sanfter gestimmt; der klare, ruhige Blick, die gesetzte Haltung, mit der er ihn jetzt ansah, hemmte noch einmal das Gewitter, das im Losbruch, entweder gegen einen unerhört Unverschämten oder gegen einen Unschuldigen. Das klare blaue Auge sprach für die Unschuld.
"Excellenz, ich weiß, was ich begehe, und weiß, daß ein Klingelzug, ein Rufen aus Ihrem Munde, über mein Loos entscheidet. Lassen Sie mich durch Ihre Diener hinauswerfen, in's Gefängniß schleppen, mir den Prozeß machen wegen Attentats gegen einen höhern Staatsbeamten im Dienst. Ich will nichts ableugnen, und weiß, daß es mehre Jahre Festung, meine Carriere kosten kann. Dennoch! -- So heilig Ihnen Ihr unbescholtener Ruf ist, so heilig mir meine Ehre. Der Staatsmann, den ich nicht mit den übrigen verwechsle, der die Dinge nach ihrem Werthe prüft und die Menschen nicht nach ihrem Kleid und Namen, er hat mich, den er freundlich in sein Haus lud, hier in seinem Hause einen Plagiarius gescholten, er hat mich des Dieb¬ stahls, der Escroquerie gezüchtigt. Ich habe ein heiliges Menschenrecht, dafür Rechenschaft zu fordern. Von Andern würde ich sie nicht fordern, die in brutalem Dünkel den Untergebenen nicht fähig halten zu denken, was sie nicht selbst gedacht; von Euer Excellenz fordre ich sie, und Sie werden sie mir gewähren. Wessen Gedanken habe ich entwendet, wessen Schrift nachgedruckt? wen habe ich um seinen
ſanfter geſtimmt; der klare, ruhige Blick, die geſetzte Haltung, mit der er ihn jetzt anſah, hemmte noch einmal das Gewitter, das im Losbruch, entweder gegen einen unerhört Unverſchämten oder gegen einen Unſchuldigen. Das klare blaue Auge ſprach für die Unſchuld.
„Excellenz, ich weiß, was ich begehe, und weiß, daß ein Klingelzug, ein Rufen aus Ihrem Munde, über mein Loos entſcheidet. Laſſen Sie mich durch Ihre Diener hinauswerfen, in's Gefängniß ſchleppen, mir den Prozeß machen wegen Attentats gegen einen höhern Staatsbeamten im Dienſt. Ich will nichts ableugnen, und weiß, daß es mehre Jahre Feſtung, meine Carriere koſten kann. Dennoch! — So heilig Ihnen Ihr unbeſcholtener Ruf iſt, ſo heilig mir meine Ehre. Der Staatsmann, den ich nicht mit den übrigen verwechsle, der die Dinge nach ihrem Werthe prüft und die Menſchen nicht nach ihrem Kleid und Namen, er hat mich, den er freundlich in ſein Haus lud, hier in ſeinem Hauſe einen Plagiarius geſcholten, er hat mich des Dieb¬ ſtahls, der Escroquerie gezüchtigt. Ich habe ein heiliges Menſchenrecht, dafür Rechenſchaft zu fordern. Von Andern würde ich ſie nicht fordern, die in brutalem Dünkel den Untergebenen nicht fähig halten zu denken, was ſie nicht ſelbſt gedacht; von Euer Excellenz fordre ich ſie, und Sie werden ſie mir gewähren. Weſſen Gedanken habe ich entwendet, weſſen Schrift nachgedruckt? wen habe ich um ſeinen
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ſanfter geſtimmt; der klare, ruhige Blick, die geſetzte
Haltung, mit der er ihn jetzt anſah, hemmte noch
einmal das Gewitter, das im Losbruch, entweder
gegen einen unerhört Unverſchämten oder gegen
einen Unſchuldigen. Das klare blaue Auge ſprach
für die Unſchuld.
„Excellenz, ich weiß, was ich begehe, und weiß,
daß ein Klingelzug, ein Rufen aus Ihrem Munde,
über mein Loos entſcheidet. Laſſen Sie mich durch
Ihre Diener hinauswerfen, in's Gefängniß ſchleppen,
mir den Prozeß machen wegen Attentats gegen
einen höhern Staatsbeamten im Dienſt. Ich will
nichts ableugnen, und weiß, daß es mehre Jahre
Feſtung, meine Carriere koſten kann. Dennoch! —
So heilig Ihnen Ihr unbeſcholtener Ruf iſt, ſo
heilig mir meine Ehre. Der Staatsmann, den ich
nicht mit den übrigen verwechsle, der die Dinge
nach ihrem Werthe prüft und die Menſchen nicht
nach ihrem Kleid und Namen, er hat mich, den er
freundlich in ſein Haus lud, hier in ſeinem Hauſe
einen Plagiarius geſcholten, er hat mich des Dieb¬
ſtahls, der Escroquerie gezüchtigt. Ich habe ein
heiliges Menſchenrecht, dafür Rechenſchaft zu fordern.
Von Andern würde ich ſie nicht fordern, die in
brutalem Dünkel den Untergebenen nicht fähig halten
zu denken, was ſie nicht ſelbſt gedacht; von
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/195>, abgerufen am 23.11.2024.
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