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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Die Methoden der Granulauntersuchung.
Schichten zu passiren haben. Schon Max Schultze hat hierauf
aufmerksam gemacht, und heute weiss wohl ein Jeder, der sich
mit feineren mikroskopischen Untersuchungen befasst, diesen
Mangel zu beurtheilen. Bei dem Ausfrieren unterhalb der kri¬
tischen Temperatur fällt dieser Mangel fort, und alle Unklar¬
heiten, welche durch die reine Empirie in der Anwendung der
fixirenden Reagentien bedingt sind, werden hier durch klare
physikalische Vorgänge ersetzt. Während sonst bei der Fixi¬
rung durch das Hinzutreten bestimmter chemischer Stoffe und
durch die Bildung bestimmter chemischer Verbindungen in den
Geweben die spätere Reactionsfähigkeit der Elemente auf einen
mehr oder weniger engen Kreis beschränkt wird, besitzen wir
in dem Ausfrieren der Gewebe eine Methode, welche diese Re¬
aktionsfähigkeit in ihrem natürlichen Zustande conservirt und
daher einen durchaus universellen Charakter hat; hierzu kommt
noch, dass die Erhaltung selbst der subtilsten Formen nach
meiner Erfahrung auf andere Weise nicht, so vollkommen er¬
reicht wird, wie hier.

Wie weit das Ausfrieren der Gewebe unterhalb der kriti¬
schen Temperatur auch sonst für mikroskopische Zwecke an¬
wendbar ist, das mag noch an einem Beispiel erörtert werden.
Man hat von verschiedenen Seiten her angefangen, die Reac¬
tionen lebender Elemente auf intra vitam in den Organismus
eingeführte Farbstoffe zu prüfen und sei hier besonders an die
schönen Beobachtungen, welche Oscar Schultze über die vitale
Metylenblaureaction der Zellgranula1 angestellt hat, erinnert.
Es ist aber weder Anderen, noch mir selbst bisher gelungen,
die so imprägnirten Organe in einen Zustand zu bringen, dass
man von ihnen dünne Schnitte in Balsam untersuchen könnte,
sodass man auf frische Zupfpräparate und kurze Beobachtung
angewiesen ist, und gerade diejenigen Theile, in denen die Re¬
action am intensivsten auftritt, sich der Beobachtung überhaupt
entziehen. Einestheils wird der Farbstoff bei dem Absterben der
Organe leicht zu Leukoprodukten verändert, anderntheils wird
derselbe sowohl durch wässerige Einschlussmittel, wie auch
durch diejenigen Flüssigkeiten, welche als Vorbereitung für den

1 l. c.

Die Methoden der Granulauntersuchung.
Schichten zu passiren haben. Schon Max Schultze hat hierauf
aufmerksam gemacht, und heute weiss wohl ein Jeder, der sich
mit feineren mikroskopischen Untersuchungen befasst, diesen
Mangel zu beurtheilen. Bei dem Ausfrieren unterhalb der kri¬
tischen Temperatur fällt dieser Mangel fort, und alle Unklar¬
heiten, welche durch die reine Empirie in der Anwendung der
fixirenden Reagentien bedingt sind, werden hier durch klare
physikalische Vorgänge ersetzt. Während sonst bei der Fixi¬
rung durch das Hinzutreten bestimmter chemischer Stoffe und
durch die Bildung bestimmter chemischer Verbindungen in den
Geweben die spätere Reactionsfähigkeit der Elemente auf einen
mehr oder weniger engen Kreis beschränkt wird, besitzen wir
in dem Ausfrieren der Gewebe eine Methode, welche diese Re¬
aktionsfähigkeit in ihrem natürlichen Zustande conservirt und
daher einen durchaus universellen Charakter hat; hierzu kommt
noch, dass die Erhaltung selbst der subtilsten Formen nach
meiner Erfahrung auf andere Weise nicht, so vollkommen er¬
reicht wird, wie hier.

