cholsäure und Taurocholsäure mit Fettsäuren spricht. Kühne spricht von einer Lösung und Verseifung der Fettsäuren durch Galle (Lehrbuch der physiologischen Chemie).

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/98>, abgerufen am 19.03.2024.