Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

bracht. Die Massen der kaiserlichen Garden und
Linientruppen standen, ein dicht gedrängt Quarre,
auf dem Bergufer, und auf dem Landgrafenberg, dem
höchsten Punkte, von dem das Auge eine weite Aus¬
sicht hat auf die Hochebene, die sich nach Weimar er¬
streckt, erschien der Feldherr in der Mitte der Seinen.
Fackeln beleuchteten den grauen Mantelrock, das
schöne, prüfende Auge des Siegers, während er längs
der Reihen ritt, und den Jubel, der ihn begrüßte
und verdoppelt bei jeder neuen Reihe in die Luft
schallte, mit dem Lüften seines Hutes erwiederte.
Seine Lippen blieben verschlossen, die Augen spra¬
chen um so beredter: es ist morgen ein größerer Tag,
denn je!

Der Jubel verhallte, er war in das Gebüsch
geritten, um -- zu ruhen, bis der Tag der Ent¬
scheidung anbrach. Auch seinen Kriegern war es
jetzt vergönnt. Sie sanken hin, wo sie in Reih und
Glied gestanden, die neben dem Pferde, die unter
der Kanone; die kalte Nacht ihr Mantel. Hier brann¬
ten wenige Feuer, auch diese halb versteckt hinter Ge¬
büsch und Erderhöhungen. Die Augen schlossen sich, ein
allgemeines Schnarchen, ein Bild des Friedens wenige
Stunden vor einem Gemälde des Todes, und welchem!

Nicht Alle schliefen. Die dunklen Gestalten dort
vorn, in ihre grauen Capotmäntel gehüllt, das Ge¬
wehr in den Arm gedrückt, gegen einen Baum ge¬
lehnt, an einen Steinhaufen gekauert, hatten scharf
das Aug geöffnet. Es verfolgte jeden Rauchwirbel,

bracht. Die Maſſen der kaiſerlichen Garden und
Linientruppen ſtanden, ein dicht gedrängt Quarré,
auf dem Bergufer, und auf dem Landgrafenberg, dem
höchſten Punkte, von dem das Auge eine weite Aus¬
ſicht hat auf die Hochebene, die ſich nach Weimar er¬
ſtreckt, erſchien der Feldherr in der Mitte der Seinen.
Fackeln beleuchteten den grauen Mantelrock, das
ſchöne, prüfende Auge des Siegers, während er längs
der Reihen ritt, und den Jubel, der ihn begrüßte
und verdoppelt bei jeder neuen Reihe in die Luft
ſchallte, mit dem Lüften ſeines Hutes erwiederte.
Seine Lippen blieben verſchloſſen, die Augen ſpra¬
chen um ſo beredter: es iſt morgen ein größerer Tag,
denn je!

Der Jubel verhallte, er war in das Gebüſch
geritten, um — zu ruhen, bis der Tag der Ent¬
ſcheidung anbrach. Auch ſeinen Kriegern war es
jetzt vergönnt. Sie ſanken hin, wo ſie in Reih und
Glied geſtanden, die neben dem Pferde, die unter
der Kanone; die kalte Nacht ihr Mantel. Hier brann¬
ten wenige Feuer, auch dieſe halb verſteckt hinter Ge¬
büſch und Erderhöhungen. Die Augen ſchloſſen ſich, ein
allgemeines Schnarchen, ein Bild des Friedens wenige
Stunden vor einem Gemälde des Todes, und welchem!