Wie weit das Ausfrieren der Gewebe unterhalb der kriti¬
schen Temperatur auch sonst für mikroskopische Zwecke an¬
wendbar ist, das mag noch an einem Beispiel erörtert werden.
Man hat von verschiedenen Seiten her angefangen, die Reac¬
tionen lebender Elemente auf intra vitam in den Organismus
eingeführte Farbstoffe zu prüfen und sei hier besonders an die
schönen Beobachtungen, welche Oscar Schultze über die vitale
Metylenblaureaction der Zellgranula1 angestellt hat, erinnert.
Es ist aber weder Anderen, noch mir selbst bisher gelungen,
die so imprägnirten Organe in einen Zustand zu bringen, dass
man von ihnen dünne Schnitte in Balsam untersuchen könnte,
sodass man auf frische Zupfpräparate und kurze Beobachtung
angewiesen ist, und gerade diejenigen Theile, in denen die Re¬
action am intensivsten auftritt, sich der Beobachtung überhaupt
entziehen. Einestheils wird der Farbstoff bei dem Absterben der
Organe leicht zu Leukoprodukten verändert, anderntheils wird
derselbe sowohl durch wässerige Einschlussmittel, wie auch
durch diejenigen Flüssigkeiten, welche als Vorbereitung für den

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[25/0041] Die Methoden der Granulauntersuchung. Schichten zu passiren haben. Schon Max Schultze hat hierauf aufmerksam gemacht, und heute weiss wohl ein Jeder, der sich mit feineren mikroskopischen Untersuchungen befasst, diesen Mangel zu beurtheilen. Bei dem Ausfrieren unterhalb der kri¬ tischen Temperatur fällt dieser Mangel fort, und alle Unklar¬ heiten, welche durch die reine Empirie in der Anwendung der fixirenden Reagentien bedingt sind, werden hier durch klare physikalische Vorgänge ersetzt. Während sonst bei der Fixi¬ rung durch das Hinzutreten bestimmter chemischer Stoffe und durch die Bildung bestimmter chemischer Verbindungen in den Geweben die spätere Reactionsfähigkeit der Elemente auf einen mehr oder weniger engen Kreis beschränkt wird, besitzen wir in dem Ausfrieren der Gewebe eine Methode, welche diese Re¬ aktionsfähigkeit in ihrem natürlichen Zustande conservirt und daher einen durchaus universellen Charakter hat; hierzu kommt noch, dass die Erhaltung selbst der subtilsten Formen nach meiner Erfahrung auf andere Weise nicht, so vollkommen er¬ reicht wird, wie hier. Wie weit das Ausfrieren der Gewebe unterhalb der kriti¬ schen Temperatur auch sonst für mikroskopische Zwecke an¬ wendbar ist, das mag noch an einem Beispiel erörtert werden. Man hat von verschiedenen Seiten her angefangen, die Reac¬ tionen lebender Elemente auf intra vitam in den Organismus eingeführte Farbstoffe zu prüfen und sei hier besonders an die schönen Beobachtungen, welche Oscar Schultze über die vitale Metylenblaureaction der Zellgranula 1 angestellt hat, erinnert. Es ist aber weder Anderen, noch mir selbst bisher gelungen, die so imprägnirten Organe in einen Zustand zu bringen, dass man von ihnen dünne Schnitte in Balsam untersuchen könnte, sodass man auf frische Zupfpräparate und kurze Beobachtung angewiesen ist, und gerade diejenigen Theile, in denen die Re¬ action am intensivsten auftritt, sich der Beobachtung überhaupt entziehen. Einestheils wird der Farbstoff bei dem Absterben der Organe leicht zu Leukoprodukten verändert, anderntheils wird derselbe sowohl durch wässerige Einschlussmittel, wie auch durch diejenigen Flüssigkeiten, welche als Vorbereitung für den 1 l. c.

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/41>, abgerufen am 20.04.2024.