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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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Der Minister horchte, den Kopf etwas vorgebeugt,
zu, bis er ihn wieder in die Höhe warf. Er war
ein ganz Andrer geworden, alle Unruhe und Agita¬
tion war fort. Sein Auge lachte sogar etwas höh¬
nisch, als er mit lauter Stimme sprach:

"Daß er die Proposition machen ließ, bezweifle
ich gar nicht, wenn er aber England Hannover zu¬
rück anbot, so kenne ich die klugen Kaufleute in der
Downingstreet zu gut. Fehlgeschossen, Ihr greift
nicht nach dem Danaergeschenk. Wie! Eine Heerde
Euch schenken lassen, und wenn sie Euch gehörte seit
Abrahams Zeit, aber um Haide und Stall haben
sich Wölfe gelagert! Wollt Ihr sie annehmen unter
der Condition, daß Ihr die Wölfe nicht bekriegen
dürft, daß Ihr Eure Lämmer unter der Aufsicht der
Raubthiere scheert und die Wolle holt? Glaubt Ihr
zu besitzen, was nur auf einem Vertrage beruht, und
wenn der Wolf hungrig ist, wollt Ihr ihm das Pa¬
pier entgegen halten? Nimmermehr, Mylord, lehren
Sie mich von Ihren Staatsmännern nicht kleiner
denken, nicht an sie den Maßstab von diesen hier an¬
legen! Ja, sei es, das Interesse allein trennt und
verbindet, und darum bleibt England uns verbün¬
det, wie gut oder wie schlecht wir's ihm gelohnt.
Und doch rechne ich nicht darauf -- ich habe gelernt,
auf nichts mehr zu rechnen, ich rechne allein -- doch
das gehört nicht hierher. Im Uebrigen, Mylord,
jetzt ist es Sommer, aber Bonaparte fängt erst im
Herbst Krieg an."


Der Miniſter horchte, den Kopf etwas vorgebeugt,
zu, bis er ihn wieder in die Höhe warf. Er war
ein ganz Andrer geworden, alle Unruhe und Agita¬
tion war fort. Sein Auge lachte ſogar etwas höh¬
niſch, als er mit lauter Stimme ſprach:

„Daß er die Propoſition machen ließ, bezweifle
ich gar nicht, wenn er aber England Hannover zu¬
rück anbot, ſo kenne ich die klugen Kaufleute in der
Downingſtreet zu gut. Fehlgeſchoſſen, Ihr greift
nicht nach dem Danaergeſchenk. Wie! Eine Heerde
Euch ſchenken laſſen, und wenn ſie Euch gehörte ſeit
Abrahams Zeit, aber um Haide und Stall haben
ſich Wölfe gelagert! Wollt Ihr ſie annehmen unter
der Condition, daß Ihr die Wölfe nicht bekriegen
dürft, daß Ihr Eure Lämmer unter der Aufſicht der
Raubthiere ſcheert und die Wolle holt? Glaubt Ihr
zu beſitzen, was nur auf einem Vertrage beruht, und
wenn der Wolf hungrig iſt, wollt Ihr ihm das Pa¬
pier entgegen halten? Nimmermehr, Mylord, lehren
Sie mich von Ihren Staatsmännern nicht kleiner
denken, nicht an ſie den Maßſtab von dieſen hier an¬
legen! Ja, ſei es, das Intereſſe allein trennt und
verbindet, und darum bleibt England uns verbün¬
det, wie gut oder wie ſchlecht wir's ihm gelohnt.
Und doch rechne ich nicht darauf — ich habe gelernt,
auf nichts mehr zu rechnen, ich rechne allein — doch
das gehört nicht hierher. Im Uebrigen, Mylord,
jetzt iſt es Sommer, aber Bonaparte fängt erſt im
Herbſt Krieg an.“


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[180/0190] Der Miniſter horchte, den Kopf etwas vorgebeugt, zu, bis er ihn wieder in die Höhe warf. Er war ein ganz Andrer geworden, alle Unruhe und Agita¬ tion war fort. Sein Auge lachte ſogar etwas höh¬ niſch, als er mit lauter Stimme ſprach: „Daß er die Propoſition machen ließ, bezweifle ich gar nicht, wenn er aber England Hannover zu¬ rück anbot, ſo kenne ich die klugen Kaufleute in der Downingſtreet zu gut. Fehlgeſchoſſen, Ihr greift nicht nach dem Danaergeſchenk. Wie! Eine Heerde Euch ſchenken laſſen, und wenn ſie Euch gehörte ſeit Abrahams Zeit, aber um Haide und Stall haben ſich Wölfe gelagert! Wollt Ihr ſie annehmen unter der Condition, daß Ihr die Wölfe nicht bekriegen dürft, daß Ihr Eure Lämmer unter der Aufſicht der Raubthiere ſcheert und die Wolle holt? Glaubt Ihr zu beſitzen, was nur auf einem Vertrage beruht, und wenn der Wolf hungrig iſt, wollt Ihr ihm das Pa¬ pier entgegen halten? Nimmermehr, Mylord, lehren Sie mich von Ihren Staatsmännern nicht kleiner denken, nicht an ſie den Maßſtab von dieſen hier an¬ legen! Ja, ſei es, das Intereſſe allein trennt und verbindet, und darum bleibt England uns verbün¬ det, wie gut oder wie ſchlecht wir's ihm gelohnt. Und doch rechne ich nicht darauf — ich habe gelernt, auf nichts mehr zu rechnen, ich rechne allein — doch das gehört nicht hierher. Im Uebrigen, Mylord, jetzt iſt es Sommer, aber Bonaparte fängt erſt im Herbſt Krieg an.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/190>, abgerufen am 21.11.2024.