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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Die Secretionserscheinungen in den Zellen.
die Differenzen, welche die ruhenden und die erschöpften Schleim¬
speicheldrüsen resp. deren Verwandte in ihrer Erscheinung dar¬
bieten, ist in Heidenhain's Laboratorium ebenfalls in ergiebiger
Weise vorgearbeitet worden, indem durch andauernde Reizung
des Nervus buccinatorius gezeigt wurde, dass die hellen Schleim¬
partieen der Acini in der Glandula orbitalis des Hundes bei
erschöpfender Secretion verschwinden. Dieselben Resultate habe
ich an der Submaxillaris jener Katzen erhalten, welche mit
50 Milligramm salzsaurem Pilocarpin vergiftet und zwei Stunden
danach getödtet worden waren. Mit Hilfe der Granulamethoden
lassen sich naturgemäss auch hier feinere Details demonstriren;
vielleicht wird sich auch hier die Abstammung der Schleim¬
granula von den primären rothen Zellgranulis erweisen lassen,
wie dieses an den Secretionskörnern der Parotis der Fall war.
Auch hier ist die Drüse nach 24--36 Stunden völlig restituirt.

Für die allgemeinere Auffassung der Zellstructuren lassen
sich die Bilder der Drüsen ebenfalls verwerthen. Vergleichen wir
z. B. das Bild der Parotis Fig. 5 Tafel XX mit dem Leberbild der
Esculenta Fig. 2 Tafel III, so finden wir in beiden eine netz¬
förmige diffus roth gefärbte Substanz, und in den Maschen des
Netzes Körner von hervorragendem Fett- resp. Eiweissgehalt,
die ersteren extrahirt. In dem Esculentenbild gelingt es mit
Hilfe der Picrinsäure leicht, in der netzförmigen Substanz eine
Differenzirung von individuellen Elementen hervorzurufen, wie
Fig 3 Tafel III zeigt. In der Katzenparotis gelingt dieses nicht;
hier müssen erst die graugelben Körner durch Pilocarpin weg¬
geschafft sein, damit die Elemente der netzförmigen Substanz
sichtbar werden; man gewinnt also erst an den Pilocarpinbildern
die Ueberzeugung, dass jene netzförmige Substanz noch eine
feinere Zusammensetzung hat, und ähnliche Verhältnisse dürften
auch an vielen anderen granulären und intergranulären Sub¬
stanzen bestehen. An eben diesen Pilocarpinbildern gewinnt
man dann auch, wie oben geschildert ist, die Ueberzeugung,
dass die netzförmige Substanz, mag sie an der Basis der Zellen
Anhäufungen zeigen oder nicht, die Matrix der Secretionskörner
ist, und wir kommen damit auf das zurück, was wir im III. Ca¬
pitel über die functionelle Decentralisation des Protoplasmas
gesagt haben. So können wir es dann auch wagen, solche

Die Secretionserscheinungen in den Zellen.
die Differenzen, welche die ruhenden und die erschöpften Schleim¬
speicheldrüsen resp. deren Verwandte in ihrer Erscheinung dar¬
bieten, ist in Heidenhain's Laboratorium ebenfalls in ergiebiger
Weise vorgearbeitet worden, indem durch andauernde Reizung
des Nervus buccinatorius gezeigt wurde, dass die hellen Schleim¬
partieen der Acini in der Glandula orbitalis des Hundes bei
erschöpfender Secretion verschwinden. Dieselben Resultate habe
ich an der Submaxillaris jener Katzen erhalten, welche mit
50 Milligramm salzsaurem Pilocarpin vergiftet und zwei Stunden
danach getödtet worden waren. Mit Hilfe der Granulamethoden
lassen sich naturgemäss auch hier feinere Details demonstriren;
vielleicht wird sich auch hier die Abstammung der Schleim¬
granula von den primären rothen Zellgranulis erweisen lassen,
wie dieses an den Secretionskörnern der Parotis der Fall war.
Auch hier ist die Drüse nach 24—36 Stunden völlig restituirt.

