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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Die Secretionserscheinungen in den Zellen.
Verwandten, so wollte es mir lange Zeit nicht gelingen, die hier
vorhandenen Bilder zu verstehen. Den Schlüssel für dieses Ver¬
ständniss fand ich endlich in der Augendrüse der Ringelnatter.

Dieses Organ hat eine Theilung in Thränendrüse und Har¬
der'sche Drüse noch nicht erfahren, sondern zieht sich als ein¬
heitlicher Drüsenkörper vom äussern Augenwinkel zum innern
unterhalb des Bulbus hin. Schon Cloquet1 und Duvernoy2
haben betont, dass das Secret dieser relativ grossen Drüse zwar
den nach aussen hin hier völlig abgeschlossenen Bindehautsack
anfeuchte, im Wesentlichen aber durch den Thränenrachenkanal
in den Schlund gelange, um als Speichel den Schlingakt zu
erleichtern, und Born3 fand die Einmündung des Ausführungs¬
ganges der Drüse in den Anfangtheil des Thränenrachenkanales;
Duvernoy hebt ausdrücklich hervor, dass besonders bei Typhlops
die übermässige Entwickelung der Drüse gegenüber den rudi¬
mentären Augen in keinem Maassverhältniss stehe, um ihren
Charakter als Thränendrüse zu rechtfertigen.

Fig. 1 Tafel XX zeigt uns einen Acinus der Natterdrüse.
Die Zellen sind gefüllt mit grossen Körnern, welche graugelb
gefärbt ein helleres Centrum und eine dunklere Peripherie er¬
kennen lassen. Während in den vorher geschilderten Harder¬
schen Drüsen die Körner vorzugsweise aus Fettsubstanz bestan¬
den, sich daher beim Einbetten in Paraffin lösten und an den
Schnitten leere Lücken zurückliessen, wird hier das Fett augen¬
scheinlich durch Eiweisskörper ersetzt, welche nach sonstigen
Erfahrungen zu schliessen im Wesentlichen die Substanz dieser
Körner ausmachen dürften.

Färbt man die aus dem Osmiumgemisch stammenden Drü¬
senschnitte statt mit Fuchsin -- Picrin mit starkem Haema¬
toxylin (nach Delafield) 12 Stunden lang, so ist die Peripherie
der Körner ebenfalls dunkel gefärbt, das Centrum aber hell
geblieben; zum Unterschiede aber erscheint die dunkle Peripherie

1 Cloquet, Memoire sur l'Existence etc. -- Memoires du Museum d'Hi¬
stoire naturelle, Tome VII. 1881.
2 Duvernoy, Memoire sur les caracteres etc. -- Annales des Sciences
naturelles, Tome XXVI. 1832. -- Derselbe, Fragments d'Anatomie etc. --
Ebenda, Tome XXX. 1833.
3 Born, Die Nasenhöhlen etc. -- Morphologisches Jahrbuch, Bd. VIII. 1883.

Die Secretionserscheinungen in den Zellen.
Verwandten, so wollte es mir lange Zeit nicht gelingen, die hier
vorhandenen Bilder zu verstehen. Den Schlüssel für dieses Ver¬
ständniss fand ich endlich in der Augendrüse der Ringelnatter.

Dieses Organ hat eine Theilung in Thränendrüse und Har¬
der'sche Drüse noch nicht erfahren, sondern zieht sich als ein¬
heitlicher Drüsenkörper vom äussern Augenwinkel zum innern
unterhalb des Bulbus hin. Schon Cloquet1 und Duvernoy2
haben betont, dass das Secret dieser relativ grossen Drüse zwar
den nach aussen hin hier völlig abgeschlossenen Bindehautsack
anfeuchte, im Wesentlichen aber durch den Thränenrachenkanal
in den Schlund gelange, um als Speichel den Schlingakt zu
erleichtern, und Born3 fand die Einmündung des Ausführungs¬
ganges der Drüse in den Anfangtheil des Thränenrachenkanales;
Duvernoy hebt ausdrücklich hervor, dass besonders bei Typhlops
die übermässige Entwickelung der Drüse gegenüber den rudi¬
mentären Augen in keinem Maassverhältniss stehe, um ihren
Charakter als Thränendrüse zu rechtfertigen.

