Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte Ursache, die Sache zu vertuschen. Ob man
Spottweisen angestimmt, was man schrie, welche
Reden man sich gegen den Bevollmächtigten des
französischen Kaisers erlaubt, blieb unausgemacht,
aber junge Officiere hatten ihre Säbel gezogen, und
auf den Treppenstufen zum Hotel gewetzt. Es konnte
im Dunkeln geschehen. Weder die Sterne am Him¬
mel noch die spärliche Straßenbeleuchtung machten
die Uebermüthigen kenntlich. Aber plötzlich, wie durch
einen Zauberschlag, wurde es im Hotel hell. Die
Fenster, von denen man die Läden fortriß, glänzten
von so schnell angezündeten Kerzen, daß die Ver¬
muthung wenigstens da war, der Ambassadeur habe,
wie von Allem, auch von diesem Impromptu Wit¬
terung gehabt. Symbol für Symbol. Wir kündi¬
gen den Frieden, rief der Klang; ich nehme die Kün¬
digung an, antwortete der Lichterschein. Uebrigens
blieb es todtenstill im Haus, kein Kopf zeigte sich
an den Fenstern.

Die älteren und besonneneren Officiere waren
bei dieser unheimlichen Manifestation zurückgesprun¬
gen, und hüllten sich in ihre Mäntel. Nur einige
jüngere, in denen der Wein glühte, waren durch
den Lichtschein, auch wohl durch die Acclamationen
des Straßenpublikums, das sich in immer dichte¬
ren Schaaren sammelte, noch mehr entzündet. Aber
während ihre geschwungenen Pallasche funkelten,
vernahmen andere schon deutlich Hufschlag und in
der Scheide klirrende Säbel. War auch hier ein

hatte Urſache, die Sache zu vertuſchen. Ob man
Spottweiſen angeſtimmt, was man ſchrie, welche
Reden man ſich gegen den Bevollmächtigten des
franzöſiſchen Kaiſers erlaubt, blieb unausgemacht,
aber junge Officiere hatten ihre Säbel gezogen, und
auf den Treppenſtufen zum Hotel gewetzt. Es konnte
im Dunkeln geſchehen. Weder die Sterne am Him¬
mel noch die ſpärliche Straßenbeleuchtung machten
die Uebermüthigen kenntlich. Aber plötzlich, wie durch
einen Zauberſchlag, wurde es im Hotel hell. Die
Fenſter, von denen man die Läden fortriß, glänzten
von ſo ſchnell angezündeten Kerzen, daß die Ver¬
muthung wenigſtens da war, der Ambaſſadeur habe,
wie von Allem, auch von dieſem Impromptu Wit¬
terung gehabt. Symbol für Symbol. Wir kündi¬
gen den Frieden, rief der Klang; ich nehme die Kün¬
digung an, antwortete der Lichterſchein. Uebrigens
blieb es todtenſtill im Haus, kein Kopf zeigte ſich
an den Fenſtern.

