seiner Titel geworden. Der Tribut allgemeiner Theil¬ nahme ward dem unsichtbaren Erben gezollt.
"Ach, ein so liebenswürdiger Herr, dem gönne ich's," sagte die Wirthin.
"Charmanter Cavalier, schmunzelte ihr Com¬ pagnon, der Baron. Gefällig gegen Jedermann, hat noch die feinen alten Hofsitten. Wenn solchem Mann ein Glück zufällt, da kann man doch noch sagen, es ist Gerechtigkeit drin. Die Glückspilze sind mir zuwider."
Die Braunbiegler meinte, er wäre todt, und nun könnte man ihn in Ruhe lassen. Die Lupinus nickte ihr beistimmend zu. Sei uns noch eine, die letzte Rede der Wirthin in ihrer Mundart vergönnt. Diese Mundart ist ja fast ausgestorben, wenigstens in den Kreisen, in die wir unsre Leser geführt, aber sie hat auch in ihnen geherrscht, und neben allen Dialecten der Philosophie und der Romantik, was der Gesell¬ schaft jener Zeit einen bunten Anstrich gab, von dem die jüngere Generation keinen Begriff hat.
"Wenn mir nu noch Ener kommt, trumpfte sie auf den Tisch, ob er todtig ist oder lebendig, des weeß ich, denn schmeiß ich die Karten fort. Zu ville ist zu ville. -- Aber, Frau Geheimderäthin, müssen Sie denn allemal vergeben?"
Der Bediente war eingetreten, offenbar mit einer Meldung, aber er schien zu zaudern, als er die Lu¬ pinus im Begriff sah, die wieder aufgenommenen Karten zu mischen.
ſeiner Titel geworden. Der Tribut allgemeiner Theil¬ nahme ward dem unſichtbaren Erben gezollt.
„Ach, ein ſo liebenswürdiger Herr, dem gönne ich's,“ ſagte die Wirthin.
„Charmanter Cavalier, ſchmunzelte ihr Com¬ pagnon, der Baron. Gefällig gegen Jedermann, hat noch die feinen alten Hofſitten. Wenn ſolchem Mann ein Glück zufällt, da kann man doch noch ſagen, es iſt Gerechtigkeit drin. Die Glückspilze ſind mir zuwider.“
Die Braunbiegler meinte, er wäre todt, und nun könnte man ihn in Ruhe laſſen. Die Lupinus nickte ihr beiſtimmend zu. Sei uns noch eine, die letzte Rede der Wirthin in ihrer Mundart vergönnt. Dieſe Mundart iſt ja faſt ausgeſtorben, wenigſtens in den Kreiſen, in die wir unſre Leſer geführt, aber ſie hat auch in ihnen geherrſcht, und neben allen Dialecten der Philoſophie und der Romantik, was der Geſell¬ ſchaft jener Zeit einen bunten Anſtrich gab, von dem die jüngere Generation keinen Begriff hat.
„Wenn mir nu noch Ener kommt, trumpfte ſie auf den Tiſch, ob er todtig iſt oder lebendig, des weeß ich, denn ſchmeiß ich die Karten fort. Zu ville iſt zu ville. — Aber, Frau Geheimderäthin, müſſen Sie denn allemal vergeben?“
Der Bediente war eingetreten, offenbar mit einer Meldung, aber er ſchien zu zaudern, als er die Lu¬ pinus im Begriff ſah, die wieder aufgenommenen Karten zu miſchen.
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ſeiner Titel geworden. Der Tribut allgemeiner Theil¬
nahme ward dem unſichtbaren Erben gezollt.
„Ach, ein ſo liebenswürdiger Herr, dem gönne
ich's,“ ſagte die Wirthin.
„Charmanter Cavalier, ſchmunzelte ihr Com¬
pagnon, der Baron. Gefällig gegen Jedermann, hat
noch die feinen alten Hofſitten. Wenn ſolchem Mann
ein Glück zufällt, da kann man doch noch ſagen, es
iſt Gerechtigkeit drin. Die Glückspilze ſind mir
zuwider.“
Die Braunbiegler meinte, er wäre todt, und nun
könnte man ihn in Ruhe laſſen. Die Lupinus nickte
ihr beiſtimmend zu. Sei uns noch eine, die letzte
Rede der Wirthin in ihrer Mundart vergönnt. Dieſe
Mundart iſt ja faſt ausgeſtorben, wenigſtens in den
Kreiſen, in die wir unſre Leſer geführt, aber ſie hat
auch in ihnen geherrſcht, und neben allen Dialecten
der Philoſophie und der Romantik, was der Geſell¬
ſchaft jener Zeit einen bunten Anſtrich gab, von dem
die jüngere Generation keinen Begriff hat.
„Wenn mir nu noch Ener kommt, trumpfte ſie
auf den Tiſch, ob er todtig iſt oder lebendig, des
weeß ich, denn ſchmeiß ich die Karten fort. Zu ville
iſt zu ville. — Aber, Frau Geheimderäthin, müſſen
Sie denn allemal vergeben?“
Der Bediente war eingetreten, offenbar mit einer
Meldung, aber er ſchien zu zaudern, als er die Lu¬
pinus im Begriff ſah, die wieder aufgenommenen
Karten zu miſchen.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/169>, abgerufen am 25.11.2024.
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