Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

sie von Anbeginn waren, Heerden, Knechte, Sklaven,
Contribuenten für die Regierer; aber bei allem die¬
sem Wechsel, mein theuerster Freund, ist nur das
beständig, daß die Pfiffigsten das Heft in der Hand
behalten. Nun sehe ich aber nicht ab, warum die
reichen Leute nicht einmal den Priestern, Rittern und
Philosophen das Geschäft abnehmen, warum sie nicht
auch einmal pfiffig sein und regieren wollen? Sie
ahnen nicht, mein werther Herr, welche Macht in
Ihren Comtoirstuben, Ihren Wechseln, in Ihren Fe¬
derstrichen ruht, durch welche Sie Welttheile verbinden.
Im vollen Ernst, Ihnen, den großen Kaufleuten,
Fabrikanten blüht die künftige Weltherrschaft entgegen.
Sie haben die ersten Kenntnisse von allen Vorfallen¬
heiten, mit einiger Umsicht berechnen Sie, was in
der Welt gilt und gelten wird, Sie haben die Sprache,
die alle Welt versteht, das Geld. Geld brauchen die
Staaten zum Kriege, zum Frieden. Wenn Sie nur
etwas abgeben, sich etwas verständigen wollten, etwas
mit den Ackerbau treibenden Herrschaften, etwas mit
den Herren von der Feder, es braucht da nur kleine
Aufmerksamkeiten und Gefälligkeiten, ein klein wenig
auch mit den Ideen, welche, was man nennt, beim
Volk im Schwunge sind, so prophezeie ich Ihnen,
Sie, die Herren von der Industrie, werden bald die
wahre, reelle, effective Universalmonarchie in Händen
haben, wie die großen Handelsherren in dem kleinen
Venedig ehedem, wie im großen England und im
noch größern Amerika jetzt schon und in Zukunft noch

ſie von Anbeginn waren, Heerden, Knechte, Sklaven,
Contribuenten für die Regierer; aber bei allem die¬
ſem Wechſel, mein theuerſter Freund, iſt nur das
beſtändig, daß die Pfiffigſten das Heft in der Hand
behalten. Nun ſehe ich aber nicht ab, warum die
reichen Leute nicht einmal den Prieſtern, Rittern und
Philoſophen das Geſchäft abnehmen, warum ſie nicht
auch einmal pfiffig ſein und regieren wollen? Sie
ahnen nicht, mein werther Herr, welche Macht in
Ihren Comtoirſtuben, Ihren Wechſeln, in Ihren Fe¬
derſtrichen ruht, durch welche Sie Welttheile verbinden.
Im vollen Ernſt, Ihnen, den großen Kaufleuten,
Fabrikanten blüht die künftige Weltherrſchaft entgegen.
Sie haben die erſten Kenntniſſe von allen Vorfallen¬
heiten, mit einiger Umſicht berechnen Sie, was in
der Welt gilt und gelten wird, Sie haben die Sprache,
die alle Welt verſteht, das Geld. Geld brauchen die
Staaten zum Kriege, zum Frieden. Wenn Sie nur
etwas abgeben, ſich etwas verſtändigen wollten, etwas
mit den Ackerbau treibenden Herrſchaften, etwas mit
den Herren von der Feder, es braucht da nur kleine
Aufmerkſamkeiten und Gefälligkeiten, ein klein wenig
auch mit den Ideen, welche, was man nennt, beim
Volk im Schwunge ſind, ſo prophezeie ich Ihnen,
Sie, die Herren von der Induſtrie, werden bald die
wahre, reelle, effective Univerſalmonarchie in Händen
haben, wie die großen Handelsherren in dem kleinen
Venedig ehedem, wie im großen England und im
noch größern Amerika jetzt ſchon und in Zukunft noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0329" n="319"/>
&#x017F;ie von Anbeginn waren, Heerden, Knechte, Sklaven,<lb/>
Contribuenten für die Regierer; aber bei allem die¬<lb/>
&#x017F;em Wech&#x017F;el, mein theuer&#x017F;ter Freund, i&#x017F;t nur <hi rendition="#g">das</hi><lb/>