Fig. 1 Tafel XX zeigt uns einen Acinus der Natterdrüse.
Die Zellen sind gefüllt mit grossen Körnern, welche graugelb
gefärbt ein helleres Centrum und eine dunklere Peripherie er¬
kennen lassen. Während in den vorher geschilderten Harder¬
schen Drüsen die Körner vorzugsweise aus Fettsubstanz bestan¬
den, sich daher beim Einbetten in Paraffin lösten und an den
Schnitten leere Lücken zurückliessen, wird hier das Fett augen¬
scheinlich durch Eiweisskörper ersetzt, welche nach sonstigen
Erfahrungen zu schliessen im Wesentlichen die Substanz dieser
Körner ausmachen dürften.

Färbt man die aus dem Osmiumgemisch stammenden Drü¬
senschnitte statt mit Fuchsin — Picrin mit starkem Haema¬
toxylin (nach Delafield) 12 Stunden lang, so ist die Peripherie
der Körner ebenfalls dunkel gefärbt, das Centrum aber hell
geblieben; zum Unterschiede aber erscheint die dunkle Peripherie

1 Cloquet, Mémoire sur l'Existence etc. — Mémoires du Muséum d'Hi¬
stoire naturelle, Tome VII. 1881.
2 Duvernoy, Mémoire sur les caractères etc. — Annales des Sciences
naturelles, Tome XXVI. 1832. — Derselbe, Fragments d'Anatomie etc. —
Ebenda, Tome XXX. 1833.
3 Born, Die Nasenhöhlen etc. — Morphologisches Jahrbuch, Bd. VIII. 1883.
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[10[109]/0125] Die Secretionserscheinungen in den Zellen. Verwandten, so wollte es mir lange Zeit nicht gelingen, die hier vorhandenen Bilder zu verstehen. Den Schlüssel für dieses Ver¬ ständniss fand ich endlich in der Augendrüse der Ringelnatter. Dieses Organ hat eine Theilung in Thränendrüse und Har¬ der'sche Drüse noch nicht erfahren, sondern zieht sich als ein¬ heitlicher Drüsenkörper vom äussern Augenwinkel zum innern unterhalb des Bulbus hin. Schon Cloquet 1 und Duvernoy 2 haben betont, dass das Secret dieser relativ grossen Drüse zwar den nach aussen hin hier völlig abgeschlossenen Bindehautsack anfeuchte, im Wesentlichen aber durch den Thränenrachenkanal in den Schlund gelange, um als Speichel den Schlingakt zu erleichtern, und Born 3 fand die Einmündung des Ausführungs¬ ganges der Drüse in den Anfangtheil des Thränenrachenkanales; Duvernoy hebt ausdrücklich hervor, dass besonders bei Typhlops die übermässige Entwickelung der Drüse gegenüber den rudi¬ mentären Augen in keinem Maassverhältniss stehe, um ihren Charakter als Thränendrüse zu rechtfertigen. Fig. 1 Tafel XX zeigt uns einen Acinus der Natterdrüse. Die Zellen sind gefüllt mit grossen Körnern, welche graugelb gefärbt ein helleres Centrum und eine dunklere Peripherie er¬ kennen lassen. Während in den vorher geschilderten Harder¬ schen Drüsen die Körner vorzugsweise aus Fettsubstanz bestan¬ den, sich daher beim Einbetten in Paraffin lösten und an den Schnitten leere Lücken zurückliessen, wird hier das Fett augen¬ scheinlich durch Eiweisskörper ersetzt, welche nach sonstigen Erfahrungen zu schliessen im Wesentlichen die Substanz dieser Körner ausmachen dürften. Färbt man die aus dem Osmiumgemisch stammenden Drü¬ senschnitte statt mit Fuchsin — Picrin mit starkem Haema¬ toxylin (nach Delafield) 12 Stunden lang, so ist die Peripherie der Körner ebenfalls dunkel gefärbt, das Centrum aber hell geblieben; zum Unterschiede aber erscheint die dunkle Peripherie 1 Cloquet, Mémoire sur l'Existence etc. — Mémoires du Muséum d'Hi¬ stoire naturelle, Tome VII. 1881. 2 Duvernoy, Mémoire sur les caractères etc. — Annales des Sciences naturelles, Tome XXVI. 1832. — Derselbe, Fragments d'Anatomie etc. — Ebenda, Tome XXX. 1833. 3 Born, Die Nasenhöhlen etc. — Morphologisches Jahrbuch, Bd. VIII. 1883.

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 10[109]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/125>, abgerufen am 18.04.2024.