Die älteren und beſonneneren Officiere waren
bei dieſer unheimlichen Manifeſtation zurückgeſprun¬
gen, und hüllten ſich in ihre Mäntel. Nur einige
jüngere, in denen der Wein glühte, waren durch
den Lichtſchein, auch wohl durch die Acclamationen
des Straßenpublikums, das ſich in immer dichte¬
ren Schaaren ſammelte, noch mehr entzündet. Aber
während ihre geſchwungenen Pallaſche funkelten,
vernahmen andere ſchon deutlich Hufſchlag und in
der Scheide klirrende Säbel. War auch hier ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="53"/>
hatte Ur&#x017F;ache, die Sache zu vertu&#x017F;chen. Ob man<lb/>
Spottwei&#x017F;en ange&#x017F;timmt, was man &#x017F;chrie, welche<lb/>
Reden man &#x017F;ich gegen den Bevollmächtigten des<lb/>
franzö&#x017F;i&#x017F;chen Kai&#x017F;ers erlaubt, blieb unausgemacht,<lb/>
aber junge Officiere hatten ihre Säbel gezogen, und<lb/>
auf den Treppen&#x017F;tufen zum Hotel gewetzt. Es konnte<lb/>
im Dunkeln ge&#x017F;chehen. Weder die Sterne am Him¬<lb/>
mel noch die &#x017F;pärliche Straßenbeleuchtung machten<lb/>
die Uebermüthigen kenntlich. Aber plötzlich, wie durch<lb/>
einen Zauber&#x017F;chlag, wurde es im Hotel hell. Die<lb/>
Fen&#x017F;ter, von denen man die Läden fortriß, glänzten<lb/>
von &#x017F;o &#x017F;chnell angezündeten Kerzen, daß die Ver¬<lb/>
muthung wenig&#x017F;tens da war, der Amba&#x017F;&#x017F;adeur habe,<lb/>
wie von Allem, auch von die&#x017F;em Impromptu Wit¬<lb/>
terung gehabt. Symbol für Symbol. Wir kündi¬<lb/>
gen den Frieden, rief der Klang; ich nehme die Kün¬<lb/>
digung an, antwortete der Lichter&#x017F;chein. Uebrigens<lb/>
blieb es todten&#x017F;till im Haus, kein Kopf zeigte &#x017F;ich<lb/>
an den Fen&#x017F;tern.</p><lb/>
        <p>Die älteren und be&#x017F;onneneren Officiere waren<lb/>
bei die&#x017F;er unheimlichen Manife&#x017F;tation zurückge&#x017F;prun¬<lb/>
gen, und hüllten &#x017F;ich in ihre Mäntel. Nur einige<lb/>
jüngere, in denen der Wein glühte, waren durch<lb/>
den Licht&#x017F;chein, auch wohl durch die Acclamationen<lb/>
des Straßenpublikums, das &#x017F;ich in immer dichte¬<lb/>
ren Schaaren &#x017F;ammelte, noch mehr entzündet. Aber<lb/>
während ihre ge&#x017F;chwungenen Palla&#x017F;che funkelten,<lb/>
vernahmen andere &#x017F;chon deutlich Huf&#x017F;chlag und in<lb/>
der Scheide klirrende Säbel. War auch hier ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0063] hatte Urſache, die Sache zu vertuſchen. Ob man Spottweiſen angeſtimmt, was man ſchrie, welche Reden man ſich gegen den Bevollmächtigten des franzöſiſchen Kaiſers erlaubt, blieb unausgemacht, aber junge Officiere hatten ihre Säbel gezogen, und auf den Treppenſtufen zum Hotel gewetzt. Es konnte im Dunkeln geſchehen. Weder die Sterne am Him¬ mel noch die ſpärliche Straßenbeleuchtung machten die Uebermüthigen kenntlich. Aber plötzlich, wie durch einen Zauberſchlag, wurde es im Hotel hell. Die Fenſter, von denen man die Läden fortriß, glänzten von ſo ſchnell angezündeten Kerzen, daß die Ver¬ muthung wenigſtens da war, der Ambaſſadeur habe, wie von Allem, auch von dieſem Impromptu Wit¬ terung gehabt. Symbol für Symbol. Wir kündi¬ gen den Frieden, rief der Klang; ich nehme die Kün¬ digung an, antwortete der Lichterſchein. Uebrigens blieb es todtenſtill im Haus, kein Kopf zeigte ſich an den Fenſtern. Die älteren und beſonneneren Officiere waren bei dieſer unheimlichen Manifeſtation zurückgeſprun¬ gen, und hüllten ſich in ihre Mäntel. Nur einige jüngere, in denen der Wein glühte, waren durch den Lichtſchein, auch wohl durch die Acclamationen des Straßenpublikums, das ſich in immer dichte¬ ren Schaaren ſammelte, noch mehr entzündet. Aber während ihre geſchwungenen Pallaſche funkelten, vernahmen andere ſchon deutlich Hufſchlag und in der Scheide klirrende Säbel. War auch hier ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/63
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/63>, abgerufen am 24.11.2024.