Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.lich genug. Sie stand auf, sie sah, sie hörte nichts Wandel falzte das Papier und steckte es in die Er saß neben der Lupinus, als sie die Augen "Noch martern!" rief sie zusammenzuckend. "Nein, war die Antwort mit fester Stimme, nur "Das Wort nicht mehr aus Ihrem Munde! "Denken Sie, ich wäre eines, lächelte er. Ich lich genug. Sie ſtand auf, ſie ſah, ſie hörte nichts Wandel falzte das Papier und ſteckte es in die Er ſaß neben der Lupinus, als ſie die Augen „Noch martern!“ rief ſie zuſammenzuckend. „Nein, war die Antwort mit feſter Stimme, nur „Das Wort nicht mehr aus Ihrem Munde! „Denken Sie, ich wäre eines, lächelte er. Ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0357" n="347"/> lich genug. Sie ſtand auf, ſie ſah, ſie hörte nichts<lb/> mehr, quer durch das Zimmer wankend, ſtürzte ſie<lb/> auf's Sopha. Thränen, um zu weinen, fand ſie<lb/> nicht, die Augen brannten unter den vorgehaltenen<lb/> Händen. Endlich ward es ein krampfhaftes Schlucken,<lb/> Schluchzen, ihre Füße klappten auf dem Boden, ihre<lb/> Bruſt hob und ſenkte ſich, ſie holte Luft.</p><lb/> <p>Wandel falzte das Papier und ſteckte es in die<lb/> Brieftaſche, die Goldrollen hatten in den Taſchen nicht<lb/> rechten Platz. Er ſchlang um einen Theil ſein ſeidenes<lb/> Tuch, legte das Pack in den Hut und wollte leiſe zur<lb/> Thür hinaus, als — ihm ein anderer Gedanke kam.</p><lb/> <p>Er ſaß neben der Lupinus, als ſie die Augen<lb/> aufſchlug.</p><lb/> <p>„Noch martern!“ rief ſie zuſammenzuckend.</p><lb/> <p>„Nein, war die Antwort mit feſter Stimme, nur<lb/> zu ſtählen wünſchte ich meine Freundin.“</p><lb/> <p>„Das Wort nicht mehr aus Ihrem Munde!<lb/> Kennten Sie, was Erbarmen heißt, bäte ich Sie,<lb/> mir aus den Augen, aus meiner Nähe! Ein Todten¬<lb/> gerippe könnte mit ſeinen hohlen Augen mich nicht<lb/> ſo entſetzlich anſtarren.“</p><lb/> <p>„Denken Sie, ich wäre eines, lächelte er. Ich<lb/> habe ein ſolches ſtets neben mir — eine einſt heiß<lb/> geliebte Freundin. Wenn ich verzweifeln wollte, das<lb/> Blut gegen die Stirn preßte, wenn ich einen dummen<lb/> Streich zu begehen im Begriff war — dumm ſind<lb/> alle Handlungen, deren Impuls im Blute liegt —<lb/> dann drück ich ihr die Knochenhand, ich preſſe mich an<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [347/0357]
lich genug. Sie ſtand auf, ſie ſah, ſie hörte nichts
mehr, quer durch das Zimmer wankend, ſtürzte ſie
auf's Sopha. Thränen, um zu weinen, fand ſie
nicht, die Augen brannten unter den vorgehaltenen
Händen. Endlich ward es ein krampfhaftes Schlucken,
Schluchzen, ihre Füße klappten auf dem Boden, ihre
Bruſt hob und ſenkte ſich, ſie holte Luft.
Wandel falzte das Papier und ſteckte es in die
Brieftaſche, die Goldrollen hatten in den Taſchen nicht
rechten Platz. Er ſchlang um einen Theil ſein ſeidenes
Tuch, legte das Pack in den Hut und wollte leiſe zur
Thür hinaus, als — ihm ein anderer Gedanke kam.
Er ſaß neben der Lupinus, als ſie die Augen
aufſchlug.
„Noch martern!“ rief ſie zuſammenzuckend.
„Nein, war die Antwort mit feſter Stimme, nur
zu ſtählen wünſchte ich meine Freundin.“
„Das Wort nicht mehr aus Ihrem Munde!
Kennten Sie, was Erbarmen heißt, bäte ich Sie,
mir aus den Augen, aus meiner Nähe! Ein Todten¬
gerippe könnte mit ſeinen hohlen Augen mich nicht
ſo entſetzlich anſtarren.“
„Denken Sie, ich wäre eines, lächelte er. Ich
habe ein ſolches ſtets neben mir — eine einſt heiß
geliebte Freundin. Wenn ich verzweifeln wollte, das
Blut gegen die Stirn preßte, wenn ich einen dummen
Streich zu begehen im Begriff war — dumm ſind
alle Handlungen, deren Impuls im Blute liegt —
dann drück ich ihr die Knochenhand, ich preſſe mich an
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