be&#x017F;tändig, daß die Pfiffig&#x017F;ten das Heft in der Hand<lb/>
behalten. Nun &#x017F;ehe ich aber nicht ab, warum die<lb/>
reichen Leute nicht einmal den Prie&#x017F;tern, Rittern und<lb/>
Philo&#x017F;ophen das Ge&#x017F;chäft abnehmen, warum &#x017F;ie nicht<lb/>
auch einmal pfiffig &#x017F;ein und regieren wollen? Sie<lb/>
ahnen nicht, mein werther Herr, welche Macht in<lb/>
Ihren Comtoir&#x017F;tuben, Ihren Wech&#x017F;eln, in Ihren Fe¬<lb/>
der&#x017F;trichen ruht, durch welche Sie Welttheile verbinden.<lb/>
Im vollen Ern&#x017F;t, Ihnen, den großen Kaufleuten,<lb/>
Fabrikanten blüht die künftige Weltherr&#x017F;chaft entgegen.<lb/>
Sie haben die er&#x017F;ten Kenntni&#x017F;&#x017F;e von allen Vorfallen¬<lb/>
heiten, mit einiger Um&#x017F;icht berechnen Sie, was in<lb/>
der Welt gilt und gelten wird, Sie haben die Sprache,<lb/>
die alle Welt ver&#x017F;teht, das Geld. Geld brauchen die<lb/>
Staaten zum Kriege, zum Frieden. Wenn Sie nur<lb/>
etwas abgeben, &#x017F;ich etwas ver&#x017F;tändigen wollten, etwas<lb/>
mit den Ackerbau treibenden Herr&#x017F;chaften, etwas mit<lb/>
den Herren von der Feder, es braucht da nur kleine<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeiten und Gefälligkeiten, ein klein wenig<lb/>
auch mit den Ideen, welche, was man nennt, beim<lb/>
Volk im Schwunge &#x017F;ind, &#x017F;o prophezeie ich Ihnen,<lb/>
Sie, die Herren von der Indu&#x017F;trie, werden bald die<lb/>
wahre, reelle, effective Univer&#x017F;almonarchie in Händen<lb/>
haben, wie die großen Handelsherren in dem kleinen<lb/>
Venedig ehedem, wie im großen England und im<lb/>
noch größern Amerika jetzt &#x017F;chon und in Zukunft noch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0329] ſie von Anbeginn waren, Heerden, Knechte, Sklaven, Contribuenten für die Regierer; aber bei allem die¬ ſem Wechſel, mein theuerſter Freund, iſt nur das beſtändig, daß die Pfiffigſten das Heft in der Hand behalten. Nun ſehe ich aber nicht ab, warum die reichen Leute nicht einmal den Prieſtern, Rittern und Philoſophen das Geſchäft abnehmen, warum ſie nicht auch einmal pfiffig ſein und regieren wollen? Sie ahnen nicht, mein werther Herr, welche Macht in Ihren Comtoirſtuben, Ihren Wechſeln, in Ihren Fe¬ derſtrichen ruht, durch welche Sie Welttheile verbinden. Im vollen Ernſt, Ihnen, den großen Kaufleuten, Fabrikanten blüht die künftige Weltherrſchaft entgegen. Sie haben die erſten Kenntniſſe von allen Vorfallen¬ heiten, mit einiger Umſicht berechnen Sie, was in der Welt gilt und gelten wird, Sie haben die Sprache, die alle Welt verſteht, das Geld. Geld brauchen die Staaten zum Kriege, zum Frieden. Wenn Sie nur etwas abgeben, ſich etwas verſtändigen wollten, etwas mit den Ackerbau treibenden Herrſchaften, etwas mit den Herren von der Feder, es braucht da nur kleine Aufmerkſamkeiten und Gefälligkeiten, ein klein wenig auch mit den Ideen, welche, was man nennt, beim Volk im Schwunge ſind, ſo prophezeie ich Ihnen, Sie, die Herren von der Induſtrie, werden bald die wahre, reelle, effective Univerſalmonarchie in Händen haben, wie die großen Handelsherren in dem kleinen Venedig ehedem, wie im großen England und im noch größern Amerika jetzt ſchon und in Zukunft noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/329
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/329>, abgerufen am 11.05.2024.