Für die allgemeinere Auffassung der Zellstructuren lassen
sich die Bilder der Drüsen ebenfalls verwerthen. Vergleichen wir
z. B. das Bild der Parotis Fig. 5 Tafel XX mit dem Leberbild der
Esculenta Fig. 2 Tafel III, so finden wir in beiden eine netz¬
förmige diffus roth gefärbte Substanz, und in den Maschen des
Netzes Körner von hervorragendem Fett- resp. Eiweissgehalt,
die ersteren extrahirt. In dem Esculentenbild gelingt es mit
Hilfe der Picrinsäure leicht, in der netzförmigen Substanz eine
Differenzirung von individuellen Elementen hervorzurufen, wie
Fig 3 Tafel III zeigt. In der Katzenparotis gelingt dieses nicht;
hier müssen erst die graugelben Körner durch Pilocarpin weg¬
geschafft sein, damit die Elemente der netzförmigen Substanz
sichtbar werden; man gewinnt also erst an den Pilocarpinbildern
die Ueberzeugung, dass jene netzförmige Substanz noch eine
feinere Zusammensetzung hat, und ähnliche Verhältnisse dürften
auch an vielen anderen granulären und intergranulären Sub¬
stanzen bestehen. An eben diesen Pilocarpinbildern gewinnt
man dann auch, wie oben geschildert ist, die Ueberzeugung,
dass die netzförmige Substanz, mag sie an der Basis der Zellen
Anhäufungen zeigen oder nicht, die Matrix der Secretionskörner
ist, und wir kommen damit auf das zurück, was wir im III. Ca¬
pitel über die functionelle Decentralisation des Protoplasmas
gesagt haben. So können wir es dann auch wagen, solche

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[119/0135] Die Secretionserscheinungen in den Zellen. die Differenzen, welche die ruhenden und die erschöpften Schleim¬ speicheldrüsen resp. deren Verwandte in ihrer Erscheinung dar¬ bieten, ist in Heidenhain's Laboratorium ebenfalls in ergiebiger Weise vorgearbeitet worden, indem durch andauernde Reizung des Nervus buccinatorius gezeigt wurde, dass die hellen Schleim¬ partieen der Acini in der Glandula orbitalis des Hundes bei erschöpfender Secretion verschwinden. Dieselben Resultate habe ich an der Submaxillaris jener Katzen erhalten, welche mit 50 Milligramm salzsaurem Pilocarpin vergiftet und zwei Stunden danach getödtet worden waren. Mit Hilfe der Granulamethoden lassen sich naturgemäss auch hier feinere Details demonstriren; vielleicht wird sich auch hier die Abstammung der Schleim¬ granula von den primären rothen Zellgranulis erweisen lassen, wie dieses an den Secretionskörnern der Parotis der Fall war. Auch hier ist die Drüse nach 24—36 Stunden völlig restituirt. Für die allgemeinere Auffassung der Zellstructuren lassen sich die Bilder der Drüsen ebenfalls verwerthen. Vergleichen wir z. B. das Bild der Parotis Fig. 5 Tafel XX mit dem Leberbild der Esculenta Fig. 2 Tafel III, so finden wir in beiden eine netz¬ förmige diffus roth gefärbte Substanz, und in den Maschen des Netzes Körner von hervorragendem Fett- resp. Eiweissgehalt, die ersteren extrahirt. In dem Esculentenbild gelingt es mit Hilfe der Picrinsäure leicht, in der netzförmigen Substanz eine Differenzirung von individuellen Elementen hervorzurufen, wie Fig 3 Tafel III zeigt. In der Katzenparotis gelingt dieses nicht; hier müssen erst die graugelben Körner durch Pilocarpin weg¬ geschafft sein, damit die Elemente der netzförmigen Substanz sichtbar werden; man gewinnt also erst an den Pilocarpinbildern die Ueberzeugung, dass jene netzförmige Substanz noch eine feinere Zusammensetzung hat, und ähnliche Verhältnisse dürften auch an vielen anderen granulären und intergranulären Sub¬ stanzen bestehen. An eben diesen Pilocarpinbildern gewinnt man dann auch, wie oben geschildert ist, die Ueberzeugung, dass die netzförmige Substanz, mag sie an der Basis der Zellen Anhäufungen zeigen oder nicht, die Matrix der Secretionskörner ist, und wir kommen damit auf das zurück, was wir im III. Ca¬ pitel über die functionelle Decentralisation des Protoplasmas gesagt haben. So können wir es dann auch wagen, solche

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/135>, abgerufen am 25.04.2024.