Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

In einem dieser Pavillons hatte der Geheime
Kriegsrath Alltag seine Familie und einige Bekannte
vereinigt. Als Fuchsius die Baronin vorüberführte,
um sie nach ihrer Equipage zu geleiten, rief sie, durch
die hellen Fenster blickend: "Herr Je -- da geht ja
Adelheid mit dem jungen van Asten."

"Er war ihr hochverehrter Lehrer, sagte der Rath,
und der alte Alltag hat zum Abschied alle nächsten
Angehörigen zu sich gebeten."

"Geht er auch mit in den Krieg?"

"Er nicht, aber seine Tochter. Die Königin
folgt ihrem Gemahl in's Hauptquartier, und Mam¬
sell Alltag ist, als Gesellschafterin der Viereck, be¬
stimmt, Ihre Majestät mit zu begleiten."

"Das ist eigen, sagte die Baronin, das schöne,
junge Mädchen in den Krieg! Was man nicht er¬
lebt! Wissen Sie wohl, was ich glaube?"

"Gewiß etwas Richtiges."

"Der Alte mochte damals nicht die Brautschaft.
Jetzt, glaube ich, gäbe er etwas drum, wenn die Adel¬
heid beim jungen Asten geblieben wäre. Er ist ein
solider Mensch, und die Leute meinen, er wird eine
gute Carriere machen. Hübsch ist er nicht, aber es
ist so etwas in ihm -- man traut ihm auf's Wort."

Möglich, daß die Baronin das Richtige getroffen
hatte. Der alte Alltag, der schweigsam in der Ge¬
sellschaft umherging, drückte bei einer Gelegenheit ganz
besonders die Hand des jungen Asten, er dankte ihm
mit gerührter Stimme, daß er seine Tochter zu dem

V 17

In einem dieſer Pavillons hatte der Geheime
Kriegsrath Alltag ſeine Familie und einige Bekannte
vereinigt. Als Fuchſius die Baronin vorüberführte,
um ſie nach ihrer Equipage zu geleiten, rief ſie, durch
die hellen Fenſter blickend: „Herr Je — da geht ja
Adelheid mit dem jungen van Aſten.“

„Er war ihr hochverehrter Lehrer, ſagte der Rath,
und der alte Alltag hat zum Abſchied alle nächſten
Angehörigen zu ſich gebeten.“

„Geht er auch mit in den Krieg?“

„Er nicht, aber ſeine Tochter. Die Königin
folgt ihrem Gemahl in's Hauptquartier, und Mam¬
ſell Alltag iſt, als Geſellſchafterin der Viereck, be¬
ſtimmt, Ihre Majeſtät mit zu begleiten.“

„Das iſt eigen, ſagte die Baronin, das ſchöne,
junge Mädchen in den Krieg! Was man nicht er¬
lebt! Wiſſen Sie wohl, was ich glaube?“

„Gewiß etwas Richtiges.“

„Der Alte mochte damals nicht die Brautſchaft.
Jetzt, glaube ich, gäbe er etwas drum, wenn die Adel¬
heid beim jungen Aſten geblieben wäre. Er iſt ein
ſolider Menſch, und die Leute meinen, er wird eine
gute Carriere machen. Hübſch iſt er nicht, aber es
iſt ſo etwas in ihm — man traut ihm auf’s Wort.“

Möglich, daß die Baronin das Richtige getroffen
hatte. Der alte Alltag, der ſchweigſam in der Ge¬
ſellſchaft umherging, drückte bei einer Gelegenheit ganz
beſonders die Hand des jungen Aſten, er dankte ihm
mit gerührter Stimme, daß er ſeine Tochter zu dem

