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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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man, daß Sie auf einer Mission nach Franken wa¬
ren. Sollten Sie vielleicht eine freie Reichsstadt,
einen Abt und Bischof oder gar die Bauern aufwie¬
geln? Was kommt es meinem Kaiser darauf an!
Die Deutschen lassen sich nicht aufwiegeln. Oder
sollten Sie belauschen, welchen Plan wir gemacht,
durch den Thüringer Wald zu brechen? Unsre That
kommt überall Ihren Spionen zuvor. Wir sind
durchgebrochen, wir haben geschlagen."

Der Gefangene schwieg, der Andre fuhr nach
einer Pause fort:

"Kamerad, aus Vorsicht möchte ich Ihnen an¬
rathen, präpariren Sie sich noch für einige Momente
auf das Leben. Sahen Sie nicht, daß der Kaiser
einen eigenthümlichen Blick auf Sie warf? Er wandte
noch einmal sein Pferd, um Sie wieder anzusehen."

"Wie der Tiger sein Opfer, ehe er es zerreißt.
Das war sein Blick auf Leichenhaufen."

"Die sieht er vor jeder Schlacht. Ob eine mehr
oder weniger, darauf kommt es --"

"Dem Großhändler über Menschenleben freilich
nicht an."

"Sie haben den unnatürlichen Haß Ihrer Na¬
tion gegen ihn eingeimpft."

"Nein!" antwortete Bovillard nach einigem Be¬
sinnen.

"Dann würden Sie sich selbst sagen: wenn ein
Fürst einen zum Tode Verurtheilten vor sein Auge
ließ, bedeutete es sonst Gnade."

man, daß Sie auf einer Miſſion nach Franken wa¬
ren. Sollten Sie vielleicht eine freie Reichsſtadt,
einen Abt und Biſchof oder gar die Bauern aufwie¬
geln? Was kommt es meinem Kaiſer darauf an!
Die Deutſchen laſſen ſich nicht aufwiegeln. Oder
ſollten Sie belauſchen, welchen Plan wir gemacht,
durch den Thüringer Wald zu brechen? Unſre That
kommt überall Ihren Spionen zuvor. Wir ſind
durchgebrochen, wir haben geſchlagen.“

Der Gefangene ſchwieg, der Andre fuhr nach
einer Pauſe fort:

„Kamerad, aus Vorſicht möchte ich Ihnen an¬
rathen, präpariren Sie ſich noch für einige Momente
auf das Leben. Sahen Sie nicht, daß der Kaiſer
einen eigenthümlichen Blick auf Sie warf? Er wandte
noch einmal ſein Pferd, um Sie wieder anzuſehen.“

„Wie der Tiger ſein Opfer, ehe er es zerreißt.
Das war ſein Blick auf Leichenhaufen.“

„Die ſieht er vor jeder Schlacht. Ob eine mehr
oder weniger, darauf kommt es —“

„Dem Großhändler über Menſchenleben freilich
nicht an.“

„Sie haben den unnatürlichen Haß Ihrer Na¬
tion gegen ihn eingeimpft.“

„Nein!“ antwortete Bovillard nach einigem Be¬
ſinnen.

„Dann würden Sie ſich ſelbſt ſagen: wenn ein
Fürſt einen zum Tode Verurtheilten vor ſein Auge
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[279/0289] man, daß Sie auf einer Miſſion nach Franken wa¬ ren. Sollten Sie vielleicht eine freie Reichsſtadt, einen Abt und Biſchof oder gar die Bauern aufwie¬ geln? Was kommt es meinem Kaiſer darauf an! Die Deutſchen laſſen ſich nicht aufwiegeln. Oder ſollten Sie belauſchen, welchen Plan wir gemacht, durch den Thüringer Wald zu brechen? Unſre That kommt überall Ihren Spionen zuvor. Wir ſind durchgebrochen, wir haben geſchlagen.“ Der Gefangene ſchwieg, der Andre fuhr nach einer Pauſe fort: „Kamerad, aus Vorſicht möchte ich Ihnen an¬ rathen, präpariren Sie ſich noch für einige Momente auf das Leben. Sahen Sie nicht, daß der Kaiſer einen eigenthümlichen Blick auf Sie warf? Er wandte noch einmal ſein Pferd, um Sie wieder anzuſehen.“ „Wie der Tiger ſein Opfer, ehe er es zerreißt. Das war ſein Blick auf Leichenhaufen.“ „Die ſieht er vor jeder Schlacht. Ob eine mehr oder weniger, darauf kommt es —“ „Dem Großhändler über Menſchenleben freilich nicht an.“ „Sie haben den unnatürlichen Haß Ihrer Na¬ tion gegen ihn eingeimpft.“ „Nein!“ antwortete Bovillard nach einigem Be¬ ſinnen. „Dann würden Sie ſich ſelbſt ſagen: wenn ein Fürſt einen zum Tode Verurtheilten vor ſein Auge ließ, bedeutete es ſonſt Gnade.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/289>, abgerufen am 24.11.2024.