Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die Schrift hin: "Wollen Sie probiren -- englische Im¬ mortell-Dinte, neueste Erfindung von Parry -- es ließe sich darin ein Geschäft machen. Um alle Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem Datum acceptirt."
"Wollen Herr Legationsrath noch gefälligst da¬ runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬ ceptirten Solawechsels."
"Wozu, theuerster Mann, wir tauschen die Pa¬ piere aus und damit ist die Sache abgemacht."
"Möchte gern den ersten Wechsel auch behalten, nur aus Curiosität, von wegen der sympathetischen Dinte. Geschieht Ihnen ja kein Schade dadurch, lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬ heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. s. w., wodurch der Primawechsel außer Kraft gesetzt ist. Weiter nichts. Bin ein Raritätensammler, und trenne mich nicht gern von Seltenheiten."
Wandel war in die Höhe gesprungen, wie der Tiger beim Geräusch des herangeschlichenen Jägers. So funkelte auch sein Auge, als er krampfhaft die Stuhllehne preßte. Der Stuhl in seiner Hand hätte zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der ihm gegenüber stand. Die markigen Hände des Kaufmanns umklammerten den Stock, sein Kinn lehnte sich darauf und seine hellblauen Augen fielen ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern.
"Was wollen Sie noch?" fragte Wandel.
Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die Schrift hin: „Wollen Sie probiren — engliſche Im¬ mortell-Dinte, neueſte Erfindung von Parry — es ließe ſich darin ein Geſchäft machen. Um alle Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem Datum acceptirt.“
„Wollen Herr Legationsrath noch gefälligſt da¬ runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬ ceptirten Solawechſels.“
„Wozu, theuerſter Mann, wir tauſchen die Pa¬ piere aus und damit iſt die Sache abgemacht.“
„Möchte gern den erſten Wechſel auch behalten, nur aus Curioſität, von wegen der ſympathetiſchen Dinte. Geſchieht Ihnen ja kein Schade dadurch, lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬ heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. ſ. w., wodurch der Primawechſel außer Kraft geſetzt iſt. Weiter nichts. Bin ein Raritätenſammler, und trenne mich nicht gern von Seltenheiten.“
Wandel war in die Höhe geſprungen, wie der Tiger beim Geräuſch des herangeſchlichenen Jägers. So funkelte auch ſein Auge, als er krampfhaft die Stuhllehne preßte. Der Stuhl in ſeiner Hand hätte zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der ihm gegenüber ſtand. Die markigen Hände des Kaufmanns umklammerten den Stock, ſein Kinn lehnte ſich darauf und ſeine hellblauen Augen fielen ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern.
„Was wollen Sie noch?“ fragte Wandel.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0334"n="324"/><p>Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die<lb/>
Schrift hin: „Wollen Sie probiren — engliſche Im¬<lb/>
mortell-Dinte, neueſte Erfindung von Parry —<lb/>
es ließe ſich darin ein Geſchäft machen. Um alle<lb/>
Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem<lb/>
Datum acceptirt.“</p><lb/><p>„Wollen Herr Legationsrath noch gefälligſt da¬<lb/>
runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬<lb/>
ceptirten Solawechſels.“</p><lb/><p>„Wozu, theuerſter Mann, wir tauſchen die Pa¬<lb/>
piere aus und damit iſt die Sache abgemacht.“</p><lb/><p>„Möchte gern den erſten Wechſel auch behalten,<lb/>
nur aus Curioſität, von wegen der ſympathetiſchen<lb/>
Dinte. Geſchieht Ihnen ja kein Schade dadurch,<lb/>
lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬<lb/>
heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. ſ. w., wodurch<lb/>
der Primawechſel außer Kraft geſetzt iſt. Weiter<lb/>
nichts. Bin ein Raritätenſammler, und trenne mich<lb/>
nicht gern von Seltenheiten.“</p><lb/><p>Wandel war in die Höhe geſprungen, wie der<lb/>
Tiger beim Geräuſch des herangeſchlichenen Jägers.<lb/>
So funkelte auch ſein Auge, als er krampfhaft die<lb/>
Stuhllehne preßte. Der Stuhl in ſeiner Hand hätte<lb/>
zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der<lb/>
ihm gegenüber ſtand. Die markigen Hände des<lb/>
Kaufmanns umklammerten den Stock, ſein Kinn<lb/>
lehnte ſich darauf und ſeine hellblauen Augen fielen<lb/>
ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern.</p><lb/><p>„Was wollen Sie noch?“ fragte Wandel.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[324/0334]
Der Legationsrath war fertig und hielt ihm die
Schrift hin: „Wollen Sie probiren — engliſche Im¬
mortell-Dinte, neueſte Erfindung von Parry —
es ließe ſich darin ein Geſchäft machen. Um alle
Simulation zu vermeiden, habe ich unter heutigem
Datum acceptirt.“
„Wollen Herr Legationsrath noch gefälligſt da¬
runter notiren: Duplicat des an dem und dem ac¬
ceptirten Solawechſels.“
„Wozu, theuerſter Mann, wir tauſchen die Pa¬
piere aus und damit iſt die Sache abgemacht.“
„Möchte gern den erſten Wechſel auch behalten,
nur aus Curioſität, von wegen der ſympathetiſchen
Dinte. Geſchieht Ihnen ja kein Schade dadurch,
lieber Herr Legationsrath. Können noch, der Sicher¬
heit wegen, hinzubemerken: Duplicat u. ſ. w., wodurch
der Primawechſel außer Kraft geſetzt iſt. Weiter
nichts. Bin ein Raritätenſammler, und trenne mich
nicht gern von Seltenheiten.“
Wandel war in die Höhe geſprungen, wie der
Tiger beim Geräuſch des herangeſchlichenen Jägers.
So funkelte auch ſein Auge, als er krampfhaft die
Stuhllehne preßte. Der Stuhl in ſeiner Hand hätte
zur Waffe werden können, aber nicht gegen den, der
ihm gegenüber ſtand. Die markigen Hände des
Kaufmanns umklammerten den Stock, ſein Kinn
lehnte ſich darauf und ſeine hellblauen Augen fielen
ohne Blinkern auf die gelbglühenden des Andern.
„Was wollen Sie noch?“ fragte Wandel.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/334>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.