lichkeit, auf den Scharfsinn unsrer Justiz vertrauen. Die steht doch noch rein, unparteiisch da. Oder wäre auch dies nicht mehr? Sie konnten ihr Urtheil, bis sie gesprochen, sparen. Nein, es ist ihre Lust, ihr Kitzel, zu verurtheilen, und mit einer wahren kani¬ balischen Wollust schwelgen sie darin, das Schlechte noch schlechter zu malen, das Große in's Ungeheure. Mein theuerster Regierungsrath, es ist Vieles in diesem Staate faul, ich stehe vor einem echten Pa¬ trioten, der das mehr als Einer fühlt, aber -- es ist nicht die Regierung allein, im Volke selbst -- wenn die Menschen aller Stände nur erwerben wol¬ len und vergessen, daß alle Güter der Selbstständig¬ keit und der Nationalehre untergeordnet werden müs¬ sen, wenn ein Volk sein Dasein behaupten will, wenn ich dies Treiben sehe, dann ist mir oft, als müsse das Strafgericht vor der Thür stehen -- Und steht es nicht vielleicht schon da?"
Sein tiefer Blick war nach oben gerichtet. Er drückte Fuchsius noch einmal die Hand und wollte hinaus.
"Wohin so eilig?"
"Zu meinem alten Geschäftsfreunde, dem un¬ glücklichen van Asten."
"Es kam ja noch nicht zum Aeußersten."
"Das -- sehn Sie -- das nenne ich gegen die Moralität!"
"Daß er aus Versehen eine Quantität Waaren sich verschrieb, die seine Kräfte übersteigt? Der Wein
lichkeit, auf den Scharfſinn unſrer Juſtiz vertrauen. Die ſteht doch noch rein, unparteiiſch da. Oder wäre auch dies nicht mehr? Sie konnten ihr Urtheil, bis ſie geſprochen, ſparen. Nein, es iſt ihre Luſt, ihr Kitzel, zu verurtheilen, und mit einer wahren kani¬ baliſchen Wolluſt ſchwelgen ſie darin, das Schlechte noch ſchlechter zu malen, das Große in's Ungeheure. Mein theuerſter Regierungsrath, es iſt Vieles in dieſem Staate faul, ich ſtehe vor einem echten Pa¬ trioten, der das mehr als Einer fühlt, aber — es iſt nicht die Regierung allein, im Volke ſelbſt — wenn die Menſchen aller Stände nur erwerben wol¬ len und vergeſſen, daß alle Güter der Selbſtſtändig¬ keit und der Nationalehre untergeordnet werden müſ¬ ſen, wenn ein Volk ſein Daſein behaupten will, wenn ich dies Treiben ſehe, dann iſt mir oft, als müſſe das Strafgericht vor der Thür ſtehen — Und ſteht es nicht vielleicht ſchon da?“
Sein tiefer Blick war nach oben gerichtet. Er drückte Fuchſius noch einmal die Hand und wollte hinaus.
„Wohin ſo eilig?“
„Zu meinem alten Geſchäftsfreunde, dem un¬ glücklichen van Aſten.“
„Es kam ja noch nicht zum Aeußerſten.“
„Das — ſehn Sie — das nenne ich gegen die Moralität!“
„Daß er aus Verſehen eine Quantität Waaren ſich verſchrieb, die ſeine Kräfte überſteigt? Der Wein
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lichkeit, auf den Scharfſinn unſrer Juſtiz vertrauen.
Die ſteht doch noch rein, unparteiiſch da. Oder wäre
auch dies nicht mehr? Sie konnten ihr Urtheil, bis
ſie geſprochen, ſparen. Nein, es iſt ihre Luſt, ihr
Kitzel, zu verurtheilen, und mit einer wahren kani¬
baliſchen Wolluſt ſchwelgen ſie darin, das Schlechte
noch ſchlechter zu malen, das Große in's Ungeheure.
Mein theuerſter Regierungsrath, es iſt Vieles in
dieſem Staate faul, ich ſtehe vor einem echten Pa¬
trioten, der das mehr als Einer fühlt, aber — es
iſt nicht die Regierung allein, im Volke ſelbſt —
wenn die Menſchen aller Stände nur erwerben wol¬
len und vergeſſen, daß alle Güter der Selbſtſtändig¬
keit und der Nationalehre untergeordnet werden müſ¬
ſen, wenn ein Volk ſein Daſein behaupten will,
wenn ich dies Treiben ſehe, dann iſt mir oft, als
müſſe das Strafgericht vor der Thür ſtehen — Und
ſteht es nicht vielleicht ſchon da?“
Sein tiefer Blick war nach oben gerichtet. Er
drückte Fuchſius noch einmal die Hand und wollte
hinaus.
„Wohin ſo eilig?“
„Zu meinem alten Geſchäftsfreunde, dem un¬
glücklichen van Aſten.“
„Es kam ja noch nicht zum Aeußerſten.“
„Das — ſehn Sie — das nenne ich gegen die
Moralität!“
„Daß er aus Verſehen eine Quantität Waaren
ſich verſchrieb, die ſeine Kräfte überſteigt? Der Wein
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/214>, abgerufen am 22.11.2024.
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