Nicht Alle ſchliefen. Die dunklen Geſtalten dort
vorn, in ihre grauen Capotmäntel gehüllt, das Ge¬
wehr in den Arm gedrückt, gegen einen Baum ge¬
lehnt, an einen Steinhaufen gekauert, hatten ſcharf
das Aug geöffnet. Es verfolgte jeden Rauchwirbel,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0284" n="274"/>
bracht. Die Ma&#x017F;&#x017F;en der kai&#x017F;erlichen Garden und<lb/>
Linientruppen &#x017F;tanden, ein dicht gedrängt Quarr<hi rendition="#aq">é</hi>,<lb/>
auf dem Bergufer, und auf dem Landgrafenberg, dem<lb/>
höch&#x017F;ten Punkte, von dem das Auge eine weite Aus¬<lb/>
&#x017F;icht hat auf die Hochebene, die &#x017F;ich nach Weimar er¬<lb/>
&#x017F;treckt, er&#x017F;chien der Feldherr in der Mitte der Seinen.<lb/>
Fackeln beleuchteten den grauen Mantelrock, das<lb/>
&#x017F;chöne, prüfende Auge des Siegers, während er längs<lb/>
der Reihen ritt, und den Jubel, der ihn begrüßte<lb/>
und verdoppelt bei jeder neuen Reihe in die Luft<lb/>
&#x017F;challte, mit dem Lüften &#x017F;eines Hutes erwiederte.<lb/>
Seine Lippen blieben ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, die Augen &#x017F;pra¬<lb/>
chen um &#x017F;o beredter: es i&#x017F;t morgen ein größerer Tag,<lb/>
denn je!</p><lb/>
        <p>Der Jubel verhallte, er war in das Gebü&#x017F;ch<lb/>
geritten, um &#x2014; zu ruhen, bis der Tag der Ent¬<lb/>
&#x017F;cheidung anbrach. Auch &#x017F;einen Kriegern war es<lb/>
jetzt vergönnt. Sie &#x017F;anken hin, wo &#x017F;ie in Reih und<lb/>
Glied ge&#x017F;tanden, die neben dem Pferde, die unter<lb/>
der Kanone; die kalte Nacht ihr Mantel. Hier brann¬<lb/>
ten wenige Feuer, auch die&#x017F;e halb ver&#x017F;teckt hinter Ge¬<lb/>&#x017F;ch und Erderhöhungen. Die Augen &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich, ein<lb/>
allgemeines Schnarchen, ein Bild des Friedens wenige<lb/>
Stunden vor einem Gemälde des Todes, und welchem!</p><lb/>
        <p>Nicht Alle &#x017F;chliefen. Die dunklen Ge&#x017F;talten dort<lb/>
vorn, in ihre grauen Capotmäntel gehüllt, das Ge¬<lb/>
wehr in den Arm gedrückt, gegen einen Baum ge¬<lb/>
lehnt, an einen Steinhaufen gekauert, hatten &#x017F;charf<lb/>
das Aug geöffnet. Es verfolgte jeden Rauchwirbel,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0284] bracht. Die Maſſen der kaiſerlichen Garden und Linientruppen ſtanden, ein dicht gedrängt Quarré, auf dem Bergufer, und auf dem Landgrafenberg, dem höchſten Punkte, von dem das Auge eine weite Aus¬ ſicht hat auf die Hochebene, die ſich nach Weimar er¬ ſtreckt, erſchien der Feldherr in der Mitte der Seinen. Fackeln beleuchteten den grauen Mantelrock, das ſchöne, prüfende Auge des Siegers, während er längs der Reihen ritt, und den Jubel, der ihn begrüßte und verdoppelt bei jeder neuen Reihe in die Luft ſchallte, mit dem Lüften ſeines Hutes erwiederte. Seine Lippen blieben verſchloſſen, die Augen ſpra¬ chen um ſo beredter: es iſt morgen ein größerer Tag, denn je! Der Jubel verhallte, er war in das Gebüſch geritten, um — zu ruhen, bis der Tag der Ent¬ ſcheidung anbrach. Auch ſeinen Kriegern war es jetzt vergönnt. Sie ſanken hin, wo ſie in Reih und Glied geſtanden, die neben dem Pferde, die unter der Kanone; die kalte Nacht ihr Mantel. Hier brann¬ ten wenige Feuer, auch dieſe halb verſteckt hinter Ge¬ büſch und Erderhöhungen. Die Augen ſchloſſen ſich, ein allgemeines Schnarchen, ein Bild des Friedens wenige Stunden vor einem Gemälde des Todes, und welchem! Nicht Alle ſchliefen. Die dunklen Geſtalten dort vorn, in ihre grauen Capotmäntel gehüllt, das Ge¬ wehr in den Arm gedrückt, gegen einen Baum ge¬ lehnt, an einen Steinhaufen gekauert, hatten ſcharf das Aug geöffnet. Es verfolgte jeden Rauchwirbel,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/284
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/284>, abgerufen am 24.11.2024.