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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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den Rechtschaffenen und Guten nach ihrem Gefallen
aussuchen."

"Ihre Majestät, ich meine, es giebt Rücksichten
und Pflichten in jedem Lebenskreise."

"Ganz gewiß, aber es ist leichter, in den Hüt¬
ten ein stilles Glück sich zu bereiten und doch keine
Pflicht zu vergessen, als wenn unsre Wiege dem
Throne nahe stand."

Die Fürstin sprach es mit dem bewegt feierlichen
Tone, der keinen Widerspruch zuläßt. Ihr Auge
sah dabei wie verklärt in die Ferne. Wo ihre Ge¬
danken waren, ließ sie die Zuhörerin nicht lange er¬
rathen: "Auch ich habe einen Blick in dieses Glück
gethan. Es waren die schönsten, glänzendsten Stun¬
den meines Lebens. Damals, liebes Kind, hielt ich
es auch für das höchste Glück, was das höchste We¬
sen unterm Sternenzelt einer Sterblichen gewähren
könne, Königin zu sein über ein glückliches Volk."

Die Gedanken der Königin verfolgten die be¬
rühmte Huldigungsreise, welche sie nach der Thron¬
besteigung Friedrich Wilhelms III. mit ihrem Gemahl
gemacht. Tage waren es lichten Sonnenscheins, als
vorausgeschickte Cabinetsordres allen Prunk und alle
Ehrenbezeugungen verboten hatten; denn, hatte der
König erklärt, die Liebe des Volkes habe untrüg¬
lichere Merkmale, als Einholungen, Gedichte, Guir¬
landen und Ehrenpforten. Der Monarch hatte er¬
klärt, daß nur die Merkmale der Liebe für sein Herz
Werth hätten, welche, von keiner Gewohnheit und

den Rechtſchaffenen und Guten nach ihrem Gefallen
ausſuchen.“

„Ihre Majeſtät, ich meine, es giebt Rückſichten
und Pflichten in jedem Lebenskreiſe.“

„Ganz gewiß, aber es iſt leichter, in den Hüt¬
ten ein ſtilles Glück ſich zu bereiten und doch keine
Pflicht zu vergeſſen, als wenn unſre Wiege dem
Throne nahe ſtand.“

Die Fürſtin ſprach es mit dem bewegt feierlichen
Tone, der keinen Widerſpruch zuläßt. Ihr Auge
ſah dabei wie verklärt in die Ferne. Wo ihre Ge¬
danken waren, ließ ſie die Zuhörerin nicht lange er¬
rathen: „Auch ich habe einen Blick in dieſes Glück
gethan. Es waren die ſchönſten, glänzendſten Stun¬
den meines Lebens. Damals, liebes Kind, hielt ich
es auch für das höchſte Glück, was das höchſte We¬
ſen unterm Sternenzelt einer Sterblichen gewähren
könne, Königin zu ſein über ein glückliches Volk.“

Die Gedanken der Königin verfolgten die be¬
rühmte Huldigungsreiſe, welche ſie nach der Thron¬
beſteigung Friedrich Wilhelms III. mit ihrem Gemahl
gemacht. Tage waren es lichten Sonnenſcheins, als
vorausgeſchickte Cabinetsordres allen Prunk und alle
Ehrenbezeugungen verboten hatten; denn, hatte der
König erklärt, die Liebe des Volkes habe untrüg¬
lichere Merkmale, als Einholungen, Gedichte, Guir¬
landen und Ehrenpforten. Der Monarch hatte er¬
klärt, daß nur die Merkmale der Liebe für ſein Herz
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[116/0126] den Rechtſchaffenen und Guten nach ihrem Gefallen ausſuchen.“ „Ihre Majeſtät, ich meine, es giebt Rückſichten und Pflichten in jedem Lebenskreiſe.“ „Ganz gewiß, aber es iſt leichter, in den Hüt¬ ten ein ſtilles Glück ſich zu bereiten und doch keine Pflicht zu vergeſſen, als wenn unſre Wiege dem Throne nahe ſtand.“ Die Fürſtin ſprach es mit dem bewegt feierlichen Tone, der keinen Widerſpruch zuläßt. Ihr Auge ſah dabei wie verklärt in die Ferne. Wo ihre Ge¬ danken waren, ließ ſie die Zuhörerin nicht lange er¬ rathen: „Auch ich habe einen Blick in dieſes Glück gethan. Es waren die ſchönſten, glänzendſten Stun¬ den meines Lebens. Damals, liebes Kind, hielt ich es auch für das höchſte Glück, was das höchſte We¬ ſen unterm Sternenzelt einer Sterblichen gewähren könne, Königin zu ſein über ein glückliches Volk.“ Die Gedanken der Königin verfolgten die be¬ rühmte Huldigungsreiſe, welche ſie nach der Thron¬ beſteigung Friedrich Wilhelms III. mit ihrem Gemahl gemacht. Tage waren es lichten Sonnenſcheins, als vorausgeſchickte Cabinetsordres allen Prunk und alle Ehrenbezeugungen verboten hatten; denn, hatte der König erklärt, die Liebe des Volkes habe untrüg¬ lichere Merkmale, als Einholungen, Gedichte, Guir¬ landen und Ehrenpforten. Der Monarch hatte er¬ klärt, daß nur die Merkmale der Liebe für ſein Herz Werth hätten, welche, von keiner Gewohnheit und

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/126>, abgerufen am 23.11.2024.