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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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Pflege in das Jenseits entschweben müssen. Halten
Sie mich um deswillen nicht für eine Schwärmerin,
setzte sie mit einem sanften Händedruck hinzu, dazu
bin ich verdorben. Meine Freunde sagen so oft,
daß ich es am Ende glauben muß, ich sei eine Phi¬
losophin. Die Leidenschaften, die uns verwirren und
aufregen, wer kann von sich rühmen, daß er sie ganz
bewältigt, um zu der Ruhe der Seele zu gelangen,
welche uns zu wahrhaft Freien macht! Bin ich nicht
eine schlechte Philosophin, wenn ich nicht einmal so weit
über mich Herr ward, wie mein guter Mann? Er sieht
seiner Auflösung mit der Ruhe des Gerechten entge¬
gen, froh wie ein Kind jeden Augenblick genießend,
der ihm noch geschenkt ist; der Sonnenstrahl, der in
sein Zimmer fällt, preßt ihm ein Lächeln aus, er
weht mit der Hand durch die Sonnenstäubchen; er
streichelt dem Kater über den Rücken: was wird aus
Dir nach meinem Tode werden? Er kann noch
scherzen: ob man nicht Versorgungsanstalten für
treue Hausthiere einrichten solle? Mein Herz blu¬
tet bei diesen Scherzen, und das sollte eine Philoso¬
phin nicht. Sie sollte auch nicht mehr hoffen, wo
der Verstand ihr sagt, daß hinter der Hoffnung ein
Strich gemacht werden muß. Ich kann es noch nicht,
sprach sie, sich plötzlich abwendend, das Tuch am Ge¬
sicht, da sehen Sie, was ich für eine Philosophin bin!

Die Geheimräthin Lupinus ward allgemein be¬
wundert, aber man fröstelte bei dieser Bewunderung
und man vermied sie. Walter hatte scharfe Augen.

Pflege in das Jenſeits entſchweben müſſen. Halten
Sie mich um deswillen nicht für eine Schwärmerin,
ſetzte ſie mit einem ſanften Händedruck hinzu, dazu
bin ich verdorben. Meine Freunde ſagen ſo oft,
daß ich es am Ende glauben muß, ich ſei eine Phi¬
loſophin. Die Leidenſchaften, die uns verwirren und
aufregen, wer kann von ſich rühmen, daß er ſie ganz
bewältigt, um zu der Ruhe der Seele zu gelangen,
welche uns zu wahrhaft Freien macht! Bin ich nicht
eine ſchlechte Philoſophin, wenn ich nicht einmal ſo weit
über mich Herr ward, wie mein guter Mann? Er ſieht
ſeiner Auflöſung mit der Ruhe des Gerechten entge¬
gen, froh wie ein Kind jeden Augenblick genießend,
der ihm noch geſchenkt iſt; der Sonnenſtrahl, der in
ſein Zimmer fällt, preßt ihm ein Lächeln aus, er
weht mit der Hand durch die Sonnenſtäubchen; er
ſtreichelt dem Kater über den Rücken: was wird aus
Dir nach meinem Tode werden? Er kann noch
ſcherzen: ob man nicht Verſorgungsanſtalten für
treue Hausthiere einrichten ſolle? Mein Herz blu¬
tet bei dieſen Scherzen, und das ſollte eine Philoſo¬
phin nicht. Sie ſollte auch nicht mehr hoffen, wo
der Verſtand ihr ſagt, daß hinter der Hoffnung ein
Strich gemacht werden muß. Ich kann es noch nicht,
ſprach ſie, ſich plötzlich abwendend, das Tuch am Ge¬
ſicht, da ſehen Sie, was ich für eine Philoſophin bin!

Die Geheimräthin Lupinus ward allgemein be¬
wundert, aber man fröſtelte bei dieſer Bewunderung
und man vermied ſie. Walter hatte ſcharfe Augen.

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[216/0226] Pflege in das Jenſeits entſchweben müſſen. Halten Sie mich um deswillen nicht für eine Schwärmerin, ſetzte ſie mit einem ſanften Händedruck hinzu, dazu bin ich verdorben. Meine Freunde ſagen ſo oft, daß ich es am Ende glauben muß, ich ſei eine Phi¬ loſophin. Die Leidenſchaften, die uns verwirren und aufregen, wer kann von ſich rühmen, daß er ſie ganz bewältigt, um zu der Ruhe der Seele zu gelangen, welche uns zu wahrhaft Freien macht! Bin ich nicht eine ſchlechte Philoſophin, wenn ich nicht einmal ſo weit über mich Herr ward, wie mein guter Mann? Er ſieht ſeiner Auflöſung mit der Ruhe des Gerechten entge¬ gen, froh wie ein Kind jeden Augenblick genießend, der ihm noch geſchenkt iſt; der Sonnenſtrahl, der in ſein Zimmer fällt, preßt ihm ein Lächeln aus, er weht mit der Hand durch die Sonnenſtäubchen; er ſtreichelt dem Kater über den Rücken: was wird aus Dir nach meinem Tode werden? Er kann noch ſcherzen: ob man nicht Verſorgungsanſtalten für treue Hausthiere einrichten ſolle? Mein Herz blu¬ tet bei dieſen Scherzen, und das ſollte eine Philoſo¬ phin nicht. Sie ſollte auch nicht mehr hoffen, wo der Verſtand ihr ſagt, daß hinter der Hoffnung ein Strich gemacht werden muß. Ich kann es noch nicht, ſprach ſie, ſich plötzlich abwendend, das Tuch am Ge¬ ſicht, da ſehen Sie, was ich für eine Philoſophin bin! Die Geheimräthin Lupinus ward allgemein be¬ wundert, aber man fröſtelte bei dieſer Bewunderung und man vermied ſie. Walter hatte ſcharfe Augen.

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/226>, abgerufen am 25.11.2024.