V 17
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0267" n="257"/>
        <p>In einem die&#x017F;er Pavillons hatte der Geheime<lb/>
Kriegsrath Alltag &#x017F;eine Familie und einige Bekannte<lb/>
vereinigt. Als Fuch&#x017F;ius die Baronin vorüberführte,<lb/>
um &#x017F;ie nach ihrer Equipage zu geleiten, rief &#x017F;ie, durch<lb/>
die hellen Fen&#x017F;ter blickend: &#x201E;Herr Je &#x2014; da geht ja<lb/>
Adelheid mit dem jungen van A&#x017F;ten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er war ihr hochverehrter Lehrer, &#x017F;agte der Rath,<lb/>
und der alte Alltag hat zum Ab&#x017F;chied alle näch&#x017F;ten<lb/>
Angehörigen zu &#x017F;ich gebeten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Geht er auch mit in den Krieg?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er nicht, aber &#x017F;eine Tochter. Die Königin<lb/>
folgt ihrem Gemahl in's Hauptquartier, und Mam¬<lb/>
&#x017F;ell Alltag i&#x017F;t, als Ge&#x017F;ell&#x017F;chafterin der Viereck, be¬<lb/>
&#x017F;timmt, Ihre Maje&#x017F;tät mit zu begleiten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das i&#x017F;t eigen, &#x017F;agte die Baronin, das &#x017F;chöne,<lb/>
junge Mädchen in den Krieg! Was man nicht er¬<lb/>
lebt! Wi&#x017F;&#x017F;en Sie wohl, was ich glaube?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gewiß etwas Richtiges.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der Alte mochte damals nicht die Braut&#x017F;chaft.<lb/>
Jetzt, glaube ich, gäbe er etwas drum, wenn die Adel¬<lb/>
heid beim jungen A&#x017F;ten geblieben wäre. Er i&#x017F;t ein<lb/>
&#x017F;olider Men&#x017F;ch, und die Leute meinen, er wird eine<lb/>
gute Carriere machen. Hüb&#x017F;ch i&#x017F;t er nicht, aber es<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o etwas in ihm &#x2014; man traut ihm auf&#x2019;s Wort.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Möglich, daß die Baronin das Richtige getroffen<lb/>
hatte. Der alte Alltag, der &#x017F;chweig&#x017F;am in der Ge¬<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft umherging, drückte bei einer Gelegenheit ganz<lb/>
be&#x017F;onders die Hand des jungen A&#x017F;ten, er dankte ihm<lb/>
mit gerührter Stimme, daß er &#x017F;eine Tochter zu dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">V</hi> 17<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0267] In einem dieſer Pavillons hatte der Geheime Kriegsrath Alltag ſeine Familie und einige Bekannte vereinigt. Als Fuchſius die Baronin vorüberführte, um ſie nach ihrer Equipage zu geleiten, rief ſie, durch die hellen Fenſter blickend: „Herr Je — da geht ja Adelheid mit dem jungen van Aſten.“ „Er war ihr hochverehrter Lehrer, ſagte der Rath, und der alte Alltag hat zum Abſchied alle nächſten Angehörigen zu ſich gebeten.“ „Geht er auch mit in den Krieg?“ „Er nicht, aber ſeine Tochter. Die Königin folgt ihrem Gemahl in's Hauptquartier, und Mam¬ ſell Alltag iſt, als Geſellſchafterin der Viereck, be¬ ſtimmt, Ihre Majeſtät mit zu begleiten.“ „Das iſt eigen, ſagte die Baronin, das ſchöne, junge Mädchen in den Krieg! Was man nicht er¬ lebt! Wiſſen Sie wohl, was ich glaube?“ „Gewiß etwas Richtiges.“ „Der Alte mochte damals nicht die Brautſchaft. Jetzt, glaube ich, gäbe er etwas drum, wenn die Adel¬ heid beim jungen Aſten geblieben wäre. Er iſt ein ſolider Menſch, und die Leute meinen, er wird eine gute Carriere machen. Hübſch iſt er nicht, aber es iſt ſo etwas in ihm — man traut ihm auf’s Wort.“ Möglich, daß die Baronin das Richtige getroffen hatte. Der alte Alltag, der ſchweigſam in der Ge¬ ſellſchaft umherging, drückte bei einer Gelegenheit ganz beſonders die Hand des jungen Aſten, er dankte ihm mit gerührter Stimme, daß er ſeine Tochter zu dem V 17

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/267
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/267>, abgerufen am 22.05.2024.