hast Recht, ich muß ja jetzt auch romantisch sein, auf jeden Fall aber bleibe -- ein Patriot!"
"Platz!" rief es, der Hochzeitzug bewegte sich fort. Aber als der Geheimrath Lupinus mit der ihm eben angetrauten Frau Geheimräthin nach dem Lust¬ garten schritt, rief es wieder: "Platz! Ihre Majestät die Königin!" Der Zug stiebte auseinander, als der Wagen sich langsam Platz machte. Charlotte hatte in der Kirche viel geweint vor Gemüthsbewegung, und sie hatte Gründe: der Tod ihres Wachtmeisters, die unverhoffte Ehre, zu der er ihr endlich verhalf, und der Verdruß, daß sie keine Kutschen und Pferde erhalten können. Die waren alle requirirt zum Trans¬ port und für die Fliehenden. Ein Brautzug zu Fuß hatte ihr eine Entwürdigung der Ehe gedünkt. Was aber war das gegen ihr Gefühl, ihre Bestürzung, nein, es war ein Donnerschlag, als man ihr auf die Schulter stieß: "Zurück! die Königin!" Die Königin hatte halten und warten müssen um Charlotten! -- Sie sah das holdselige Gesicht der Königin, das ver¬ wundert über das Unerwartete zum Kutschenschlage herausblickte. Da war's um sie geschehn; es war zu viel. In ihrem Brautanzuge, der sehr kostbar war, aber doch vielleicht aus der Garderobe der seligen Frau Geheimräthin, war sie auf die Knie gestürzt, das schwere bauschigte Damastkleid im Gemüll der Straße! "Gnade, allerdurchlauchtigste Königin, aber ich kann nicht dafür. Er hat mich geheirathet." Als die Königin, die vielleicht ein Bittgesuch vermuthete, den Kopf weiter vorbeugte,
haſt Recht, ich muß ja jetzt auch romantiſch ſein, auf jeden Fall aber bleibe — ein Patriot!“
„Platz!“ rief es, der Hochzeitzug bewegte ſich fort. Aber als der Geheimrath Lupinus mit der ihm eben angetrauten Frau Geheimräthin nach dem Luſt¬ garten ſchritt, rief es wieder: „Platz! Ihre Majeſtät die Königin!“ Der Zug ſtiebte auseinander, als der Wagen ſich langſam Platz machte. Charlotte hatte in der Kirche viel geweint vor Gemüthsbewegung, und ſie hatte Gründe: der Tod ihres Wachtmeiſters, die unverhoffte Ehre, zu der er ihr endlich verhalf, und der Verdruß, daß ſie keine Kutſchen und Pferde erhalten können. Die waren alle requirirt zum Trans¬ port und für die Fliehenden. Ein Brautzug zu Fuß hatte ihr eine Entwürdigung der Ehe gedünkt. Was aber war das gegen ihr Gefühl, ihre Beſtürzung, nein, es war ein Donnerſchlag, als man ihr auf die Schulter ſtieß: „Zurück! die Königin!“ Die Königin hatte halten und warten müſſen um Charlotten! — Sie ſah das holdſelige Geſicht der Königin, das ver¬ wundert über das Unerwartete zum Kutſchenſchlage herausblickte. Da war's um ſie geſchehn; es war zu viel. In ihrem Brautanzuge, der ſehr koſtbar war, aber doch vielleicht aus der Garderobe der ſeligen Frau Geheimräthin, war ſie auf die Knie geſtürzt, das ſchwere bauſchigte Damaſtkleid im Gemüll der Straße! „Gnade, allerdurchlauchtigſte Königin, aber ich kann nicht dafür. Er hat mich geheirathet.“ Als die Königin, die vielleicht ein Bittgeſuch vermuthete, den Kopf weiter vorbeugte,
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haſt Recht, ich muß ja jetzt auch romantiſch ſein, auf
jeden Fall aber bleibe — ein Patriot!“
„Platz!“ rief es, der Hochzeitzug bewegte ſich
fort. Aber als der Geheimrath Lupinus mit der ihm
eben angetrauten Frau Geheimräthin nach dem Luſt¬
garten ſchritt, rief es wieder: „Platz! Ihre Majeſtät
die Königin!“ Der Zug ſtiebte auseinander, als
der Wagen ſich langſam Platz machte. Charlotte
hatte in der Kirche viel geweint vor Gemüthsbewegung,
und ſie hatte Gründe: der Tod ihres Wachtmeiſters,
die unverhoffte Ehre, zu der er ihr endlich verhalf,
und der Verdruß, daß ſie keine Kutſchen und Pferde
erhalten können. Die waren alle requirirt zum Trans¬
port und für die Fliehenden. Ein Brautzug zu Fuß
hatte ihr eine Entwürdigung der Ehe gedünkt. Was
aber war das gegen ihr Gefühl, ihre Beſtürzung,
nein, es war ein Donnerſchlag, als man ihr auf die
Schulter ſtieß: „Zurück! die Königin!“ Die Königin
hatte halten und warten müſſen um Charlotten! —
Sie ſah das holdſelige Geſicht der Königin, das ver¬
wundert über das Unerwartete zum Kutſchenſchlage
herausblickte. Da war's um ſie geſchehn; es war zu
viel. In ihrem Brautanzuge, der ſehr koſtbar war,
aber doch vielleicht aus der Garderobe der ſeligen Frau
Geheimräthin, war ſie auf die Knie geſtürzt, das ſchwere
bauſchigte Damaſtkleid im Gemüll der Straße! „Gnade,
allerdurchlauchtigſte Königin, aber ich kann nicht dafür.
Er hat mich geheirathet.“ Als die Königin, die vielleicht
ein Bittgeſuch vermuthete, den Kopf weiter vorbeugte,
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/392>, abgerufen am 28.11.2024.
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