Chasseur entgegenträte. Im besten Fall, es ist Na¬ poleons Art, alle Einwohner einer eroberten Stadt müssen zum innern Schutz in die Nationalgarde treten. Stellen Sie sich den Geheimrath vor mit dem Gewehr auf dem Rücken, einen Säbel an der Seite! -- Nein, aus Liebe für ihn muß man ihm bald den ewigen Frieden wünschen. -- A propos, ich vergaß, womit haben Sie denn vorhin geräuchert?"
Die Geheimräthin hatte vielleicht mit ganz andern Empfindungen auf dem Sopha Platz genommen. Sie ahnte nicht, daß eine Schreckensstunde ihres Lebens nahte. In ein laues Bad, umduftet mit Wonne¬ gerüchen, glauben wir geführt zu werden, und sie haben uns in ein kaltes Sturzbad gelockt. O das ist nichts, wo es mit einem Mal herabrauscht, aber wenn man uns festgebunden, und tropfenweis, stärker und stärker, fällt es auf unsern Schädel, endlich öffnet sich das ganze Reservoir --
Sie versuchte zu ihm aufzusehen, aber sie ertrug nicht den eiskalten, durchbohrenden Blick.
"Wie meinen Sie das?"
"Ich meine, welche Ingredienzien schütteten Sie in die Kohlenpfanne? Denn daß Sie räuchern, da¬ gegen ist nichts zu sagen, es ist vielmehr nothwen¬ dig. Der Staub, die Ausdünstungen, der Kater¬ geruch, es hat Alles zusammen genommen etwas Eblouirendes. Es muß dagegen gewirkt werden. Aber Vorsicht, meine Freundin, man muß sich gegen den Verdacht im Voraus schützen."
Chaſſeur entgegenträte. Im beſten Fall, es iſt Na¬ poleons Art, alle Einwohner einer eroberten Stadt müſſen zum innern Schutz in die Nationalgarde treten. Stellen Sie ſich den Geheimrath vor mit dem Gewehr auf dem Rücken, einen Säbel an der Seite! — Nein, aus Liebe für ihn muß man ihm bald den ewigen Frieden wünſchen. — A propos, ich vergaß, womit haben Sie denn vorhin geräuchert?“
Die Geheimräthin hatte vielleicht mit ganz andern Empfindungen auf dem Sopha Platz genommen. Sie ahnte nicht, daß eine Schreckensſtunde ihres Lebens nahte. In ein laues Bad, umduftet mit Wonne¬ gerüchen, glauben wir geführt zu werden, und ſie haben uns in ein kaltes Sturzbad gelockt. O das iſt nichts, wo es mit einem Mal herabrauſcht, aber wenn man uns feſtgebunden, und tropfenweis, ſtärker und ſtärker, fällt es auf unſern Schädel, endlich öffnet ſich das ganze Reſervoir —
Sie verſuchte zu ihm aufzuſehen, aber ſie ertrug nicht den eiskalten, durchbohrenden Blick.
„Wie meinen Sie das?“
„Ich meine, welche Ingredienzien ſchütteten Sie in die Kohlenpfanne? Denn daß Sie räuchern, da¬ gegen iſt nichts zu ſagen, es iſt vielmehr nothwen¬ dig. Der Staub, die Ausdünſtungen, der Kater¬ geruch, es hat Alles zuſammen genommen etwas Eblouirendes. Es muß dagegen gewirkt werden. Aber Vorſicht, meine Freundin, man muß ſich gegen den Verdacht im Voraus ſchützen.“
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Chaſſeur entgegenträte. Im beſten Fall, es iſt Na¬
poleons Art, alle Einwohner einer eroberten Stadt
müſſen zum innern Schutz in die Nationalgarde
treten. Stellen Sie ſich den Geheimrath vor mit
dem Gewehr auf dem Rücken, einen Säbel an der
Seite! — Nein, aus Liebe für ihn muß man ihm
bald den ewigen Frieden wünſchen. — A propos,
ich vergaß, womit haben Sie denn vorhin geräuchert?“
Die Geheimräthin hatte vielleicht mit ganz andern
Empfindungen auf dem Sopha Platz genommen. Sie
ahnte nicht, daß eine Schreckensſtunde ihres Lebens
nahte. In ein laues Bad, umduftet mit Wonne¬
gerüchen, glauben wir geführt zu werden, und ſie
haben uns in ein kaltes Sturzbad gelockt. O das
iſt nichts, wo es mit einem Mal herabrauſcht, aber
wenn man uns feſtgebunden, und tropfenweis, ſtärker
und ſtärker, fällt es auf unſern Schädel, endlich öffnet
ſich das ganze Reſervoir —
Sie verſuchte zu ihm aufzuſehen, aber ſie ertrug
nicht den eiskalten, durchbohrenden Blick.
„Wie meinen Sie das?“
„Ich meine, welche Ingredienzien ſchütteten Sie
in die Kohlenpfanne? Denn daß Sie räuchern, da¬
gegen iſt nichts zu ſagen, es iſt vielmehr nothwen¬
dig. Der Staub, die Ausdünſtungen, der Kater¬
geruch, es hat Alles zuſammen genommen etwas
Eblouirendes. Es muß dagegen gewirkt werden.
Aber Vorſicht, meine Freundin, man muß ſich gegen
den Verdacht im Voraus ſchützen.“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/350>, abgerufen am 23.11.2024.
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