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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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für Eroberer, -- wie der Nilstrom Aegypten er¬
obert hat."

"Man sagt, Herr von Wandel sei im Thürin¬
gischen angesessen. Noch Andre geben ihm die Nie¬
derlande oder eine dänische Colonie zum Vater¬
lande."

"Meinethalben Island oder Teneriffa, wenn
-- Man muß sich gewöhnen, Preußen anders zu
betrachten, als nach dem Naturprozeß. Nation und
Staat waren hier nicht eins, sie wurden es. Es
kostet auch mich zuweilen Mühe, von den mitgebrach¬
ten Vorstellungen zu lassen. Aber es geht nur so,
nicht anders, oder Alles zerfällt. Es war allein der
Geist dieser großen Fürsten, der das Verschiedene,
Fremdartige aneinander kittete, einen Hauch hinein¬
goß. Diesen Geist muß man lebendig erhalten, im¬
mer wieder wärmen die junge Tradition, damit
sie nicht alt wird. Finden wir innerhalb unserer
Grenzen nicht den Licht- und Wärmestoff, so greifet
nach draußen. Was anderwärts Verbrechen, hier ist
es erlaubt, Gebot der Nothwendigkeit, der Selbster¬
haltung."

"Ich habe nicht die Ehre, Herrn von Wandel
näher zu kennen."

"Das Mysteriöse, womit er sich umgiebt, schreckt
die Menschen zurück. Ich mag die nicht tadeln,
welche sich hier vor den Blasirten verschließen. Eine
eiserne Maske vor's Gesicht, um die warmen Puls¬
schläge des Herzens nicht zu verrathen!"

für Eroberer, — wie der Nilſtrom Aegypten er¬
obert hat.“

„Man ſagt, Herr von Wandel ſei im Thürin¬
giſchen angeſeſſen. Noch Andre geben ihm die Nie¬
derlande oder eine däniſche Colonie zum Vater¬
lande.“

„Meinethalben Island oder Teneriffa, wenn
— Man muß ſich gewöhnen, Preußen anders zu
betrachten, als nach dem Naturprozeß. Nation und
Staat waren hier nicht eins, ſie wurden es. Es
koſtet auch mich zuweilen Mühe, von den mitgebrach¬
ten Vorſtellungen zu laſſen. Aber es geht nur ſo,
nicht anders, oder Alles zerfällt. Es war allein der
Geiſt dieſer großen Fürſten, der das Verſchiedene,
Fremdartige aneinander kittete, einen Hauch hinein¬
goß. Dieſen Geiſt muß man lebendig erhalten, im¬
mer wieder wärmen die junge Tradition, damit
ſie nicht alt wird. Finden wir innerhalb unſerer
Grenzen nicht den Licht- und Wärmeſtoff, ſo greifet
nach draußen. Was anderwärts Verbrechen, hier iſt
es erlaubt, Gebot der Nothwendigkeit, der Selbſter¬
haltung.“

„Ich habe nicht die Ehre, Herrn von Wandel
näher zu kennen.“

„Das Myſteriöſe, womit er ſich umgiebt, ſchreckt
die Menſchen zurück. Ich mag die nicht tadeln,
welche ſich hier vor den Blaſirten verſchließen. Eine
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ſchläge des Herzens nicht zu verrathen!“

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[230/0240] für Eroberer, — wie der Nilſtrom Aegypten er¬ obert hat.“ „Man ſagt, Herr von Wandel ſei im Thürin¬ giſchen angeſeſſen. Noch Andre geben ihm die Nie¬ derlande oder eine däniſche Colonie zum Vater¬ lande.“ „Meinethalben Island oder Teneriffa, wenn — Man muß ſich gewöhnen, Preußen anders zu betrachten, als nach dem Naturprozeß. Nation und Staat waren hier nicht eins, ſie wurden es. Es koſtet auch mich zuweilen Mühe, von den mitgebrach¬ ten Vorſtellungen zu laſſen. Aber es geht nur ſo, nicht anders, oder Alles zerfällt. Es war allein der Geiſt dieſer großen Fürſten, der das Verſchiedene, Fremdartige aneinander kittete, einen Hauch hinein¬ goß. Dieſen Geiſt muß man lebendig erhalten, im¬ mer wieder wärmen die junge Tradition, damit ſie nicht alt wird. Finden wir innerhalb unſerer Grenzen nicht den Licht- und Wärmeſtoff, ſo greifet nach draußen. Was anderwärts Verbrechen, hier iſt es erlaubt, Gebot der Nothwendigkeit, der Selbſter¬ haltung.“ „Ich habe nicht die Ehre, Herrn von Wandel näher zu kennen.“ „Das Myſteriöſe, womit er ſich umgiebt, ſchreckt die Menſchen zurück. Ich mag die nicht tadeln, welche ſich hier vor den Blaſirten verſchließen. Eine eiſerne Maske vor's Geſicht, um die warmen Puls¬ ſchläge des Herzens nicht zu verrathen!“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/240>, abgerufen am 22.11.2024.